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Selbstmedikation bei Vaginalmykose

Viele Tipps vertraulich vorgebracht

04.12.2007  08:36 Uhr

Selbstmedikation bei

Viele Tipps vertraulich vorgebracht

Karin Berger, Berlin

Jede Frau erkrankt mindestens einmal pro Jahr an einer Vaginalmykose – so der statistische Durchschnittswert. Meist verlaufen die Infektionen unkompliziert und lassen sich gut medikamentös behandeln. Bei einem geringen Teil der Betroffenen treten allerdings regelmäßig Rezidive auf. Dieses sensible Thema ist eine Herausforderung für PTA und Apotheker bei der Beratung der Frauen.

Das Gespräch über ein so intimes Thema wie Scheidenpilz erfordert von PTA und Apotheker nicht nur Fachwissen, sondern auch kommunikative Fähigkeiten und einen ungestörten Platz: Nur wenn andere Patienten das Gespräch nicht mithören können und die PTA die notwendigen Fragen mit Fingerspitzengefühl formuliert, kann die Patientin ohne Hemmungen über das Thema sprechen.

Ist die notwendige Diskretion nicht gegeben, bleiben viele Fragen ungeklärt. Vor neugierigen Zuhörern wird keine Frau darüber Auskunft geben, wie sich die Beschwerden äußern. Für eine optimale Versorgung und die Arzneimittelsicherheit der Patienten sind außerdem bestimmte Hinweise unverzichtbar. Eine ausführliche Beratung stellt den Mehrwert der öffentlichen Apotheke gegenüber anderen Anbietern dar und legitimiert die Apothekenpflicht vieler Präparate.

Die typischen Erreger von Mykosen im Genitaltrakt sind Dermatophyten, Hefen und Schimmelpilze. In den meisten Fällen spielen Hefen der Gattung Candida, oft Candida albicans, die Hauptrolle. Die Pilzerkrankung äußert sich durch vermehrten Ausfluss, der gelblich-weiß und quarkähnlich bis krümelig aussieht. Der äußere Genitalbereich ist meist gerötet und geschwollen. Die Frauen klagen über ständigen Juckreiz und starkes Brennen.

Die Besiedlung mit Hefepilzen hängt von der Glukosekonzentration in der Scheide ab, die sich unter dem Einfluss der Sexualhormone verändert. Deshalb sind Mädchen vor der Geschlechtsreife und Frauen nach den Wechseljahren seltener betroffen. Neben den Hormonen fördern eine Infektion: Rauchen, Stress, ein übertriebener Hygienekult, der Einsatz von Tampons sowie Oral- und Analverkehr. Auch Whirlpools und Thermalbäder stellen eine Infektionsquelle dar.

Eine Selbstmedikation ist erst zu verantworten, wenn PTA oder Apotheker bestimmte Fragen geklärt haben, so etwa:

  • Für wen ist das Arzneimittel bestimmt?
  • Wie äußern sich die Beschwerden?
  • Wie häufig sind die Beschwerden bisher aufgetreten?
  • Liegen andere Erkrankungen vor?
  • Nehmen Sie andere Arzneimittel ein?

Für Frauen unter 18 Jahren sowie Schwangere können PTAs und Apotheker die Verantwortung für die Selbstmedikation nicht übernehmen. Begleitbeschwerden wie Unterleibsschmerzen, Schmerzen beim Wasserlassen, Fieber, Übelkeit, Durchfall oder Blutungen außerhalb der Menstruation weisen auf andere Vaginalinfektionen hin. Dann müssen PTA und Apotheker auf den Arzt verweisen. Ebenso wenn der Juckreiz sehr stark und der Ausfluss gleichzeitig übel riecht, oft schaumig, grün-gelblich ist oder gräulich-weiß und stark (fischartig) riecht. Diese Symptome deuten auf eine Trichomoniasis oder eine bakterielle Vaginose hin.

Zuerst zum Arzt

Auch bei einer Erstinfektion darf keine Selbstbehandlung stattfinden, sondern muss der Arzt die Diagnose stellen. Patientinnen mit chronisch-rezidivierenden Beschwerden (häufiger als viermal pro Jahr) gehören ebenfalls in ärztliche Behandlung! Wenn die Frauen unter anderen Erkrankungen leiden, zum Beispiel Diabetes mellitus, eine Immunschwäche haben oder Arzneimittel wie Antibiotika, Glucocorticoide, Immunsuppressiva oder Zytostatika einnehmen, kann das physiologische Gleichgewicht der Vaginalflora gestört sein. In diesen Fällen sollte sich ein Arzt des Falles annehmen.

Hat die Befragung der Kundin ergeben, dass sie sich selbst behandeln darf, müssen PTA oder Apotheker sie auf folgendes hinweisen: Falls sich die Symptome nach drei Tagen Selbstmedikation nicht bessern, muss sie einen Arzt aufsuchen. Diese Warnung soll vermeiden, dass die Frau Erkrankungen verschleppt.

