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Selbstmedikation bei Halsschmerzen

Lutschtablette oder Gurgellösung

25.10.2007  11:26 Uhr

Selbstmedikation bei

Lutschtablette oder Gurgellösung

Andrea Gerdemann, München

Im Herbst klagen viele Menschen über Halsschmerzen. Sie sind meist harmlos und klingen auch ohne Behandlung innerhalb von wenigen Tagen ab. Hinter dem Symptom können sich jedoch eine Mandel- oder eine Rachenentzündung verbergen, die der Betroffene nicht selbst behandeln darf. Daher müssen PTA oder Apotheker die Symptome sorgfältig abwägen, bevor sie dem Patienten ein Präparat aus der Selbstmedikation empfehlen.

In vielen Fällen beginnt eine Erkältung mit heftigen Halsschmerzen. Häufig folgen dann grippeähnliche Beschwerden wie Kopfschmerzen, Husten, erhöhte Temperatur bis hin zu Fieber. Besonders charakteristisch für Halsschmerzen sind Schluckbeschwerden, Heiserkeit, Kratzen im Hals, Schmerzen beim Sprechen sowie ein geröteter Rauchenraum, denn die Schleimhäute in Hals und Rachen schwellen meist schmerzhaft an. Die Ursachen der Halsschmerzen können vielfältig sein: 

  • Erkältung/grippaler Infekt
  • Reizung der Atemwege, zum Beispiel durch trockene Luft, Staub oder Rauchen
  • Rachenschleimhautentzündung (Pharyngitis)
  • Mandelentzündung (Tonsillitis, Angina tonsillaris)
  • Kehlkopfentzündung (Laryngitis)
  • Speiseröhrenerkrankungen, zum Beispiel Speiseröhrenentzündung
  • Diphtherie
  • Mumps
  • Pfeiffersches Drüsenfieber
  • Pilzbefall (Candida, Mundsoor)
  • Nebenwirkung von Arzneimitteln, zum Beispiel von Anticholinergika, trizyklischen Antidepressiva oder Neuroleptika

Ein circa 40 Jahre alter Mann betritt die Apotheke und erzählt der PTA, er habe seit zwei Tagen Schluckbeschwerden und Halsschmerzen. Er möchte, dass sie ihm etwas »schnell Wirksames« gibt, denn er fühlt sich stark beeinträchtigt. Im Gespräch erfährt die PTA, dass die Halsschmerzen morgens besonders heftig sind, in der Intensität während der zwei Tage zugenommen haben und der Mann Raucher ist. Er ist weder heiser, noch hat er Fieber, einseitige Schluckschmerzen oder Magen-Darm-Beschwerden. Auf Nachfrage berichtet der Patient: »Seit heute Morgen habe ich auch einen leichten Husten.«

Die beschriebene Situation ist für die Beratung typisch: Häufig schildert ein Patient einzelne Symptome einer Erkrankung oder er nennt eine Eigendiagnose, so dass PTA oder Apotheker ihm mit einigen gezielten Fragen weitere Informationen entlocken müssen. Bei Halsschmerzen können das beispielsweise die im Kasten aufgeführten Fragen sein.

Im Fallbeispiel ist der PTA schnell klar, dass der Patient seine Halsschmerzen im Rahmen der Selbstmedikation behandeln darf. Hätte der Mann Fieber (>39 °C), ausschließlich heftige Schluckbeschwerden ohne weitere Erkältungssymptome oder chronische Halsschmerzen, müsste sie ihm zum Arztbesuch raten. Gleiches gilt für Patienten mit vergrößerten/eitrigen Mandeln (mit weißen, punktförmigen Belägen), geschwollenen Lymphknoten (»dicker Hals«, der sehr druck- und schmerzempfindlich ist), eitrigem Auswurf oder plötzlichem starkem Mundgeruch und einem unangenehmen Eitergeschmack. Besteht der Verdacht auf eine (bakterielle) Tonsillitis (»Angina«, eitrige Tonsillen ohne Husten und Schnupfen) oder sind die Halsschmerzen einseitig, sollte der Patient einen Arzt aufsuchen. Dasselbe gilt für Schwangere, Stillende und Kinder unter sieben Jahren, vor allem in Verbindung mit Ohrenschmerzen.

