Mit allen Mitteln verhüten |
30.11.2007 11:24 Uhr |
Mit allen Mitteln verhüten
Ursula Sellerberg, Berlin
Seit fast 4000 Jahren versuchen Frauen, ihre Fruchtbarkeit zu kontrollieren. Im Altertum führten sie sich Kegel aus zerstoßenen Granatapfelsamen und Wachs in die Vagina ein. Später verwendeten sie metallische Pessare, getrockneten Fisch oder mit Zitronensaft imprägnierte Baumwollstücke für den selben Zweck. Seitdem hat sich viel getan in Sachen Empfängniskontrolle. In Deutschland verhüten derzeit etwa 54 Prozent der Frauen mit der Antibabypille, 28 Prozent mit Kondomen und 13 Prozent mit der Spirale.
Zwischen der ersten Monatsblutung und den Wechseljahren liegen etwa 40 Jahre. In diesem Zeitraum bereitet sich der weibliche Körper jeden Monat neu auf eine mögliche Schwangerschaft vor. Den weiblichen Zyklus verursacht ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Hormone. Die wichtigsten sind Estrogene und Gestagene. Estrogene werden hauptsächlich im Eierstock gebildet, Gestagene im Gelbkörper und im Mutterkuchen. Die Hormonausschüttung reguliert ein Regelkreis, an dem Hypothalamus und Hirnanhangdrüse maßgeblich beteiligt sind. Die Hirnanhangdrüse gibt die beiden Hormone FSH (Follikel stimulierendes Hormon) und LH (Luteinisierendes Hormon) ab.
Eisprung und die Menstruationsblutung prägen den weiblichen Zyklus. Unter dem Einfluss von FSH reift ein Follikel und produziert große Mengen Estrogen. Dadurch baut sich die Gebärmutterschleimhaut auf. Ab einer bestimmten Konzentration des Estrogens schüttet die Hirnanhangdrüse vermehrt LH aus, es kommt zum Eisprung. Etwa zwölf Stunden lang ist die Eizelle befruchtungsfähig. Nach dem Eisprung beginnt der Gelbkörper unter dem Einfluss des Hormons LH, Gestagene zu bilden. In die Gebärmutterschleimhaut lagern sich Nährstoffe ein, gleichzeitig geht die Produktion von Estrogen zurück.
Wird die Eizelle nicht befruchtet, entwickelt sich der Gelbkörper nach und nach zurück und produziert auch keine Gestagene mehr. Durch den Gestagenentzug stirbt die in der ersten Zyklushälfte aufgebaute Schleimhaut ab und wird abgestoßen. Es kommt zur Monatsblutung.
Im Durchschnitt ist eine Frau an sechs Tagen eines jeden Zyklus empfänglich. Da die Eizelle jedoch nur für 24 bis 27 Stunden lebensfähig ist, endet die Fruchtbarkeit der Frau kurz nach dem Eisprung. Weil Spermien in der Gebärmutter fünf bis sieben Tage überleben können, ist der Zeitraum für eine Empfängnis relativ groß.
Pearl-Index als Kenngröße
Der Pearl-Index bezeichnet die Zuverlässigkeit einer Verhütungsmethode. Er gibt an, wie viele Schwangerschaften entstehen, wenn 12 Monate lang 100 Frauen (= 100 Frauenjahre) die Methode anwenden. Da die Zuverlässigkeit einer Methode auch von der exakten Anwendung abhängt, ist der Pearl-Index unter Studienbedingungen meist geringer als im wirklichen Leben. In der Praxis treten häufiger Anwendungsfehler auf, zum Beispiel dass ein Kondom abrutscht.
Am sichersten verhüten alle hormonellen Mittel. Etwas weniger zuverlässig sind Spiralen, Barrieremethoden wie Kondome, Pessar oder Diaphragma und chemische Verhütungsmethoden. Als unsicher gilt die Unterbrechung des Geschlechtsverkehrs kurz vor dem Samenerguss (Coitus interruptus). Wenn Frauen komplett auf die Verhütung verzichten, werden innerhalb eines Jahres 85 von 100 schwanger (Pearl-Index = 85, siehe Kasten).
