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Osteoporose

Teriparatid und Calcitonin

26.11.2009  20:56 Uhr

Osteoporose

Teriparatid und Calcitonin

von Birgit Carl und Anna Laven

Zwei bedeutende Hormone für den Knochenaufbau sind Parathormon und Calcitonin. Beide regulieren den Calcium- und Phosphathaushalt. In der Osteoporose-Therapie hat sich seit Jahren ein Analogon des Parathormons bewährt. Ebenfalls zugelassen zur Therapie der postmenopausalen Osteoporose ist synthetisches Calcitonin vom Lachs.

Parathormon (PTH) wird in den Nebenschilddrüsen gebildet. Es sorgt für möglichst konstante Calcium- und Phosphatkonzentrationen im Blut. Sinkt der Calciumspiegel ab, führt dies zu einer Ausschüttung von Parathormon. In der Niere sorgt das Hormon für eine starke Rückresorption von Calcium und Magnesium und fördert gleichzeitig die Ausscheidung von Phosphat. Außerdem regt es die Synthese von Calcitriol an, der Wirkform des Vitamin D3. Steigt der Vitamin-D-Spiegel, wird auch im Darm mehr Calcium aufgenommen, und der Calciumeinbau in die Knochen gefördert. 

 

Parathormon beeinflusst zudem direkt sowohl die Osteoblasten (knochenaufbauende Zellen) als auch die Osteoklasten (knochenabbauende Zellen). Unter normalen physiologischen Bedingungen halten sich Knochenabbau und -aufbau im Gleichgewicht. Parathormon kann sowohl die Bildung der Osteoblasten als auch die Sekretion von Knochen aufbauenden Wachstumsfaktoren anregen. Andererseits kann PTH auch Knochen zerstören, indem es die Osteoklasten zur Bildung von Interleukin-6 stimuliert, wodurch sie sich stärker vermehren. 

 

Analoga des Parathormons 

Seit Ende 2003 wurde Teriparatid (Forsteo®), ein gentechnisch hergestelltes Fragment des Parathormons, zur Behandlung der manifesten Osteoporose bei postmenopausalen Frauen nach der Menopause zugelassen. Im Juni 2007 wurde die Zulassung um eine neue Indikation erweitert: die Behandlung von Männern mit hohem Frakturrisiko. Im Unterschied zum natürlichen Parathormon mit einer Länge von 84 Aminosäuren besteht das Fragment Teriparatid aus nur 34 Aminosäuren, was für die pharmakologische Wirksamkeit ausreicht. Ein weiteres gentechnologisch gewonnenes, jedoch mit dem natürlichen Parathormon identisches Therapeutikum steht als Preotact® Injektion (= Parathyroidhormon) seit Ende August 2006 für Patientinnen mit hohem Frakturrisiko aufgrund einer Osteoporose zur Verfügung. 

 

Richtig anwenden

Damit die Parathormon-Analoga wie gewünscht knochenaufbauend wirken, müssen sie intermittierend in geringen Dosen appliziert werden. Die Dosis von Teriparatid beträgt 20 mg pro Tag. Die Patienten spritzen diese einmal täglich mit einem Injektor in das subcutane Fettgewebe der Bauchdecke oder des Oberschenkels. Hierzu ist es wichtig, dass der Patient weiß, wie er den Injektor korrekt benutzt. PTA oder Apotheker sollten die Handhabung und die Injektionstechnik bei Abgabe des Arzneimittels mit dem Patienten ausführlich besprechen. 

 

Der Injektor ähnelt einem Insulin-fertigpen. Er enthält 28 Dosen à 20 mg. Anders als bei Insulinen üblich muss der Injektor immer bei +2 bis +8°C im Kühlschrank gelagert werden. Die Lösung darf jedoch niemals gefrieren, da das Teriparatid sonst unwirksam wird. Die Patienten müssen eine einmal benutzte Nadel sofort entfernen und vor jeder Injektion eine neue Nadel aufschrauben. 

 

Während der Therapie mit Teriparatid ist es wichtig, dass die Patienten ausreichend mit Calcium und Vitamin D versorgt sind, gegebenenfalls ist eine Substitution erforderlich. Nach Beendigung der Therapie kann mit Aminobisphosphonaten weiterbehandelt werden.