Mögliche Fragen an den Patienten

  • Welche Art von Beschwerden haben Sie? Ein Trockenheitsgefühl, Schmerzen beim Schlucken, ein Kloßgefühl im Hals? Ist Ihr Hals rau, kribbelt, kratzt oder brennt er?
  • Seit wann haben Sie die Beschwerden?
  • Wann treten die Beschwerden auf, frühmorgens oder im Verlauf des Tages?
  • Nehmen Sie regelmäßig Medikamente ein?
  • Beobachten Sie Begleitsymptome wie Fieber, Husten oder Schnupfen? Haben Sie eitrigen Auswurf oder plötzlich starken Mundgeruch?

Die richtige Arzneiform wählen

Grundsätzlich sollten Patienten Arzneimittel gegen Halsschmerzen im Rahmen der Selbstmedikation nur etwa drei Tage anwenden. Außerdem müssen sie die vorgeschriebene Dosierung einhalten. Bessern sich die Halsschmerzen während dieser Zeit nicht oder treten sie nach Absetzen des Arzneimittels wieder auf, ist der Arztbesuch erforderlich. Über den Erfolg der Behandlung entscheidet bei Halsschmerzen die Wahl der geeigneten Arzneiform mit. Zur Verfügung stehen Sprays, Gurgellösungen, Lutschtabletten oder Tropfen. Bei Entzündungen oder Schmerzen im vorderen Rachenraum sollten PTA oder Apotheker bevorzugt Sprays und Gurgellösungen empfehlen, bei Halsschmerzen eher Lutschtabletten. Monopräparate sind Kombinationspräparaten in der Regel vorzuziehen.

Außerdem ist es sinnvoll, die Schleimhäute durch ausreichende Flüssigkeitszufuhr zu befeuchten, auch Lutschtabletten können dabei helfen. Vorsicht bei Lutschtabletten, diese enthalten häufig viel Zucker. Deshalb sollten PTA oder Apotheker vor allem Diabetikern nur zuckerfreie Darreichungsformen mit Sorbitol, Mannitol oder auch Saccharin-Natrium empfehlen.

Die Zahl der Arzneistoffe, die als Halsschmerz-Präparate auf dem Markt sind, ist groß. PTA oder Apotheker sollten nur für die Indikation Halsschmerzen zugelassene Präparate empfehlen und dabei berücksichtigen, dass die Wirksamkeit vieler Substanzen gegen Halsschmerzen nur unzureichend untersucht wurde.

Etliche Präparate zum Lutschen enthalten lokalanästhetisch wirkende Substanzen gegen den akuten Schmerz. Als Lokalanästhetika werden zum Beispiel Lidocain, Benzocain, Polidocanol oder auch Tetracain eingesetzt. Der Wirkstoff Ambroxol wird normalerweise als schleimlösendes Mittel bei Husten verwendet, doch besitzt er auch oberflächlich betäubende Eigenschaften. So ist Ambroxol zur Schmerzlinderung bei akuten Halsschmerzen für Erwachsene und Jugendliche ab zwölf Jahren zugelassen. Die maximale Dosis pro Tag beträgt sechs Lutschtabletten zu jeweils 20 mg Ambroxol-hydrochlorid. Lokalanästhetika verändern gelegentlich die Geschmacksempfindung. Dieser Effekt ist jedoch reversibel. Das ebenfalls reversible Taubheitsgefühl der Zunge ist auch als unerwünschte Arzneimittelwirkung beschrieben sowie leichte Störungen des oberen Magen-Darm-Bereiches. Allergische Reaktionen sind selten.

Bei der Abgabe von Halstabletten sollten PTA oder Apotheker die Patienten darauf hinweisen, dass sie die Tabletten sehr langsam in der Backentasche zergehen oder lutschen sollen; auf keinen Fall dürfen sie die Halstabletten zerbeißen oder kauen.

Unabhängig vom Arzneistoff müssen die Patienten die Tabletten in der Regel mehrmals täglich, gleichmäßig über den Tag verteilt lutschen und sich immer an die empfohlene Höchstdosis halten. Ergänzend dazu können nichtmedizinische Bonbons die raue Kehle beruhigen.

Zur kurzzeitigen symptomatischen Behandlung bei schmerzhaften Entzündungen der Rachenschleimhaut werden nicht steroidale Antiphlogistika (NSAR) eingesetzt. Flurbiprofen beispielsweise ist für Erwachsene und Jugendliche ab zwölf Jahren zugelassen. Lutschtabletten mit Flurbiprofen (8,75 mg) sollen die Patienten alle 3 bis 6 Stunden anwenden.