Wie sicher eine Methode eine Schwangerschaft verhütet, geben Mediziner mit dem Pearl-Index an (PI). Diese Zahl besagt, wie viele von 100 Frauen schwanger werden, wenn sie die jeweilige Verhütungsmethode ein Jahr lang anwenden. Je nach Quelle differieren die Zahlen. Je niedriger der PI, desto sicherer die Methode.
Quelle: www.profamilia.de
Antibabypille am beliebtesten
1961 kam mit Anovlar® die erste Antibabypille auf den deutschen Markt. Im Vergleich zu Anovlar und ihren ersten Nachfolgepräparaten sind die Hormone heute meist sehr viel niedriger dosiert. Indem Frauen ihrem Körper die Hormone von außen zuführen, wird der natürliche Zyklus abgeschaltet. Hormonelle Verhütungsmittel enthalten Estrogene und/oder Gestagene. Die beiden Hormone wirken unterschiedlich auf den weiblichen Körper.
Estrogene sind wichtig für die Entwicklung der weiblichen Geschlechtsmerkmale und stimulieren das Wachstum der Gebärmutterschleimhaut. Sie vermindern die Viskosität des Schleims am Muttermund und fördern den Abbau der Vaginalzellen zu Milchsäure. Dadurch schützen sie indirekt vor einer Besiedelung mit Krankheitserregern. Außerhalb des Genitalsystems fördern Estrogene unter anderem die Blutgerinnung. Deshalb steigt für Frauen, die mit estrogenhaltigen Antibabypillen verhüten, das Thromboserisiko. Gestagene machen unter anderem den Schleim am Muttermund zäher und erschweren dadurch das Eindringen der Spermien.
Die Antibabypille ist in der Regel gut verträglich. Ihre Nebenwirkungen ähneln einer Frühschwangerschaft. Unter anderem kommt es zu Wassereinlagerungen, Übelkeit, Erbrechen, Lustlosigkeit, Kopfschmerzen, Stimmungsschwankungen oder Spannen in der Brust. Pigmentstörungen sind ein kosmetisches Problem und werden den Estrogenen zugeschrieben. Als Nebenwirkungen der Gestagene können eine trockene Scheide, Störungen der Monatsblutung, Akne und eine Kontaktlinsenunverträglichkeit auftreten.
Achtung: Wechselwirkungen
Die langjährige Praxis hat gezeigt, dass bei der Einnahme der Antibabypille mit zahlreichen Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln zu rechnen ist. Deshalb sollten PTA oder Apotheker die Frau bei der ersten Abgabe der Pille immer fragen, ob sie dauerhaft andere Arzneimittel einnimmt, und einen Interaktionscheck durchführen.
Alle Medikamente oder Erkrankungen, die die Resorption der Hormone beeinflussen, stellen die empfängnisverhütende Wirkung der Antibabypille in Frage. Dazu gehören Durchfall und Erbrechen, aber auch Abführmittel. Einige Arzneimittel beschleunigen den Abbau der Hormone in der Leber, wodurch die verhütende Wirkung unzuverlässig wird. Dazu zählen unter anderem Johanniskraut, Antiepileptika sowie einige HIV-Medikamente und Antibiotika. Ist die gleichzeitige Einnahme unumgänglich, sollten PTA oder Apotheker die Kundin darüber informieren und ihr (übergangsweise) zusätzlich eine nicht hormonelle Verhütungsmethode empfehlen. Rauchen verringert die Wirksamkeit hormoneller Verhütungsmittel, weil es den Hormonabbau in der Leber beschleunigt.
Die meisten Frauen nehmen die Antibabypille viele Jahre lang ein, deshalb sollten sie die Kontraindikationen kennen. Rauchen und ein Alter über 35 Jahren gelten als relative Kontraindikationen für Kombinationspräparate. Frauen mit Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, einem Blutdruck über 160 zu 100, mit Lebererkrankungen, Thrombosen oder hormonabhängigen Tumoren sollten auf andere Verhütungsmittel ausweichen.
