Hautschäden wirksam vorbeugen |
08.05.2018 12:27 Uhr |
Von Ulrike Viegener / Die Vielzahl auf dem Markt befindlicher Sonnenschutzmittel macht es für den Verbraucher schwierig, die richtige Wahl zu treffen. Deshalb kommt der kompetenten Beratung in der Apotheke eine große Bedeutung zu.
Die langersehnte Sonnensaison bricht an, deshalb besteht ab jetzt wieder verstärkter Beratungsbedarf in punkto Sonnenschutz. Die Botschaft der Aufklärungskampagnen, dass ungeschütztes Sonnenbaden schwere Schäden anrichten kann, ist inzwischen bei vielen Menschen angekommen. Wie ein optimaler Schutz aussieht, in dieser Frage herrscht allerdings oft Unsicherheit.
Ultraviolette Strahlung ist besonders energiereich und tückischerweise unsichtbar. Sonnenbrände und Hautkrebserkrankungen gehen in erster Linie auf das Konto der UV-B-Strahlen. Aber auch die längerwelligen UV-A-Strahlen haben es in sich: Denn auch sie besitzen ein karzinogenes Potenzial, vor allem aber sind sie für Sonnenallergien und vorzeitige Hautalterung verantwortlich. Falten, Verlust der Hautelastizität und vermehrte Pigmentflecken sind die Folgen. Braun sein um jeden Preis – dieses fragwürdige, ja geradezu absurd anmutende Schönheitsideal ist aber trotzdem immer noch verbreitet.
Das Gesicht im Schatten ist gut, zusätzlich ein Sonnenschutzmittel noch besser.
Foto: iStock/PeopleImages
Was relativ wenig bekannt ist: Auch die Augen können durch intensive UV-Einstrahlung schweren Schaden nehmen. Bei unzureichendem Schutz kann sich die Linse eintrüben, ein Grauer Star entsteht. UV-Strahlen können zudem Horn- und Bindehautentzündungen verursachen. Schneeblindheit ist eine derartige Hornhautentzündung, deren Schwere daraus resultiert, dass der reflektierende Schnee das schädigende Potenzial der UV-Strahlung noch weiter erhöht.
Ein optimaler Sonnenschutz ist nicht mit Sonnenschutzmitteln allein zu erreichen, sondern erfordert eine mehrgleisige Strategie: In den Mittagsstunden sollte intensives Sonnenbaden in jedem Fall tabu sein. Nicht von ungefähr hat sich in vielen südlichen Ländern die Tradition der mittäglichen Siesta etabliert. Inwieweit Bekleidung Schutz vor UV-Strahlen bietet, hängt von den Textilien ab. Dicht gewebte, locker sitzende Kleidung schützt am besten. Unbedingt zu empfehlen ist eine Kopfbedeckung, am besten ein Hut mit breiter Krempe oder eine Schlägerkappe, die auch dem Gesicht einen gewissen Schutz verleiht. Kleine Kinder sollten immer ein Sonnenhütchen tragen, wenn sie sich bei starkem Sonnenschein längere Zeit draußen aufhalten.
Strahlung auch im Schatten
Es ist ein verbreiteter Irrglaube, dass im Schatten keine UV-Strahlen wirksam sind. Sonnenschirme oder belaubte Bäume fangen zwar etwas von der Strahlung ab, rund 50 Prozent der UV-Strahlen treffen aber auch trotz dieser Schattenspender auf die Haut. Hellhäutige Menschen und Kinder brauchen deshalb bei stärkerer Sonneneinstrahlung auch im Schatten einen adäquaten Sonnenschutz.
Die Vielzahl angebotener Sonnenschutzmittel macht es für Verbraucher schwierig, ohne kompetente Beratung ein individuell geeignetes Produkt auszuwählen. Hinzu kommt, dass der Hauttyp berücksichtigt werden muss, womit sich Laien ebenfalls oft schwer tun. Hier ist die Beratungskompetenz von Apothekern und PTA gefragt.
Vier verschiedene Hauttypen werden unterschieden. Die höchste Gefahrenstufe besteht bei sehr heller Haut, vielen Sommersprossen und rötlich-blonden Haaren, und auch eine blaue beziehungsweise grüne Augenfarbe ist mit einem höheren Risiko für Strahlenschäden verbunden. Erfahrungsgemäß entwickeln sich bei Menschen mit diesen Erkennungsmerkmalen des Hauttyps I schnell schmerzhafte Sonnenbrände, ein Bräunungseffekt tritt so gut wie nicht ein. Menschen mit dem stark pigmentierten Hauttyp IV werden dagegen schnell braun, selbst wenn sie sich im Schatten aufhalten.
Kein Freifahrtschein
Am Meer wirkt die Sonne durch die Reflexion des Wassers intensiver.
Foto: iStock/BraunS
Der Hauttyp ist maßgeblich bei der Auswahl eines geeigneten Sonnenschutzmittels. Die Strategie, gestaffelt je nach Hauttyp Mittel mit einem Lichtschutzfaktor (LSF) von bis zu 50 einzusetzen, bewerten Experten allerdings kritisch. Werte über 30 seien in aller Regel auch bei sehr empfindlicher Haut nicht erforderlich. Hohe Lichtschutzfaktoren seien sogar eher kontraproduktiv: Sie verführen Anwender dazu, sich zu lange in der Sonne aufzuhalten, da sie sich in falscher Sicherheit wiegen. Die Bezeichnung Sunblocker für Mittel mit LSF 50 wurde vor diesem Hintergrund inzwischen verboten.