Im Mund zergehen lassen

Ein wichtiger Hinweis für die Patienten: bitte die Tabletten langsam im Mund zergehen lassen. Nie mehr als fünf Lutschtabletten am Tag und nicht länger als drei Tage. Bei der Anwendung können folgende Nebenwirkungen auftreten: Sehr häufig verursacht Flurbiprofen Brennen, ein Wärme- oder kribbelndes Gefühl im Mund, Ulzerationen der Mundschleimhaut, Mundtrockenheit sowie Bauchschmerzen. Übelkeit, Diarrhö, Kopfschmerzen und Schwindel wurden häufig, Dyspepsie, Erbrechen und Flatulenz selten beobachtet. Bei den nicht steroidalen Antiphlogistika können viele Interaktionen auftreten, die auch im Rahmen der Selbstmedikation denkbar sind. Dies sollten PTA oder Apotheker bei der Arzneimittelempfehlung bedenken und vor allem bei älteren multimorbiden Patienten Alternativen wählen.

Als Lokalantibiotikum kommt zum Beispiel Fusafungin zum Einsatz, die Substanz ist zugelassen für Erwachsene und Kinder ab zwölf Jahren. Fusafungin ist ein lokal wirkendes Peptid-Antibiotikum mit antibakteriellen, antimykotischen und entzündungshemmenden Eigenschaften. Es ist als Dosierspray mit der Indikation »akut entzündliche Erkrankungen der oberen Atemwege« auf dem Markt. Fusafungin-Dosierspray kann ein Trockenheitsgefühl erzeugen und die Mundschleimhäute reizen. Bei allergisch disponierten Personen können Niesreiz und ein Prickeln auftreten. In Einzelfällen reagierten Patienten mit lokalen Haut- und Schleimhautreaktionen wie Ödem oder Erythemen sowie Bronchospasmen. Üblicherweise verwenden die Patienten viermal täglich jeweils einen Sprühstoß des Dosiersprays. Bei der Abgabe des Sprays sollten PTA oder Apotheker dem Patienten die korrekte Handhabung des Sprays erklären: das aufgesteckte Nasenrohr abziehen, Mundstück auf den Sprühkopf aufstecken, Kopf leicht nach hinten neigen und das Mundstück weit in den Mund stecken.

Gleichzeitig mit dem Zeigefinger auf den Sprühknopf und mit dem Daumen auf den Flaschenboden drücken und dabei durch den Mund langsam tief einatmen. Danach den Atem ein wenig anhalten. Außerdem muss der Patient wissen, dass er vor der ersten Anwendung das Spray fünfmal betätigen sollte, um die Pumpe zu aktivieren. Die Beschreibung lässt erahnen, dass für die Betätigung des Sprays eine gewisse »Fingerfertigkeit« erforderlich ist. Daran sollten PTA oder Apotheker denken, wenn sie einen älteren Patienten beraten, dessen Fingerkraft und -fertigkeit dafür vielleicht nicht mehr ausreicht.

Zahlreiche Halsschmerzpräparate enthalten antimikrobiell wirksame Stoffe: Antiseptika. Um nicht den Überblick zu verlieren, sollte sich das Apothekenteam absprechen, welche Wirkstoffe empfehlenswert sind. Die lokale Therapie mit Antiseptika ist unmittelbar nach Auftreten der Halsschmerzen oder Schluckbeschwerden für ein bis drei Tage sinnvoll, damit die Patienten so bakteriellen Sekundärinfektionen vorbeugen können, die häufig auf die virale Infektion folgen. Zu den Antiseptika gehören zum Beispiel quartäre Ammoniumverbindungen wie Benzalkoniumchlorid, Cetrimoniumbromid, Cetylpyridiniumchlorid, Dequaliniumchlorid oder auch -salicylat. Weitere antimikrobiell wirksame Substanzen sind Chlorhexedin und seine Salze, Hexetidin, Povidon-Iod oder auch 3-prozentige Wasserstoffperoxidlösung (1:5 bis 1:10 verdünnt). Chlorhexedin und Hexetidin wirken stärker als die quartären Ammoniumverbindungen: Sie besitzen sowohl bakterizide als auch virustatische Eigenschaften.

Quartäre Ammoniumverbindungen bewirkten in seltenen Fällen Allergisierungen. Des Weiteren interagieren diese Substanzen mit Eiter, Serum und Eiweiß, was zu einem Wirkungsverlust führen kann. Die Anwendung von Hexetidin kann zu Geschmacksstörungen führen, die allerdings reversibel sind. Auch für Chlorhexidin sind einige reversible unerwünschte Arzneimittelwirkungen bekannt, hierzu gehören zum Beispiel die Geschmacksbeeinträchtigung, das Taubheitsgefühl in der Zunge sowie Verfärbungen der Zähne und der Zungenpapillen.