Warnzeichen beachten
Wenn eines der folgenden Warnzeichen auftritt, sollte die Frau immer ihren Arzt aufsuchen:
Vor einer Operation oder einer längeren Bettlägerigkeit sollte die Frau die Antibabypille nach Absprache mit ihrem Arzt besser absetzen.
Antibabypillen nach dem Einstufenprinzip (wie Marvelon®, Microgynon®) enthalten eine feste Kombination aus Estrogen und Gestagen, die über 21 oder 22 Tage eingenommen wird, danach wird 6 oder 7 Tage pausiert. Um Einnahmefehler zu vermeiden, bieten manche Hersteller sieben oder sechs Tage lang Placebotabletten an. In der hormonfreien Phase setzt nach drei bis vier Tagen eine leichte Abbruchblutung ein. Die sogenannten »Mikropillen« (wie Eve® 20, Lovelle®) enthalten sehr geringe Mengen an Estrogenen und Gestagenen. Bei Mehrstufenpräparaten (wie Biviol®, Neo-Eunomin®) wird die Estrogen- und Gestagengabe dem physiologischen Zyklus in mehreren Stufen angepasst. Im Vergleich zu festen Kombinationen sind die Gestagenmengen niedriger. Bei Sequentialpräparaten enthalten die ersten Tabletten für die erste Zyklushälfte nur Estrogene, die für die zweite Hälfte zusätzlich Gestagene.
Minipillen (wie Cerazette®, Microlut®) enthalten nur Gestagene und werden ohne Pause durchgenommen. Die Nebenwirkungen sind geringer als bei den Kombinationspräparaten. Die Minipille ist auch für Frauen über 35 Jahren und für Stillende geeignet. Nachteilig ist, dass Zwischenblutungen auftreten können.
Falls die Frau eine Fernreise plant, bei der sich der Tag- und Nachtrhythmus verschiebt, ist eine ausführliche und individuelle Beratung wichtig. Beträgt der Zeitunterschied mehr als acht Stunden, empfehlen viele Hersteller die Einnahme einer »Zwischenpille«.
Pille vergessen – was tun?
Manche Frauen brechen in Panik aus, wenn sie die Einnahme einer Pille vergessen haben. Was dann zu tun ist, hängt von der verwendeten Antibabypille und von der verstrichenen Zeit ab. Wer vor weniger als 12 Stunden die Einnahme einer Einphasen-Pille vergessen hat, kann die Einnahme nachholen. Sind stattdessen mehr als 12 Stunden vergangen, gilt bei vielen Präparaten: Vergessene Tabletten auslassen, wie gewohnt fortfahren, der Empfängnisschutz in diesem Zyklus ist allerdings nicht mehr gewährleistet. Für einige Präparate (wie Petibelle®, Yasmin®) gibt es ein abgestuftes Verfahren, das die Anwenderin in der aktuellen Gebrauchsinformation nachlesen sollte. Die neue Regel hängt davon ab, an welchem Zyklustag die Frau die Einnahme vergessen und ob sie lediglich eine Antibabypille ausgelassen hat:
Wer die Einnahme eines Mehrstufenpräparats vergessen hat, kann sie innerhalb von 12 Stunden nachholen. Falls die die vergessene Tablette die höchste Hormonkonzentration enthält, kann sich dadurch die Menstruationsblutung verschieben.
Für die Minipille gilt eine strenge Einnahmedisziplin: Sie muss alle 24 Stunden eingenommen werden, also jeden Tag zur gleichen Zeit. Ausnahmsweise kann die Anwenderin die Einnahme um ein bis zwei Stunden verschieben. Neue Präparate (wie Cerazette®) sind sicherer und können sogar mit bis zu 12 Stunden Verspätung eingenommen werden. Hat die Frau die Minipille in der ersten Woche vergessen, ist die empfängnisverhütende Wirkung nicht mehr zuverlässig gegeben.