Die »erlaubte« Zeit des Sonnenbadens lässt sich durch Sonnenschutzmittel nicht unbegrenzt steigern. Sonnenschutzmittel sind deshalb kein Freifahrtschein. Auch mit einem geeigneten Sonnenschutzmittel sollte man sich nicht stundenlang der prallen Sonne aussetzen, darüber sollten Anwender aufgeklärt sein. Die Faustregel, die viele Menschen gespeichert haben, besagt: Der Lichtschutzfaktor gibt an, wieviel länger man die Haut – ohne einen Sonnenbrand zu riskieren – der Sonne aussetzen darf als ungeschützt. Diese Aussage ist allerdings mit einigen kaum bekannten Einschränkungen und Fragezeichen behaftet. Allenfalls ist die Faustregel bis zu einem Lichtschutzfaktor von 30 gültig, damit fängt es schon mal an.
Ein weiterer kritischer Aspekt ist die Tatsache, dass die Laborbedingungen, unter denen Sonnenschutzmittel getestet werden, die Realität der breiten Anwendung nicht wiederspiegeln. In der Prüfsituation werden Sonnenschutzmittel gleichmäßig in einer Konzentration von 2 mg/m2 auf die Haut aufgetragen – ein Ergebnis, das »im normalen Leben« kaum je erreicht wird.
Bei der Anwendung von Sonnenschutzmitteln werden oft Fehler gemacht. Viele Menschen bringen beim Eincremen nicht die erforderliche Sorgfalt auf. Sie cremen längst nicht alle unbedeckten Körperpartien gleichmäßig und lückenlos ein, und sie verwenden in aller Regel viel zu wenig des jeweiligen Sonnenschutzmittels. Klotzen, nicht kleckern, das ist beim Thema Sonnenschutz ganz klar die Devise.
Was ebenfalls oft falsch gemacht wird: Das Sonnenschutzmittel wird aufgetragen, und gleich darauf legt man sich in die pralle Sonne. Sonnenschutzmittel brauchen jedoch eine Vorlaufzeit von mindestens einer halben Stunde, um ihre Wirkung zu entfalten. Deshalb eincremen, warten und dann erst in die Sonne! Nach dem Baden sollten Sonnenschutzmittel unbedingt erneuert werden, um die Schutzwirkung aufrecht zu erhalten. Es empfiehlt sich, auch bei als wasserfest deklarierten Produkten so zu verfahren. Dasselbe gilt bei stärkerem Schwitzen.
Richtige Reihenfolge
Werden Sonnenschutzmittel und Repellents parallel angewendet, ist folgende Reihenfolge einzuhalten: Erst das Sonnenschutzmittel und anschließend im Abstand von 15 bis 30 Minuten das Insektenschutzmittel auftragen. Dabei ist zu beachten, dass Repellents den Lichtschutzfaktor deutlich reduzieren können. Weiterhin sollten Anwender von Sonnenschutzmitteln daran denken, dass Sand und Wasser ebenso wie Schnee die Sonnenstrahlen stark reflektieren und dadurch ihr schädigendes Potenzial deutlich erhöhen.
Einige Fragezeichen
Um einen optimalen Schutz zu bieten, sollten Sonnenschutzmittel die Haut gleichermaßen gegen UV-B- und UV-A-Strahlen abschirmen, darüber herrscht Einigkeit. Der Lichtschutzfaktor – laut EU-Richtlinien wird ein LSF von mindestens 6 gefordert – bezieht sich allerdings nur auf den Schutz vor UV-B-Strahlen. Ein großes Fragezeichen besteht hinsichtlich der Schutzwirkung gegenüber UV-A-Strahlen. In dieser Hinsicht sind die angewendeten Testverfahren weder ausreichend validiert noch standardisiert. Die derzeit europaweit geltende Minimalforderung besagt: Der UV-A muss mindestens ein Drittel des UV-B-Lichtschutzfaktors betragen.
Die aktiven Inhaltsstoffe von Sonnenschutzmitteln sind organische oder anorganische Filter, die UV-Strahlen absorbieren, reflektieren oder streuen. Bei den organischen UV-Filtern handelt es sich um Benzophenone, Anthranilate, Dibenzoylmethane, PABA-Derivate, Salicylate, Zimtsäureester und Kampferderivate. Beispiele anorganischer Filter sind Titandioxid und Zinkoxid. Darüber hinaus sind Sonnenschutzmitteln häufig Antioxidanzien zugesetzt. Mit Blick auf die Hautverträglichkeit sind Produkte zu bevorzugen, die keine Konservierungsmittel, Parfümstoffe und/oder Stoffe mit bekanntem Allergiepotenzial enthalten.
Organische Filter sind in die Schusslinie geraten, weil sie in Tierexperimenten hormonelle Effekte gezeigt haben. Sie werden aber von den Behörden als sicher eingestuft. Kritisch ist außerdem die Photoinstabilität einiger organischer Filter, die eine verlässliche Wirkung fraglich erscheinen lässt. Mineralische anorganische Filter sind ebenfalls nicht unumstritten, denn sie kommen zunehmend in Form von Nanopartikeln zum Einsatz. Bekanntlich besteht der Verdacht, dass Nanopartikel sich in Körpergeweben anreichern und mit gesundheitlichen Risiken verbunden sein könnten. /