 

Die Nebenwirkungen von Teriparatid sind gering. Bei jedem zehnten Patienten traten Gliederschmerzen auf. 1 Prozent klagte über Kopfschmerzen, Schwindel und Übelkeit oder Blutdruckabfall, der bis zu vier Stunden nach der Injektion auftrat. 

 

Im Unterschied zu Teriparatid müssen die Patienten bei Preotact® Injektion die Injektionslösung aus Pulver und Lösungsmittel selbst herstellen. Die Dosis beträgt 100mg pro Tag. Die gebrauchsfertige Lösung ist 28 Tage lang bei Lagerung im Kühlschrank stabil, kann aber während dieser Zeit bis zu sieben Tage bei Raumtemperatur aufbewahrt werden. 

 

Zusätzlich zu Übelkeit, Kopfschmerz und Schwindel traten bei Parathyroidhormon in den Studien als unerwünschte Wirkungen bei 39 Prozent der Probanden eine Hypercalcurie und bei 25 Prozent eine Hypercalcämie auf. 

 

In Langzeitstudien an Ratten wurden bei beiden Substanzen dosisabhängig vermehrt maligne Knochentumore (Osteosarkome) beobachtet. Daher ist die maximale Therapiedauer bei Teriparatid auf 18 Monate, bei Parathyroidhormon auf 24 Monate beschränkt. In wie weit diese Befunde für den Menschen relevant sind, ist derzeit unklar.

 

Ärzte verordnen die Parathormon-Analoga nur zurückhaltend, da sie relativ teuer sind: Im Vergleich zu den Bisphosphonaten sind die Therapiekosten bis zu 35-fach höher, und die Rate an Hüftfrakturen unter der Therapie wird nicht signifikant erniedrigt. In Bezug auf die Wirbelkörperfrakturen gibt der Dachverband Osteologie e.V. (DVO) in seinen Leitlinien 2009 dieser Substanzgruppe den höchsten Bewertungsgrad A. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat im Jahr 2006 Empfehlungen zur wirtschaftlichen Verordnungsweise von PTH-Analoga erarbeitet. Er empfiehlt den Einsatz nur in begründeten Ausnahmefällen. Hierzu gehören zum Beispiel Patienten mit manifester Osteoporose und mindestens zwei Wirbelkörperfrakturen in den letzten 18 Monaten oder Patienten, die mindestens ein Jahr lang auf eine andere Therapie nicht ausreichend ansprachen. Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) ist das oberste Beschlussgremium der Selbstverwaltung der Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Krankenhäuser und Krankenkassen in Deutschland. Er legt in Form von Richtlinien fest, welche Leistungen der medizinischen Versorgung von der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) erstattet werden.

 

Calcitonin in der Osteoporosetherapie

Gegenspieler des Parathormons im Körper ist das Calcitonin, ein Peptidhormon aus 32 Aminosäuren. Es wird in den C-Zellen gebildet. Dieser Zelltyp kommt in der Schilddrüse, in den Nebenschilddrüsen und im Pankreas vor.

 

Calcitonin hemmt direkt die Osteoklastenaktivität und schützt so den Knochen vor dem Abbau. Ist der Calciumspiegel im Körper erhöht, wird Calcitonin freigesetzt und sorgt dafür, dass Calcium in das Skelett eingebaut wird. Die Calcitoninsekretion wird auch durch gastrointestinale Hormone wie Gastrin stimuliert, um sicherzustellen, dass das durch die Nahrung zugeführte Calcium sofort in den Knochen eingebaut wird. Weil Calcitonin den Anstieg der Calciumkonzentration im Blut verhindert, fällt der Parathormonspiegel nicht ab, und die Nieren scheiden das gerade zugeführte Calcium nicht sofort wieder aus. Diesen Mechanismus bezeichnen Fachleute auch häufig als »Calcium konservierende Wirkung des Calcitonins«.

 

Als Injektion und Nasenspray

Als Therapeutikum wird vor allem synthetisches Lachs-Calcitonin eingesetzt, da es länger anhaltend und stärker als humanes Calcitonin wirkt (wie Karil®). Wegen seiner Polypeptidstruktur muss Calcitonin injiziert oder intranasal angewendet werden. Als Injektion werden 50 bis 100 I.E. pro Tag vier bis acht Wochen lang in Form einer Intervalltherapie angewendet. Als Nasenspray sprühen die Patientinnen pro Nasenloch jeweils einen Sprühstoß mit 100 I.E. Calcitonin (= 200 I.E. pro Tag). Die Gabe erfolgt an fünf von sieben Wochentagen, das heißt, die Patientin pausiert zum Beispiel am Wochenende. 