Langzeitanwendung ohne Pause
Als die Antibabypille in den 1960er Jahren eingeführt wurde, ahmten die Hersteller mit dem 21 plus 7 Tage-Regime den natürlichen Monatszyklus nach, um die gesellschaftliche Akzeptanz des Verhütungsmittels zu erhöhen. Medizinisch notwendig ist dies nicht. Zudem wünschen sich viele Frauen keine monatliche Blutung mehr und möchten ihr Präparat über mehrere Monate ohne Pause nehmen. Diese Langzeiteinnahme ist nach vorheriger Absprache mit dem Arzt möglich und im Allgemeinen gut verträglich. Allerdings sollten die Frauen bedenken: Es handelt sich dabei um einen Off-label-use, das heißt, die Hersteller haben bei der Zulassung des Arzneimittels keine entsprechenden Sicherheitsdaten eingereicht.
Die gelegentliche »Pillenpause« empfehlen Mediziner heute nicht mehr, weil sie den Hormonhaushalt durcheinander bringen kann. Erfahrungsgemäß stellt sich auch nach längerer Einnahme der Antibabypille nach dem Absetzen die normale Fruchtbarkeit innerhalb weniger Monate wieder ein.
Spritze, Implantat, Hormonspirale
Viele Frauen empfinden es als lästig, täglich eine Antibabypille einzunehmen. Ein möglicher Ausweg sind Depotpräparate, die wie die Minipille nur Gestagene enthalten. Eingesetzt werden Hormonspiralen, Implantate und Spritzen, die der Arzt intramuskulär injiziert.
Dreimonatsspritzen (wie Depo-Clinovir®, Noristerat®) spritzt er in den Gesäßmuskel. Sie wirken acht bis zwölf Wochen. Die relativ hohen Hormondosen verursachen häufiger Nebenwirkungen als andere Hormonpräparate, deshalb verordnen Ärzte diese Spritzen in Deutschland nur noch selten. Beobachtet wurde außerdem, dass die Monatsblutung vollständig ausblieb; auch ein erhöhtes Osteoporose-Risiko wird mit diesen Präparaten in Verbindung gebracht. Nach dem Absetzen der Spritzen nehmen die Eierstöcke nur sehr langsam wieder ihre normale Funktion auf. Teilweise stellt sich die Fruchtbarkeit erst nach einem Jahr wieder ein. Implantierbare Stäbchen (Implanon®) setzen die Ärzte unter die Haut des Oberarms ein. Dort kann es bis drei Jahre lang verbleiben. Das Stäbchen ist tast-, aber nicht sichtbar.
Intrauterinsysteme IUS (wie Mirena®), auch »Hormonspirale« genannt, erzeugen ebenfalls Hormondepots. In den Schaft eines T-förmigen Kunststoffteils hat der Hersteller ein Gestagendepot eingearbeitet. Das IUS bringt der Arzt in die Gebärmutter ein. Die niedrige Hormondosis unterdrückt nicht den Eisprung, sondern führt lokal zu einem zäheren Schleimpropfen am Gebärmutterhals. Die Hormonspirale wirkt bis zu fünf Jahren. Als Nebenwirkung wird die Monatsblutung schwächer, unregelmäßig oder bleibt ganz aus.
Wem die tägliche Einnahme der Antibabypille zu lästig ist, kann einmal wöchentlich ein Hormonpflaster (wie Evra®) aufkleben. Die Wirkung entspricht der einer Einphasen-Antibabypille. Für das Pflaster gelten die gleichen Anwendungsregeln wie für andere transdermale therapeutische Systeme. So darf die Anwenderin das Pflaster beispielsweise nicht zerschneiden und muss seine Haftung nach dem Duschen oder dem Sport kontrollieren. Beim wöchentlichen Wechsel sollte die Frau immer eine andere Hautstelle im gleichen Körperbereich wählen. Die einwöchige Pause nach drei (bis sechs) Wochen löst eine Abbruchblutung aus.