Die Kraft der Arzneipflanzen nutzen

Das Angebot an Arzneidrogen gegen Halsschmerzen ist groß. Bei Entzündungen im Mund- und Rachenraum haben sich beispielsweise Kamillenblüten und Ratanhiawurzel bewährt. Zur Bereitung eines wässrigen Auszugs aus Kamillenblüten übergießt der Patient einen gehäuften Esslöffel (etwa 3 g) Droge mit circa 150 ml heißem Wasser, lässt zugedeckt 5 bis 10 Minuten ziehen und filtriert durch ein Teesieb. Bei Halsschmerzen spült und gurgelt er dann mehrmals täglich mit dieser Lösung. Als Gurgellösung eignet sich ebenfalls ein Tee aus Salbeiblättern. Mit einer Lösung aus 2,5 g Droge auf ein Glas Wasser kann der Patient mehrmals täglich gurgeln.

Ratanhiawurzel wird als Abkochung oder Tinktur verwendet. Die Gurgellösung bereitet der Patient entweder aus etwa 1 g zerkleinerter Droge in einer Tasse kochenden Wassers oder aus 5 bis 10 Tropfen Tinktur auf ein Glas Wasser. Mit diesen Lösungen kann er zwei- bis dreimal täglich den Mund spülen oder gurgeln. Sehr selten ruft Ratanhiawurzel allergische Schleimhautreaktionen hervor. Leichte Entzündungen der Mund- und Rachenschleimhaut klingen in der Regel nach drei bis vier Tagen ab. Tritt nach dieser Zeit keine Besserung ein, muss der Patient einen Arzt aufsuchen.

Auch zahlreiche Kräutertees sind bei Halsschmerzen beliebt. Spezielle »Halswohltees« enthalten meist Salbei, Fenchel, Anis, Kamille, Süßholz, Ingwer, Eibisch oder Königskerze.
Der generelle Rat für jeden Halsschmerzpatienten lautet: Trinken Sie zusätzlich 1,5 bis 2 Liter am Tag! Der Patient entscheidet am besten selbst, welche Flüssigkeitstemperatur für seine gereizte Kehle am angenehmsten ist, »heiß« oder lieber »eiskalt«. Ein beliebtes Heißgetränk ist die »heiße Zitrone«. Wem der Saft einer ausgepressten Zitrone in einer großen Tasse frisch aufgekochten Wassers zu sauer ist, kann einen Teelöffel (Fenchel-)Honig zugeben.

Mittel mit langer Tradition

Ein Hausmittel mit Tradition ist das Gurgeln mit lauwarmem Salzwasser. Die geeignete Salzlösung enthält in einem Glas warmem Wasser 1/4 Teelöffel Salz oder vorportionierte Mineralsalze aus der Apotheke. Einige Patienten haben gute Erfahrungen mit einem Halswickel gemacht. Bei akuten Halsschmerzen sollen die Wickel kalt sein, bei länger anhaltenden Halsschmerzen sollen warme Wickel von etwa 36 bis 37 °C besser helfen. Dazu wird ein Baumwolltuch mit kaltem oder warmem Wasser getränkt und ausgewrungen um den Hals gelegt. Darüber wird ein trockenes Tuch oder ein Wollschal gewickelt. Diesen Wickel lässt man etwa 30 bis 45 Minuten wirken. Möglicherweise ist jedoch das Tragen eines Schals genauso nützlich.

Arzneimittelempfehlung der PTA

Die PTA rät dem Patienten zunächst, das Rauchen einzustellen und über den Tag verteilt möglichst zwei Liter Flüssigkeit, zum Beispiel Kräutertee, zu trinken. Weiterhin empfiehlt sie ihm Ambroxol-haltige Lutschtabletten mit 20 mg Ambroxol-HCl, von denen er bis zu sechs Tabletten täglich lutschen darf. Danach bittet sie ihn, wieder in die Apotheke zu kommen, falls die Halsschmerzen nach zwei bis drei Tagen noch nicht abgeklungen oder weitere Symptome eines Infektes hinzugekommen sind, beispielsweise erhöhte Temperatur, Muskel- oder Gliederschmerzen. Sollten die Lymphknoten anschwellen, sich die Halsschmerzen einseitig verstärken oder Fieber über 39 °C auftreten, muss er einen Arzt aufsuchen.

Zum Abschluss gibt sie ihm noch folgenden Rat mit auf den Weg: »Sorgen Sie bitte für eine hohe Luftfeuchtigkeit in den Räumen. Stellen Sie Wasserschalen auf oder hängen Sie feuchte Tücher über die Heizung.«

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