Bewährte Mittel gegen Halsschmerzen |
19.11.2010 18:32 Uhr |
Bewährte Mittel gegen Halsschmerzen
Von Andrea Gerdemann / Halsschmerzen sind häufig Vorboten einer Erkältung. Besonders in der nasskalten Jahreszeit fragen viele Patienten in der Apotheke nach einem Arzneimittel gegen ihre Beschwerden. In der Regel sind die Schmerzen im Hals zwar unangenehm aber harmlos und klingen innerhalb weniger Tage wieder ab.
In den meisten Fällen lösen Viren Halsschmerzen aus, am häufigsten Rhino- und Coronaviren. Oft beginnen die Beschwerden mit einem leichten Kratzen oder Trockenheitsgefühl im Hals. Dann rötet sich klassischerweise der Hals-Rachen-Raum, und die Schleimhäute schwellen an. Schluckbeschwerden, Heiserkeit sowie Schmerzen beim Sprechen sind die Folgen. Später kommen bei den meisten Patienten grippeähnliche Symptome hinzu, beispielsweise Niesreiz, Kopfschmerzen, Husten, erhöhte Temperatur oder sogar Fieber. Unbehandelt dauern Halsschmerzen etwa 3,5 bis 5 Tage, nach 7 Tagen sind sie bei 9 von 10 Patienten abgeklungen. Die häufigsten Ursachen von Halsschmerzen fasst der Kasten 1 zusammen.
Foto: Klosterfrau Gesundheitsservice
Im Beratungsgespräch müssen PTA oder Apotheker entscheiden, ob sie dem Patienten zur Selbstmedikation raten dürfen. Hierzu müssen sie ihm weitere Informationen bezüglich des Beschwerdebildes »entlocken«. Hilfreich können dabei die Fragen im Kasten 2 sein.
Wann zum Arztbesuch raten
Erkennen PTA oder Apotheker aus den Antworten des Patienten, dass die Grenze der Selbstmedikation erreicht ist, sollten sie dies klar kommunizieren. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn die Halsschmerzen länger als 7 Tage dauern, der Patient über Fieber (> 39 °C), besonders heftige oder ausschließliche Schluckbeschwerden sowie Luftnot klagt. Auch bei eitrigem Auswurf, weißen, stippchenartigen Belägen auf den Rachenmandeln, das heißt bei Verdacht auf eine bakterielle Tonsillitis (»Angina« ohne Husten und Schnupfen), bei geschwollenen Lymphknoten (»dicker Hals«), die auf Druck schmerzen, muss der Patient zuerst einen Arzt aufsuchen. Dasselbe gilt für Schwangere, Stillende und Kinder unter sieben Jahren.
Richtige Arzneiform wählen
Im Rahmen der Selbstmedikation sollen Patienten Halsschmerzmedikamente grundsätzlich nur etwa drei Tage und in der vorgeschriebenen Dosierung anwenden. Bessern sich die Schmerzen während dieser Zeit nicht oder treten sie nach Absetzen des Arzneimittels wieder auf, ist ein Arztbesuch unumgänglich.
Über den Erfolg der Behandlung entscheidet auch die Wahl der geeigneten Arzneiform. Zur Verfügung stehen Sprays, Gurgellösungen, Lutschtabletten beziehungsweise Pastillen und Tropfen. Bei Entzündungen oder Schmerzen im vorderen Rachenraum eignen sich eher Gurgellösungen, bei tiefer sitzenden Halsschmerzen besser Lutschtabletten und Rachensprays.
Ein wichtiger Tipp für die Patienten: Sie sollten stets möglichst viel trinken und Pastillen oder Bonbons lutschen, damit die Schleimhäute ausreichend befeuchtet werden. Halstabletten sollen sie sehr langsam in der Backentasche zergehen lassen beziehungsweise lutschen, auf keinen Fall zerbeißen oder kauen.
Die Auswahl an Arzneistoffen gegen Halsschmerzen ist groß. PTA oder Apotheker sollten am besten nur für diese Indikation zugelassene Präparate möglichst mit einem einzigen Wirkstoff empfehlen.
Bei Lutschtabletten sind die zum Teil hohen Zuckergehalte zu beachten. So können PTA oder Apotheker Diabetikern zuckerfreie Darreichungsformen empfehlen, zum Beispiel mit Sorbitol, Mannitol oder auch Saccharin-Natrium.