Die gut durchblutete Vaginalschleimhaut eignet sich ebenfalls als Applikationsort, beispielsweise für hormonhaltige Vaginalringe (wie NuvaRing®). Durch den Ring gelangen Estrogene in das Blut. Der Ring ist in einer Universalgröße im Handel, die Trägerin kann ihn selbst einführen und seine Lage kontrollieren. Sie muss ihn drei Wochen lang kontinuierlich tragen, dann entfernen und eine Woche pausieren. In der ringfreien Woche kommt es zu einer Abbruchblutung. Der flexible Ring passt sich der Form der Vagina an und ist beim Geschlechtsverkehr nur selten zu spüren. Notfalls kann der Ring bis zu drei Stunden entfernt werden, ohne dass die verhütende Wirkung verloren geht. Während der Menstruation kann die Anwenderin Tampons benutzen. Wechselwirkungen mit Spermiziden oder Kondomen sind nicht bekannt.
Da die gebrauchten Ringe noch immer große Hormonmengen enthalten, sollten sie nicht in der Toilette entsorgt werden (Grundwasserschutz). Ein wichtiger Hinweis bei der Abgabe in der Apotheke: Der Vaginalring muss kühl gelagert werden, zwischen 2 und 8 °C, dann behält er 32 Monate lang seine Wirksamkeit. Raumtemperatur verkürzt seine Verwendbarkeit auf vier Monate.
Nicht zu verwechseln mit einem Verhütungsmittel sind hormonhaltige Vaginalringe gegen Wechseljahresbeschwerden (wie Estring®). Sie wirken nur lokal, etwa gegen eine trockene Scheide, verhüten kann man damit nicht.
Barrieremethoden nebenwirkungsfrei
Alternativen zur Verhütung mit Hormonen sind die Barrieremethoden: Kondome, Pessare oder Diaphragmen. Für Männer sind Kondome die einzige Möglichkeit, selbst zu verhüten – sieht man vom Coitus interruptus ab. Eine »Pille für den Mann« wird in absehbarer Zeit nicht auf den Markt kommen.
Als einziges Verhütungsmittel schützen Kondome auch vor sexuell übertragbaren Krankheiten. Da eine Beschichtung die Verhütungswirkung der Kondome nur wenig erhöht, werden spermizid beschichtete Kondome heute kaum noch verwendet. Paare, die auf die Wirkung von Kondomen vertrauen, sollten noch einige Fakten kennen: Gleitmittel auf Wasserbasis (wie K-Y Femilind®, Ladysoft Vaginalgel®, Sylk®) gegen eine trockene Scheide können sie ohne Bedenken zusammen mit einem Kondom anwenden. Gleitmittel auf Fettbasis wie Vaseline oder Gleitöle hingegen greifen Latex und Gummi an und können sie porös machen. Deshalb ist die Kombination aus Kondomen und chemischen Verhütungsmitteln nur empfehlenswert, wenn der Hersteller im Beipackzettel darauf hinweist. Das gilt auch für Vaginaltherapeutika, zum Beispiel gegen Pilzerkrankungen.
Für Menschen mit einer Latexallergie sind Kondome aus Polyurethan eine Alternative (wie Durex Avanti®). Umgekehrt besteht nach einer Studie der Universitätsklinik Kiel keine Gefahr, durch die häufige Nutzung von Kondomen eine Latex-Allergie zu entwickeln.
Das Kondom für die Frau (zum Beispiel Femidom®, VA Latexkondom für Frauen) ist etwas umständlich anzuwenden und teurer als Kondome für Männer. Es besteht aus einem Schlauch mit flexiblen Ringen an beiden Enden. Das geschlossene Ende wird wie ein Diaphragma eingeführt, das offene Ende über die großen Schamlippen gelegt. So wird die Scheide wie mit einer zweiten Haut ausgekleidet. Auf die entstehende Röhre muss Gleitmittel gestrichen werden. Nach dem Sex verhindert das Drehen des äußeren Rings das Sperma herausläuft, und das ganze Kondom wird vorsichtig herausgezogen.