 

Als Injektionslösung ist Calcitonin für die Akut- und die Intervalltherapie der gesicherten postmenopausalen Osteoporose zugelassen. Die Injektionslösung kann auch eingesetzt werden zur Prävention eines akuten Verlustes an Knochenmasse. Ferner wird sie angewendet, wenn sich die Osteoporose-Patientinnen plötzlich nicht mehr bewegen können, zum Beispiel nach einem Knochenbruch. Das Nasenspray wird zur Behandlung beziehungsweise zur Prävention bei Frauen nach der Menopause eingesetzt. 

 

Parenteral appliziertes Calcitonin wirkt bei akuten Frakturen analgetisch, zum Beispiel bei Schmerzen durch Wirbelkörpereinbrüche. Die Wirkung ist mit der anderer Analgetika vergleichbar. Daher setzen Ärzte Calcitonin gerne bei Patientinnen mit Knochenschmerzen ein. Aufgrund der höheren Kosten und der höheren Nebenwirkungsrate empfiehlt der Dachverband Osteologie e.V. (DVO) den Einsatz von Calcitonin als Schmerztherapeutikum nicht. Für die nasale Applikation sei ein analgetischer Effekt bislang nicht belegt, so die DVO. Calcitonin gehört laut Leitlinien 2009 der DVO auch nicht zu den Therapeutika der ersten Wahl. 

 

Die Ampullen muss die Patientin vor Licht geschützt bei +2 bis +8°C lagern. Aus mikrobiologischer Sicht sollte das Präparat sofort injiziert werden, sobald es Raumtemperatur erreicht hat. Auch das Nasenspray ist im Kühlschrank bei denselben Temperaturen wie die Injektionslösung aufzubewahren. PTA oder Apotheker könnten den Patientinnen folgenden Hinweis geben: »Legen Sie Ihr Calcitonin im Umkarton in das Gemüsefach Ihres Kühlschranks. So ist es vor Licht geschützt und bei der richtigen Temperatur gelagert.«

 

Die Injektionslösung kann subcutan, intramuskulär oder nach Verdünnung beispielsweise mit isotonischer Kochsalzlösung intravenös verabreicht werden. Die intravenöse Anwendung führt häufiger zu Hitzegefühl (Flush), Übelkeit, Erbrechen und Durchfall als die anderen Injektionsarten oder die nasale Applikation.

 

Hinweise in der Apotheke

Damit die Patientin das Spray richtig anwendet und der Arzneistoff optimal wirkt, können PTA oder Apotheker alle Schritte der richtigen Applikation mit ihr besprechen. Vor der allerersten Anwendung des Nasensprays soll die Patientin drei Sprühstöße in die Luft abgeben und dann erst je einen Sprühstoß pro Nasenloch anwenden. Hat sie das Spray länger als 14 Tage nicht verwendet, soll sie zunächst zwei Sprühstöße in die Luft abgeben. So wird gewährleistet, dass die Dosierung korrekt erfolgt.

 

Vor jedem Sprühen sollte sie die Applikationseinheit des Sprays soweit wie möglich in die Nase einführen, um zu verhindern, dass die vorderen Nasenhaare Teile des Sprays abfangen. Beim Sprühen muss die Patientin das Spray senkrecht halten und nach der Anwendung die Schutzkappe gleich wieder aufsetzen.

 

Da Calcitonin ein Polypeptid ist, kommt es in sehr seltenen Fällen sowohl bei der Injektionslösung als auch beim Nasenspray zu systemischen allergischen Reaktionen. So kam es in Einzelfällen zu einem anaphylaktischen Schock. Als unerwünschte Arzneimittelwirkung des Sprays können lokale Reaktionen an der Nasenschleimhaut wie Rhinitis auftreten. Diese Nebenwirkung verschwindet ohne weitere Maßnahmen meist nach einiger Zeit. Hier können PTA oder Apotheker mit dem entsprechenden Hinweis für eine bessere Compliance sorgen.

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