Mittel der ersten Wahl für die Selbstmedikation ist der Wirkstoff Clotrimazol aus der Gruppe der Imidazole. Neben den verschiedenen Pilzen, die Vaginalmykosen auslösen, bekämpft Clotrimazol auch einige Bakterienarten. Mittel der zweiten Wahl ist Nystatin aus der Gruppe der Polyene. Es wirkt nur gegen Hefepilze. Antiseptika mit den Inhaltsstoffen Povidon-Iod, Policresulen, Dequaliniumchlorid oder Hexetidin sollten nicht empfohlen werden, da der Nutzen nicht hinreichend belegt ist.

Arzneistoffe in der Selbstmedikation

Clotrimazol ist rezeptfrei als 1- und 3-Tage-Therapie zugelassen. Beide Therapieformen erreichen eine Gesamtdosis von 500 bis 600 mg Wirkstoff und sind deshalb gleichwertig. Bei der 1-Tages-Therapie rechnen Experten allerdings mit einer besseren Compliance. Wichtig: Die Patientin muss bei dieser Therapieform wissen, dass die Symptome der Erkrankung trotz Behandlung erst nach 3 bis 4 Tagen abklingen werden.

Die Konzentrationen der Vaginalcremes liegen zwischen 2 und 10 Prozent. Damit unterscheiden sie sich von der Konzentration der Creme zur äußerlichen Anwendung auf der Vulva. Letztere beträgt bei den Kombipackungen 1 Prozent.

Nystatin kommt zum Einsatz, wenn der Wirkstoff Clotrimazol wegen einer Überempfindlichkeit kontraindiziert ist. Zur Selbstbehandlung stehen zur Verfügung: Vaginaltabletten, -ovula, -creme und -salbe (auch in Kombipackungen erhältlich). Die Frauen müssen täglich 1 bis 2 Ovula beziehungsweise 1 bis 2 Applikatorfüllungen Vaginalcreme lang tief in die Scheide einführen. Die Anwendungsdauer variiert je nach Präparat zwischen 3 bis 6 Tage und 10 bis 12 Tagen.

Meist sind gleichzeitig Vagina und Vulva betroffen. Deshalb sollten die erkrankten Frauen den Wirkstoff in die Scheide als Vaginalsuppositorien, -tabletten oder -creme applizieren und ebenfalls auf die äußerlichen Schamlippen eine Creme auftragen (Kombinationsbehandlung). Bei trockener Vaginalschleimhaut sind Vaginaltabletten ungeeignet, da sie sich nicht ausreichend auflösen.

Tabletten, Suppositorien oder Creme führen die Frauen am besten mit einem Applikator abends vor dem Schlafengehen tief in die Scheide ein. So kann sich der Wirkstoff gut verteilen, und das Auslaufen wird vermindert oder verzögert. Die Patientinnen benötigen allerdings in der Nacht einen Wäscheschutz, zum Beispiel eine Slipeinlage.

Nach der Applikation kann die Haut leicht brennen oder sich röten, die Nebenwirkungen vergehen aber meist nach kurzer Zeit. Während der Menstruation wirken die Präparate weniger gut, weil sie ausgeschwemmt und verdünnt werden. Eine Anwendung ist in dieser Zeit nur bei starken Beschwerden sinnvoll.

Bei Rezidiven an Partner denken

Der Partner muss sich  meist nicht mitbehandeln. Die Erreger werden zwar übertragen, führen jedoch normalerweise nicht zu einer Infektion des Mannes. Bei häufigen Rezidiven  der Frau oder Beschwerden des Mannes sollte dieser auch die 1-prozentige Creme anwenden.

Vor allem für Frauen, die wiederholt unter Scheidenpilz leiden, haben sich einige Tipps für den Alltag bewährt: Auf Intimsprays und Vaginalduschen sollten betroffene Frauen verzichten, ebenso auf lange, sehr heiße Bäder und stark parfümierte Badezusätze. Auch eine übertriebene Hygiene beeinträchtigt die natürliche Schutzfunktion der Schleimhaut. Es genügt, den Intimbereich mit lauwarmem Wasser zu reinigen oder lediglich milde Reinigungslotionen ohne Desinfektionsmittel und Parfümzusätze anzuwenden.

Die Unterwäsche sollten die Frauen täglich wechseln und bei mindestens 60 °C waschen oder sogar kochen. Dagegen verzichten sie am besten auf Unterwäsche und Strumpfhosen aus Kunstfasern oder zu enge Jeans. Wer Slipeinlagen und Binden benutzt, sollte atmungsaktive Varianten bevorzugen.

Weitere Vorsichtsmaßnahmen

Nach dem Stuhlgang sollte sich jede Frau von vorn nach hinten abwischen, so vermeidet sie eine Schmierinfektion vom Darm in die Scheide. Unmittelbar nach dem Baden in einer Schwimmhalle sollte jede Frau die nasse Badekleidung ausziehen, damit die Haut nicht aufweicht und durch gechlortes Wasser irritiert wird. In der Sauna sitzt man am besten immer auf dem eigenen Handtuch.

Der Gebrauch von Tampons während der Menstruation entfernt lösliche und zelluläre Bestandteile des Abwehrsystems, ein häufiger Wechsel trocknet zudem die Scheide aus. Während einer Pilzinfektion verzichten Betroffene daher am besten auf Tampons.

E-Mail-Adresse der Verfasserin:
k.berger(at)abda.aponet.de