Diaphragma (Scheidenpessar) und Portiokappe (Okklusivpessar) sind weitere Barrieremethoden. Beide werden meist mit einem Spermizid kombiniert. Diaphragmen bestehen aus einer Latexmembran, die über eine runde Feder gespannt ist. Im Handel sind Diaphragmen mit einem Durchmesser von sechs bis elf Zentimetern. Die Größe verordnet der Gynäkologe individuell nach der Anatomie der Scheide. Portiokappen (zum Beispiel Lea® Contraceptivum, FemCap®) sind für alle Anwenderinnen einheitlich groß und sitzen direkt auf dem Gebärmutterhals. Dort saugt sich die Kappe durch den Unterdruck in der Gebärmutter fest. Alle Barrieremethoden sind relativ preiswert, greifen nicht in die Stoffwechselvorgänge ein und werden nur bei Bedarf eingesetzt. Häufig muss die richtige Anwendung allerdings erst erlernt werden.
Vorsicht bei chemischen Mitteln
Die wichtigste Eigenschaft der chemischen Verhütungsmittel ist ihre samenabtötende Wirkung. Durch die enthaltenen spermiziden Wirkstoffe wie Nonoxinol-9 oder Benzalkoniumchlorid (das in anderen Konzentrationen auch als Konservierungsmittel verwendet wird) verlieren die Samenzellen ihre Fähigkeit zur Fortbewegung und sterben ab.
Vaginalzäpfchen enthalten meist nur Nonoxinol-9 (zum Beipiel Patentex® oval, Contraceptivum®) oder in Kombinationen (zum Beispiel a-gen 53). Da sich Vaginalzäpfchen erst auflösen müssen, bevor sie wirken können, sollten sie etwa 15 Minuten vor dem Sex eingeführt werden. Ihre Wirkung hält etwa zwei Stunden lang an. Daneben bieten einige Hersteller Gele auf Zitronen- oder Milchsäurebasis (zum Beispiel Contragel grün®) an, die nicht apothekenpflichtig sind. Die Gele säuern das Scheidenmilieu und sorgen so dafür, dass sich die Samenzellen nicht mehr so gut bewegen können. Da sie die Samenzellen nicht abtöten, ist ihre verhütende Wirkung nur schwach. Die Sicherheit der chemischen Verhütungsmittel erhöht sich, wenn sie zusammen mit einer Barrieremethode wie einem Diaphragma angewendet werden. Vorsicht bei der gleichzeitigen Anwendung von Kondomen, denn chemische Verhütungsmittel können Kondome aus Latex porös machen.
Hightech zur Verhütung
Eine Hightech-Variante der natürlichen Verhütung sind Zykluscomputer: Sie bestimmen die fruchtbaren Tage. Wer eine Schwangerschaft vermeiden will, muss an diesen Tagen verhüten. Einige Zykluscomputer messen die Körpertemperatur (wie Ladycomp®, Bioself®, Cyclotest Basic®), andere Geräte messen die Konzentrationen des Hormons LH und des Estron-3-Glucoronid (EG3) im Urin (wie Persona®). Hat eine Frau die »Pille danach« eingenommen, funktionieren die hormonabhängigen Zykluscomputer erst drei Monaten später wieder zuverlässig.
Für Paare mit Kinderwunsch sind Zykluscomputer empfehlenswert, die die fruchtbaren Tage möglichst exakt bestimmen (zum Beispiel Clearblue-Fertilitätsmonitor®, Cyclotest 2 plus®). Außerdem gibt es spezielle Urinteststreifen (zum Beispiel Cyclotest Ovulationstest®), um den Anstieg des LHs zu messen.
