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Koalition

Gesundheitsfonds wird demnächst generalüberholt

24.10.2009  21:27 Uhr

Koalition

Gesundheitsfonds wird demnächst generalüberholt

von Daniel Rücker

Die FDP wollte den Gesundheitsfonds abschaffen. Das ist ihr (noch) nicht gelungen. Sie hat jedoch deutliche Änderungen für 2011 durchgesetzt. PTA und Apotheker können sich ebenfalls freuen.

Wie erwartet gab es ein zähes Ringen zwischen der CDU, die den Gesundheitsfonds erhalten wollte, und der FDP, die das vor gerade einmal zehn Monaten eingeführte Konstrukt schnellstmöglich abschaffen wollte. Schwierig waren die Verhandlung auch deshalb, weil sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und FDP-Chef Guido Westerwelle vor der Wahl ihre gegensätzlichen Positionen öffentlich mitgeteilt hatten.

Sie haben damit den Vertretern von CDU, CSU und FDP in der Arbeitsgruppe Gesundheit einige schlafarme Nächte bereitet. In der Nacht zum vergangenen Freitag gelang dann der Befreiungsschlag. Allerdings mit einem Spiel auf Zeit. Die Regierung will den Gesundheitsfonds umbauen – im Jahr 2011. Dann soll der Arbeitgeberanteil auf dem bisherigen Niveau von 7 Prozent des beitragspflichtigen Arbeitslohnes eingefroren werden. Die Arbeitnehmer müssen zumindest einen Teil ihres Beitrages als einkommensunabhängige Pauschale bezahlen. Soziale Härten werden über Steuern ausgeglichen. 

Dieses Konzept präsentierten CDU-Verhandlungsführerin Ursula von der Leyen, ihr FDP-Kollege Philip Rösler und CSU-Gesundheitspolitikerin Barbara Stamm am 23. Oktober der Presse. Ob dies alles tatsächlich so kommt, scheint noch nicht sicher zu sein. Bereits am Donnerstag vergangener Woche hatten sich die Parteienvertreter in der Arbeitsgruppe Gesundheit darauf geeinigt, dass eine von der Regierung eingesetzte Expertenkommission die gesamte GKV-Finanzierung prüfen soll. Deren Ergebnisse werden in die Finanzreform 2011 einfließen.

Änderungen Schritt für Schritt

Im Jahr 2110 wird sich noch nichts ändern. Der Gesundheitsfonds mit Einheitsbeitrag und gedeckeltem Zusatzbeitrag soll bleiben. Von einer Abschaffung des Gesundheitsfonds will die CDU vorerst nichts wissen. Von der Leyen betonte, der Fonds werde noch gebraucht. Da aber die Kassen in dem für 2011 angestrebten System wieder mehr Beitragsautonomie erhalten und auch die von der CSU geforderte Regionalisierung beachtet werden soll, sind die wesentlichen Forderungen der beiden kleineren Koalitionsparteien berücksichtigt.

Das für 2010 prognostizierte Milliardendefizit der Gesetzlichen Krankenversicherung will die Regierung zumindest teilweise über Steuern ausgleichen. Von den erwarteten 7,5 Milliarden Euro sollen nach Informationen von Donnerstagabend rund 4 Milliarden Euro aus Steuermitteln bezahlt werden. Mit dieser Summe wird der von der Wirtschaftskrise verursachte Teil des Defizits beziffert. 

Weitaus weniger umstritten unter den Koalitionären war das Verbot von Medikamentenabholstellen (Pick-up-Stellen) in Drogeriemärkten und anderen Gewerbebetrieben. Vertreter von Union und FDP hatten bereits beim Deutschen Apothe-kertag in Düsseldorf beschlossen, sie würden dieser vielfach kritisierten Variante des Versandhandels ein schnelles Ende bereiten. In den Koalitionsverhandlungen konnte man sich dann auch schnell verständigen. Nun wird es darauf ankommen, einen rechtssicheren Weg für das Pick-up-Verbot zu finden. Einige Juristen haben verfassungsrechtliche Bedenken.

Ebenfalls im Sinne der Apotheken dürften die angekündigten Änderungen bei den Rabattverträgen sein. Vor allem CDU-Politiker wollten diese gerne abschaffen. Nun hat sich die Regierung darauf geeinigt, das Regelungsdickicht im Arzneimittelmarkt zu lichten und dabei auch die Rabattverträge praktikabler zu machen. Ob dies am Ende gelingt, muss sich noch zeigen.

Verhandlungen über Arzenimittelpreise

Änderungen soll es auch bei der Preisgestaltung für Arzneimittel geben. Hier setzt die neue Bundesregierung auf eine Kosten-Nutzen-Bewertung und Preisverhandlungen zwischen Industrie und Krankenkassen.

Generell setzt die schwarzgelbe Koalition stärker als die beiden Vorgängerregierungen auf die freien Berufe und den Mittelstand als Träger der Gesundheitsversorgung. Die von der scheidenden Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) vorangetriebene Zentralisierung und Industrialisierung des Gesundheitswesens haben sich Union und FDP offensichtlich nicht auf die Fahne geschrieben. Das bedeutet aber ganz sicher nicht, dass Apotheken und Arztpraxen in Zukunft Artenschutz genießen werden.

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ruecker(at)govi.de