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AMNOG

Apotheken werden erheblich belastet

19.11.2010  18:12 Uhr

AMNOG

Apotheken werden erheblich belastet

Von Daniel Rücker / Am 11. und 12. November hat der Bundestag die beiden Spargesetze für das Gesundheitswesen verabschiedet. Vor allem das Arzneimittelmarkt-Neuordnungsgesetz (AMNOG) enthält Grausamkeiten für Apothekenleiter und ihr gesamtes Team.

Bis zuletzt hatte sich die ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände dafür eingesetzt, die mit dem AMNOG verbundenen Belastungen für die Apotheker zu verkleinern. Der Erfolg hielt sich jedoch in Grenzen. Die Bundesregierung hat ihren Plan, von den Apotheken 200 Millionen Euro zu kassieren, damit kompromisslos durchgesetzt. Deshalb müssen die ­Apotheken ab 2011 den Krankenkassen statt 1,75 Euro pro Arzneimittelpackung 2,05 Euro als Rabatt gewähren.

Da mit dem AMNOG auch die Honorierung des Großhandels sinkt, drohen den Apo­theken zusätzliche Verluste, wegen schlech­terer Einkaufskonditionen. Im kommenden Jahr müssen die Großhandlungen den Krankenkassen 0,85 Prozent Rabatt auf Arzneimittel gewähren. Das summiert sich insgesamt auf ebenfalls 200 Millionen Euro. Im Jahr 2012 wird dann die Vergütung des Großhandels komplett umgestellt. In Zukunft erhalten die Zwischenhändler für ihre Dienstleistung 3,15 Prozent vom Arzneimittelpreis plus 70 Cent pro Packung.

Deutlicher Protest

Apothekenleiter und -mitarbeiter sind mit dem Ergebnis der Gesetzgebung extrem unzufrieden. ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf stellte nach der Abstimmung im Bundestag fest: »Diese Regierung wollte die Versorgung weiterentwickeln und verbessern. Das Ergebnis ist das genaue Gegenteil: Mit diesem Angriff auf die Apotheken wird ein Stützpfeiler der flächendeckenden Gesundheitsversorgung zertrümmert. Ohne Sinn und Verstand für den Nutzen und die Chancen einer hervorragenden Arzneimittelversorgung durch unabhängige Apotheken setzen CDU, CSU und FDP nun den Raubbau an Apotheken und Patienten fort.« Und mit Blick auf die im GKV-Finanzierungsgesetz festgelegte Erhöhung der Arzthonorare ergänzte Wolf: »Die Regierung schüttet über andere Leistungserbringer das Füllhorn aus. Apotheker und Patienten zahlen die Zeche. Deshalb werden wir Apotheker uns auch in Zukunft gegen diese verantwortungslose und unfaire Politik zur Wehr setzen.« Der Raubbau an den Apotheken und ihren Mitarbeitern werde zum Gesetz.

Der ABDA-Präsident ärgert sich aber nicht nur über die finanziellen Einschnitte, sondern auch darüber, dass die Bundesregierung das von ihr selbst angekündigte Verbot der Arzneimittelabholstellen am Ende doch nicht umgesetzt hat. Keine befriedigende Lösung gab es auch beim Rabatt, den die Hersteller den Krankenkassen gewähren müssen. Diesen sollen nun die Apotheken eintreiben und an die Kassen weiterleiten. Geht ein Pharmaunternehmen pleite und kann seinen Rabatt nicht bezahlen, dann müssen die Apotheken sogar dafür haften. Ein untragbarer Zustand.

Auch die Angestellten in den Apotheken kritisieren das AMNOG seit Monaten. Auf dem Deutschen Apothekertag Anfang Oktober in München hatte die Vorsitzende der Apothekengewerkschaft Adexa, Barbara Neusetzer, deutlich gemacht, dass die finanziellen Einschnitte durch das Gesetz Arbeitsplätze in den Apotheken gefährden könnten. Wenige Tage vor der Abstimmung im Bundestag hatte der Adexa-Vorstand in einem offenen Brief an die Mitglieder des Bundestags-Gesundheitsausschusses davor gewarnt, das AMNOG in der vorliegenden Form zu verabschieden (siehe auch: Resolution von Adexa). Ansonsten seien die flächendeckende Arzneimittelversorgung durch Apotheken und die Beratung der Patienten in Gefahr.

Keine normalen Einzelhändler

Adexa hält auch nicht viel davon, wie die Bundesregierung in Zukunft die Anpassung des Apothekenrabatts an die Krankenkassen vornehmen will. Dieser wird im AMNOG für zwei Jahre auf 2,05 Euro pro Packung festgelegt. Ab 2013 soll er wieder verhandelt werden. Dafür will die Bundesregierung eine repräsentative Stichprobe von Apotheken zusammenstellen, deren Kennzahlen analysieren und daraus ableiten, ob Apotheken finanziell angemessen ausgestattet sind. Auf diesem Weg entstehe eine »gläserne Apotheke«, die dem Prinzip der freien Berufe grundlegend widerspreche, schrieb der Adexa-Vorstand an den Gesundheitsausschuss. Apotheken könnten nicht wie normale Einzelhändler beurteilt werden.

Vom AMNOG sind natürlich nicht nur die Apotheken betroffen. Auch der Pharmaindustrie drohen Einschnitte. Sie darf in Zukunft die Preise für neue Arzneimittel nicht mehr nach eigenem Ermessen festlegen, sondern muss unmittelbar nach der Markteinführung den Zusatznutzen ihrer Innovationen belegen. Anschließend verhandeln die Unternehmen dann mit dem Spitzenverband Bund der Gesetzlichen Krankenversicherung über den Preis. Die Bundesregierung verspricht sich davon erhebliche Einsparungen. Ob die Hoffnung begründet ist, muss die Zukunft zeigen.

Das AMNOG muss jetzt noch den Bundesrat passieren. Allerdings ist es unerheblich, ob die Länderkammer zustimmt. Am 1. Januar 2011 tritt das Gesetz in Kraft. /

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ruecker(at)govi.de