Wenn das Pankreas erkrankt |
26.10.2007 08:38 Uhr |
Wenn das Pankreas erkrankt
Désirée Kietzmann, Berlin
Die Bauchspeicheldrüse ist weit mehr als nur der Produzent des Blutzucker senkenden Insulins. Deshalb lautet das Motto des Aktionstages der Bauchspeicheldrüse am 3. November: »Kleines Organ – große Wirkung«. An diesem Tag informieren Mediziner der Gastro-Liga e.V. bundesweit in Vortragsveranstaltungen über die vielfältigen Aufgaben sowie Ursachen, Diagnoseverfahren und Therapien bei Funktionsstörungen dieses Organs.
Das Pankreas ist die wichtigste Verdauungsdrüse des Menschen. Das keilförmige Organ liegt zwischen Wirbelsäule und Magen. Es produziert täglich bis zu 1,5 Liter Sekret und das bei einem Eigengewicht von lediglich 50 bis 120 Gramm. Der Pankreassaft ist eine Mischung aus 30 verschiedenen Verdauungsenzymen, welche die Nahrungsbestandteile in kleine Bausteine zerlegen. Die a-Amylase spaltet die Kohlenhydrate Stärke und Glykogen, die Lipase Fette. Um eine Selbstverdauung des Organs zu verhindern, sezerniert die Bauchspeicheldrüse die Enzyme für die Eiweißspaltung als inaktive Vorstufen. Erst an ihrem Wirkort, dem Dünndarm, werden sie in die aktiven Formen umgewandelt.
Verdauungsbeschwerden wie Druck- und Völlegefühl oder Schmerzen im Oberbauch liegt nicht selten ein Mangel an Pankreasenzymen zugrunde. Gelangen unvollständig verdaute Nahrungsbestandteile in untere Darmabschnitte, werden sie von den dort angesiedelten Bakterien verstoffwechselt. Dabei entstehen Gase, die zu unangenehmen Blähungen führen. Insbesondere bei älteren Menschen produziert die Bauchspeicheldrüse mitunter zu wenig Enzyme. Dann helfen Präparate mit Pankreatin, einem Gemisch der wichtigsten Verdauungsfermente, gewonnen aus Bauchspeicheldrüsen von Schweinen. Diese Präparate muss der Patient zu den Mahlzeiten einnehmen.
Pankreatitis kann zu Krebs führen
Werden die Verdauungsenzyme innerhalb der Bauchspeicheldrüse fälschlicherweise aktiviert, führt die einsetzende Selbstverdauung zu einer Entzündung des Organs. Die häufigsten Ursachen einer akuten Pankreatitis sind chronischer Alkoholmissbrauch und Gallensteine, die den Ausführungsgang verstopfen. Auch Medikamente und Infektionen können in seltenen Fällen zu einer Entzündung der Bauchspeicheldrüse führen. Diese äußert sich durch Schmerzen im Oberbauch, Übelkeit und Erbrechen. Dann muss der Patient für einige Tage nüchtern bleiben und erhält Schmerzmittel. In schweren Fällen ist eine Operation nötig.
Verdauungsstörungen mit Gewichtsverlust und erhöhten Blutzuckerwerten sowie lang anhaltenden Schmerzen kann eine chronische Entzündung des Pankreas zugrunde liegen. In 80 Prozent aller Fälle wird sie durch einen gesteigerten Alkoholkonsum ausgelöst. Häufig nimmt im Verlauf der Entzündung die Funktion der Bauchspeicheldrüse derart ab, dass Enzyme und Insulin substituiert werden müssen. Die auftretenden Schmerzen sind oft selbst mit Opiaten nicht zu lindern. Zieht die chronische Entzündung schließlich umliegende Organe in Mitleidenschaft, wird eine Operation unvermeidbar. Zusätzlich ist bei Patienten mit chronischer Pankreatitis das Risiko deutlich erhöht, einen Krebs der Bauchspeicheldrüse zu entwickeln.
Das Pankreaskarzinom ist mit lediglich 2 bis 3 Prozent aller Krebserkrankungen zwar eine eher seltene Krebsform, jedoch stirbt ein Großteil der Erkrankten. Bei den Todesursachen durch Krebs liegen Tumoren der Bauchspeicheldrüse an vierter Stelle. Jährlich erkranken in Deutschland rund 10 000 Menschen neu. Fünf Jahre nach der Diagnosestellung lebt von 100 Patienten nur noch einer. Als einzigen Risikofaktor haben Studien bisher starken Zigarettenkonsum identifizieren können.
Wenn der Arzt den Tumor rechtzeitig entdeckt und dieser noch keine Metastasen gebildet hat, ist die chirurgische Entfernung möglich. Bei der sogenannten Whipple-Operation entnimmt der Arzt den rechten Teil der Bauchspeicheldrüse, den Zwölffingerdarm, Teile des Gallengangsystems und häufig auch das untere Drittel des Magens. Die alleinige Strahlentherapie des Krebses ist nicht möglich, da auch die umliegenden Organe sehr strahlensensibel sind und durch die nötigen Energiedosen zu stark geschädigt würden. Je nachdem wie viel Gewebe der Bauchspeicheldrüse entfernt wurde, ist danach die Funktion des Organs eingeschränkt. Verdauungsenzyme und Insulin muss der Patient dann als Arzneimittel von außen zuführen.
Insulin durch neue Zellen
Bei Typ-1-Diabetikern sind die insulinproduzierenden Langerhansschen Zellen durch eine Autoimmunreaktion zerstört worden. Da liegt der Gedanke nahe, sie durch gesunde, funktionstüchtige Zellen eines Spenders zu ersetzen. Tatsächlich gehört die Bauchspeicheldrüse zu den transplantierfähigen Organen. Während der Operation wird dem Empfänger das Spenderorgan in der Leistengegend eingepflanzt, die erkrankte Bauchspeicheldrüse wird nicht entfernt. Seit einigen Jahren gibt es auch die Möglichkeit, nur die insulinproduzierenden Inselzellen zu transplantieren. Ohne operativen Eingriff injiziert der Arzt die Inselzellen in die Pfortader der Leber des Empfängers. Dafür benötigen die Mediziner pro Patient zwei bis drei Bauchspeicheldrüsen von Spendern.
In beiden Fällen müssen die Patienten anschließend weniger oder gar kein Insulin mehr spritzen. Die Verfahren kommen einer Heilung des Diabetes mellitus relativ nahe. Um eine Abstoßung des neuen Organs zu verhindern, müssen die Patienten allerdings lebenslang Immunsuppressiva einnehmen. Deshalb führen Mediziner Transplantationen nur bei denjenigen Diabetikern durch, die auch gleichzeitig eine neue Niere benötigen oder bereits nierentransplantiert sind und deren Immunsystem somit in jedem Falle unterdrückt werden muss. Im letzten Jahr wurden deutschlandweit 141 Pankreas- und kombinierte Nieren-Pankreas-Transplantationen durchgeführt.
Hinter diesem Namen verbirgt sich die Deutsche Gesellschaft zur Bekämpfung der Krankheiten von Magen, Darm und Leber sowie von Störungen des Stoffwechsels und der Ernährung e.V. Das Programm und die Veranstaltungsorte der Informationsveranstaltungen des Aktionstages der Bauchspeicheldrüse finden Interessierte im Internet unter www.gastro-liga.de, Rubrik Termine.
E-Mail-Adresse der Verfasserin:
desireekietzmann(at)gmx.de