Schmerzen stillen
Gebräuchliche Lokalanästhetika in Hals- und Rachenpräparaten sind Lidocain, Benzocain und Ambroxol. Ambroxol wirkt sowohl schleimlösend als auch lokalanästhetisch und ist zur Schmerzlinderung bei akuten Halsschmerzen für Erwachsene und Jugendliche ab 12 Jahren zugelassen. Die Tageshöchstdosis beträgt sechs Lutschtabletten mit jeweils 20 mg Ambroxol-HCl, die Anwendungsdauer ist auf drei Tage begrenzt. Lokalanästhetika können vorübergehend die Geschmackswahrnehmung beeinträchtigen. Das ebenfalls reversible Taubheitsgefühl der Zunge ist auch als unerwünschte Arzneimittelwirkung beschrieben. Selten kommt es zu allergischen Reaktionen.
Zur lokalen Behandlung von Schmerzen und Entzündungen der Rachenschleimhaut können PTA oder Apotheker Erwachsenen und Jugendlichen ab 12 Jahren das NSAR Flurbiprofen empfehlen. Die Patienten sollen alle drei bis sechs Stunden eine Lutschtablette mit 8,75 mg Flurbiprofen langsam im Mund zergehen lassen. Die Tageshöchstdosis beträgt fünf Lutschtabletten, die Anwendung in der Selbstmedikation ist auf drei Tage beschränkt. Als unerwünschte Wirkungen treten bei Flurbiprofen sehr häufig ein Wärmegefühl oder Brennen im Mund auf, häufig ein kribbelndes Gefühl im Mund, Ulzerationen der Mundschleimhaut, Mundtrockenheit sowie Bauchschmerzen, Übelkeit, Diarrhö, Kopfschmerzen und Schwindel, selten Dyspepsie, Erbrechen und Blähungen.
Analgetika richtig dosieren
Bei besonders starken Schmerzen können Patienten die Analgetika Ibuprofen und Paracetamol einnehmen. Auch Acetylsalicylsäure lindert Schmerzen, hierbei müssen PTA oder Apotheker allerdings beachten, dass Kinder unter 15 Jahren wegen der Gefahr des sehr seltenen Reye-Syndroms kein ASS einnehmen dürfen. Zur Dosierung siehe Tabelle.
Wirkstoff | Geeignet für | Einzeldosis (in mg) | Tagesgesamt- dosis (in mg) |
---|---|---|---|
Ibuprofen | Erwachsene und Jugendliche über 12 Jahren | 200-400 | 1200 |
Kinder von 6 bis 12 Jahren zwischen 20 und 29 kg | 200 | 600 | |
...zwischen 30 bis 39 kg | 200 | 800 | |
Paracetamol | Erwachsene und Kinder über 12 Jahren | 500-1000 | 4000 |
Kinder von 11 bis 12 Jahren | 500 | ||
Kinder von 6 bis 11 Jahren | 250 | ||
...zwischen 21 und 25 kg | 1250 | ||
...zwischen 26 bis 31 kg | 1500 | ||
...zwischen 32 bis 43 kg | 2000 |
Antibiotika in Lutschtabletten oder Sprays sind bei den meist viral bedingten Racheninfektionen unwirksam. Sind die Beschwerden tatsächlich durch Bakterien bedingt, muss ein Arzt die Diagnose stellen und die Infektion gegebenenfalls mit einem oralen Antibiotikum behandeln. Die lokale Wirkung eines Antibiotikums reicht zur Therapie in der Regel nicht aus.
Aufgrund der Vielzahl der antimikrobiell wirksamen Substanzen, die für die Behandlung von Halsschmerzen zur Verfügung stehen, sollte sich das Apothekenteam absprechen, welche Präparate es den Patienten empfehlen möchte. Lutschtabletten, Lösungen oder Rachensprays enthalten am häufigsten quartäre Ammoniumverbindungen wie Benzalkoniumchlorid, Cetylpyridiniumchlorid und Dequaliniumchlorid. In seltenen Fällen bewirken sie Allergisierungen. Für den lokalen Einsatz sowohl von Antibiotika als auch von Antiseptika bei Halsschmerzen fehlen Nachweise des Nutzens durch randomisierte kontrollierte Studien.
Schleimhaut anhaltend befeuchten
Seit September 2009 sind auf dem deutschen Markt Lutschtabletten mit Hyaluronsäure gegen Halsschmerzen verfügbar. Das Medizinprodukt wirkt über die Bildung eines Hydrogel-Komplexes, der sich auf die Schleimhaut legt und dort anhaftet (mucilaginöse Wirkung). Das Hydrogel entsteht beim Lutschen der Tabletten durch den vermehrten Speichel und besteht neben der Hyaluronsäure aus den Gelbildnern Carbomer und Xanthan. Vorteilhaft soll hierbei sein, dass die Schleimhäute nicht nur vorübergehend, sondern lang anhaltend befeuchtet werden. Somit baut sich ein Schutz vor weiteren Reizungen auf. Die Halstabletten können Kinder ab 6 Jahren und Erwachsene mehrmals täglich alle 2 bis 3 Stunden lutschen, allerdings nicht mehr als sechs Tabletten am Tag.
