PTA-Forum online
Gedenktag

Ein Licht geht um die Welt

26.11.2009  21:25 Uhr

Gedenktag

Ein Licht geht um die Welt

von Tanja Schweig

Am 13. Dezember werden Menschen weltweit jeweils um 19 Uhr Ortszeit eine Kerze anzünden und in eines ihrer Fenster stellen. Der Tag des »Worldwide Candle Lighting« soll daran erinnern, dass jedes Jahr viele Kinder sterben und trauernde Familien und Freunde zurücklassen. 

Zeitungsartikel über Kindersterblichkeit handeln in der Regel von Entwicklungsländern. Dort begrenzen Mangelernährung und Infektionskrankheiten die Lebenserwartung der Menschen, vor allem der Säuglinge und Kleinkinder. Doch auch in den hoch industrialisierten Staaten sterben jedes Jahr Kinder und junge Erwachsene, obwohl dort eine gute Gesundheitsversorgung gewährleistet ist. In Deutschland kommen jährlich etwa 20 000 Kinder durch Unfälle ums Leben oder erliegen einer schweren Erkrankung, weil es noch keine Medikamente gibt oder Therapien versagen. Fast 400 Kleinkinder sterben pro Jahr am plötzlichen Säuglingstod. Alle hinterlassen -Eltern, Geschwister, Großeltern und Freunde, die an dem Verlust oft sehr schwer leiden. 

Am Tag des »Worldwide Candle Lighting« gedenken betroffene Familien und deren Freunde weltweit einmal im Jahr aller verstorbenen Kinder. Während die Kerzen in der einen Zeitzone erlöschen, leuchten sie in der nächsten auf, so dass sich 24 Stunden lang eine Lichtwelle rund um die ganze Welt ausbreitet. Das Licht im Fenster ist als Symbol dafür gedacht, dass die verstorbenen Kinder das Leben der Hinterbliebenen erhellt haben und nie vergessen werden. Und das Licht steht für die Hoffnung, dass die Trauer das Leben der Angehörigen nicht für immer verdunkelt wird.

Die Idee zu diesem Gedenktag hatten die »compassionate friends«, eine Vereinigung verwaister Eltern und ihrer Angehörigen in den USA. Sie riefen im Jahr 1996 den ersten Tag des »Worldwide Candle Lighting« ins Leben. Die Kerzen-Aktion findet immer am zweiten Sonntag des Monats Dezember statt. In Deutschland wird sie unterstützt vom Bundesverband verwaister Eltern e.V. sowie den Eltern der Sternen- oder Schmetterlingskinder. Letztere sind während oder kurz nach der Geburt gestorben.

Trauernde richtig erreichen

Vielleicht möchte sich der eine oder andere auch aus Solidarität mit den Betroffenen an der Aktion beteiligen. Im Berufsalltag begegnen PTA oder Apotheker ab und zu Eltern, Großeltern und Geschwisterkindern, die ein solches Schicksal erleben mussten. Wer in der Apotheke zum ersten Mal mit dieser Situation konfrontiert ist, dem fällt es sicher oft nicht leicht, auf den Trauernden zuzugehen. Ein Patentrezept, wie man diese anspricht, gibt es nicht.

In den allermeisten Fällen empfinden die verwaisten Eltern und Geschwister es als tröstlich, wenn Mitmenschen ihnen Anteilnahme und Interesse entgegenbringen. Fast immer sind sie auf der Suche nach Möglichkeiten, wie sie den Verlust und die Trauer besser ertragen können. Oft empfinden sie es als Bereicherung, Ansichten anderer Menschen zu hören, die ihnen neue Wege und Hilfen zur Trauerbewältigung aufzeigen. Deshalb sollten auch die Apothekenmitarbeiter sich nicht scheuen, Eltern, die ein Kind verloren haben, so früh wie möglich anzusprechen. 

Was raten Experten, wie man Betroffene am besten erreicht? Keinesfalls sollte man Gemeinplätze zitieren wie »Die Zeit heilt alle Wunden«. Vielmehr reichen einfache Worte aus, um Trost zu spenden, zum Beispiel »Es tut mir so leid«, »Es ist für uns alle schwer, wie schwer muss es für Sie sein«. Wenn es Zeit und Situation in der Apotheke zulassen, dann sollte man die Betroffenen zum Sprechen ermutigen und einfach zuhören: »Möchten Sie mir davon erzählen?«

Viele Eltern freuen sich darüber, wenn man von eigenen Erinnerungen an das Kind berichtet. Vielleicht gab es mit dem Kind ein Gespräch oder ein kleines Erlebnis in der Apotheke, von dem man erzählen kann.

Einfühlsam Rat geben

Manchmal kommt der Punkt, an dem PTA und Apotheker die Angehörigen daran erinnern müssen, dass Trauern auch krank machen kann. Oft stoßen die Eltern an ihre psychischen Grenzen und sind völlig erschöpft, wenn sie stundenlang geweint haben. Manche durchleben einen steten Wechsel aus hektischer Aktivität und starker Antriebslosigkeit. Soweit es die Situation zulässt, sollten PTA oder Apotheker auf die Eltern einwirken, dass sie sich um ihre eigene Gesundheit kümmern müssen.

Sollten sie im Gespräch den Eindruck gewinnen, dass die Betroffenen die Last nicht mehr alleine bewältigen können, müssen sie ihnen raten, Fachleute aufzusuchen: Psychologen, Psychiater oder Trauerbegleiter geben professionelle Tipps für eine solche Krise. Unter Umständen sind kurzfristig Sedativa oder Antidepressiva vonnöten. Ob pflanzliche Arzneimittel ausreichen, sollte der Arzt entscheiden. So können zum Beispiel Schlafmittel aus Extrakten von Hopfen, Melisse und Baldrian oder Präparate mit Johanniskrautextrakt helfen. Nachweislich wirkt Johanniskraut bei leichten Depressionen, das bestätigt auch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWIG). Ebenfalls antidepressiv wirkt Sport. Regelmäßiges Training fördert außerdem das Ein- und Durchzuschlafen. Vielleicht lassen sich die Eltern überzeugen, ihr »altes« Sportprogamm wieder aufzunehmen oder sogar eine neue Sportart zu erlernen.

Wenn Eltern darüber klagen, ständig müde, deprimiert, wütend, den Tränen nahe zu sein oder sich schlecht konzentrieren zu können, ist möglicherweise der Hinweis ein kleiner Trost: Trauerarbeit braucht Zeit, und niemand sollte zu früh zu viel von sich selbst erwarten.

E-Mail-Adresse der Verfasserin:
tschweig(at)online.de