»Pille danach« als Notlösung
Bei Verhütungspannen kann die »Pille danach« (zum Beispiel Unofem®) eine Schwangerschaft verhindern. Das Hormon Levonorgestrel unterdrückt den Eisprung und damit die Befruchtung, der genaue Wirkungsmechanismus ist noch nicht geklärt. Sollte sich die befruchtete Eizelle bereits eingenistet haben, bleibt die »Pille danach« unwirksam – sie löst also keine Abtreibung aus. In der Konsequenz muss die Frau die »Pille danach« möglichst bald nach dem Geschlechtsverkehr einnehmen, spätestens 72 Stunden danach.
Je früher der Einnahmezeitpunkt, desto höher sind die Erfolgsaussichten. Ein Hinweis für die Praxis: Um ein Erbrechen zu vermeiden, sollte sie nicht auf nüchternen Magen eingenommen werden. Tritt das Erbrechen in den ersten vier Stunden nach der Einnahme auf oder kommt es innerhalb von 12 Stunden zu Durchfall, muss die Frau die Einnahme wiederholen. Für den Rest des Zyklus besteht kein Empfängnisschutz.
Wesentliche Nebenwirkungen hat die »Pille danach« nicht, auch Kontraindikationen sind nicht bekannt. In Deutschland ist sie verschreibungspflichtig, in vielen anderen Ländern ist sie ohne Rezept in Apotheken erhältlich. Eine Alternative zur »Pille danach« ist die »Spirale danach«. Sie kann bis zu fünf Tage nach einer Verhütungspanne die Einnistung der befruchteten Eizelle verhindern. Die »Abtreibungspille« Mifegyne® enthält das Antigestagen Mifepriston (früher RU-486) und wird zur Abtreibung einer Frühschwangerschaft eingesetzt. Zur Notfallverhütung ist sie nicht zugelassen.
Nistet sich eine befruchtete Eizelle in die Gebärmutter ein, steigt die Konzentration des Hormons HCG (Humanes Choriongonadotropin) im Blut und im Urin stark an. Diesen Anstieg können moderne Schwangerschaftstests schon zehn Tage nach der Befruchtung, also bereits vor dem ersten Ausbleiben der Monatsblutung, nachweisen. Die meisten Tests können zu jeder Tageszeit durchgeführt werden, obwohl die Konzentration des HCGs im Morgenurin am höchsten ist. Ein positiver Test sollte nach einigen Tagen wiederholt werden. Die erneute Messung ist auch dann sinnvoll, wenn trotz eines negativen Testergebnisses die Monatsblutung ausbleibt. Der Arzt kann das Schwangerschaftshormon auch im Blut nachweisen.
www.schwanger-info.de
Online-Angebot der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) rund um die Themen Verhütung, Familienplanung, Schwangerschaft und die erste Zeit zu Dritt. Unter dieser Adresse finden Frauen Antworten auf häufig gestellte Fragen, Ratschläge und Tipps. Ergänzt werden diese Informationen durch Erfahrungsberichte, Experteninterviews und statistisches Material zu ausgewählten Themen.
www.profamilia.de/topic/home
Unter dem Motto »Für selbstbestimmte Sexualität« bietet pro familia, die Deutsche Gesellschaft für Familienplanung, Sexualpädagogik und Sexualberatung, e.V. online umfangreiche Informationen zu allen Fragen rund um die Themen Verhütung, Schwangerschaft und Elternschaft. Gegründet wurde pro familia 1952 als gemeinnütziger, nicht staatlicher und nicht konfessioneller Fachverband für Fragen der Sexualität. Heute engagieren sich über 5 000 Mitglieder in der föderalen Organisation. Pro familia hält kostenlos umfangreiches Info-Material bereit, das Interessierte online bestellen oder zum Teil auch direkt heruntergeladen können. Außerdem können Frauen auf die Angebote der Online-Beratung zurückgreifen und mit anderen NutzerInnen in den Diskussionsforen diskutieren.
Anschrift der Verfasserin:
Dr. Ursula Sellerberg
Wörther Straße 13 A
10405 Berlin