Pflanzenkraft nutzen
Auch bei den Phytopharmaka ist die Auswahl der Präparate gegen Halsschmerzen groß. Beliebt sind Tees aus Kamillenblüten, Salbeiblättern und Isländischem Moos. Alle drei Arzneipflanzen wirken antientzündlich, Salbei zusätzlich antiseptisch und adstringierend, Isländisches Moos zusätzlich mucilaginös (schleimhautauskleidend). Patienten mit Halsschmerzen übergießen einen gehäuften Esslöffel Kamillenblüten (etwa 3 g Droge) mit circa 150 ml heißem Wasser, lassen den Aufguss zugedeckt 5 bis 10 Minuten ziehen und filtrieren durch ein Teesieb. Mit dieser Lösung können sie mehrmals täglich den Mund spülen und gurgeln. Diese Lösung lässt sich auch aus fertigen Teebeuteln oder alkoholisch-wässrigen Extraktlösungen bereiten.
Zur Herstellung der Gurgel- oder Spüllösung aus Salbeiblättern wird ein Teelöffel (circa 3 g Droge) mit etwa 150 ml heißem Wasser übergossen, zugedeckt 10 Minuten ziehen gelassen und durch ein Teesieb filtriert. Mit dem noch warmen Aufguss sollen die Patienten mehrmals täglich gurgeln oder den Mund spülen. Auch bei Salbei sind Teebeutel sowie fertige Lösungen zum Gurgeln im Handel sowie Salbeibonbons, die regelmäßig über den Tag verteilt gelutscht werden können. Isländisches Moos steht als Pastillen mit Drogenextrakt zur Verfügung, von denen Menschen mit Halsschmerzen mehrmals täglich 1 bis 2 Pastillen lutschen sollten.
Heisere Patienten sollten ihre Stimme möglichst schonen. Viele versuchen, sich mit Flüstern verständlich zu machen. Das ist falsch, denn Flüstern verstärkt eher die Beschwerden. Am besten sprechen Heisere leise und wenig.
An Hausmittel denken
Manche Hausmittel haben sich seit langem im Alltag bewährt, obwohl wissenschaftliche Untersuchungen zu ihrer Wirksamkeit fehlen. Gegen Halsschmerzen helfen zum Beispiel die folgenden Maßnahmen:
Der Patient muss selbst entscheiden, ob Tee oder Gurgellösung warm oder eher kalt sein sollten. Nur er merkt, welche Temperatur für seine gereizte Kehle am angenehmsten ist. Spezielle »Halswohltees« enthalten Salbei, Fenchel, Anis, Kamille, Süßholz, Ingwer, Eibisch oder Königskerze – einzeln oder gemischt.
Besonders einfach zu handhaben sind fertige Halswickel aus dem Handel.
Foto: Retterspitz
Eine »heiße Zitrone« ist schnell bereitet: Den Saft einer ausgepressten Zitrone in eine große Tasse geben und mit frisch aufgekochtem Wasser auffüllen, wer es mag mit einem Teelöffel (Fenchel-)Honig süßen.
Die Herstellung eines Halswickels ist etwas zeitaufwendiger: Ein Baumwolltuch wird mit lauwarmem Wasser getränkt, ausgewrungen und um den Hals gelegt. Darüber wickelt man ein trockenes Tuch oder einen Wollschal. Dieser Wickel soll etwa 30 bis 45 Minuten lang wirken.
Im Handel gibt es speziell gefertigte Halswickel, die sich mittels Klettbändern leicht fixieren lassen und faltenlos auf der Haut anliegen. Das innere Leintuch kann man beispielsweise mit einer Mischung aus 25 ml frischem, kaltem Leitungswasser und 25 ml Retterspitz äußerlich tränken und gut durchfeuchtet um den Hals schlingen. Darüber wird dann das trockene Moltontuch angelegt. Diesen Wickel soll der Patient mindestens eineinhalb Stunden tragen. /
Coronaviren lösten bereits 2002 eine Pandemie aus: SARS. Ende 2019 ist in der ostchinesischen Millionenstadt Wuhan eine weitere Variante aufgetreten: SARS-CoV-2, der Auslöser der neuen Lungenerkrankung Covid-19. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronaviren.