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Was ich noch erzählen wollte ...

Nicht ohne Kaffee

19.11.2010  18:21 Uhr

Was ich noch erzählen wollte...

Nicht ohne Kaffee

Von Annette Behr / Kaffeeliebhaber freuen sich über jedes neue positive Forschungsergebnis. Nach ständigen negativen Schlagzeilen ist der Kaffee jetzt vielfach rehabilitiert. Das Heißgetränk Nummer 1 beugt nachweislich zahlreichen Erkrankungen vor und mindert depressive Stimmungen.

In den letzten Jahren häufen sich Studienaussagen über »gesundheitsfördernde« Wirkungen des Kaffees. So fanden amerikanische und kanadische Forscher heraus, dass sechs Tassen Kaffee täglich das Risiko, an Gicht zu erkranken, um fast 60 Prozent senken. Verantwortlich dafür sind vermutlich die enthaltenen Antioxidantien. Lange hielt sich hartnäckig die Meinung, Kaffee sei ein Flüssigkeitsräuber. Die Experten der Deutschen Gesellschaft für Ernährung haben aber schon lange herausgefunden, dass das nicht stimmt. Coffein entwässert den Körper nur für einige Stunden. Schon seit einiger Zeit habe ich mir angewöhnt, zu jeder Tasse Kaffee oder Espresso ein Glas Wasser zu trinken. Damit bin ich auf jeden Fall auf der sicheren Seite.

Wer mit einem leichten »Brummschädel« aufwacht, weiß die Kraft des Coffeins zu schätzen. Bei morgendlichen Kopfschmerzen wirkt eine einzige Tasse Kaffee häufig schon Wunder, und für antriebsschwache Morgenmuffel dürfen es auch ein, zwei Tassen mehr sein. Wer hingegen gestresst und abgenervt ist oder zu Schlafstörungen neigt, schränkt den Kaffeegenuss besser etwas ein. Auch Schwangere sollten nur sparsam Kaffee trinken und ihren Kaffeekonsum auf zwei Tassen täglich reduzieren. Ein guter Rat: Während der Schwangerschaft und Stillzeit besser auf entcoffeinierten Kaffee umsteigen.

Viele gute Seiten

Dass Coffein das Kurzzeitgedächtnis verbessert, wissen nicht nur Kaffeetrinker. Zu den Neuigkeiten zählt schon eher die Nachricht, Coffein beuge Alzheimer und Parkinson vor. Dies dürften viele leidenschaftliche Kaffeetrinker mit großer Freude gelesen haben. Auf ähnlich fruchtbaren Boden fiel bestimmt das Ergebnis: Kaffeeliebhaber leiden seltener an Herzerkrankungen als Teetrinker, so schottische Forscher. Mit diesen Erkenntnissen möchten die Wissenschaftler sicher keine Diskussion lostreten, ob nun Kaffee oder Tee das gesündere Getränk ist. Auch ich nicht. Doch können Kaffeetrinker jetzt mit einem ruhigeren Gewissen ihre Tassen genießen und müssen nicht zwanghaft versuchen, sich an grünen Tee zu gewöhnen, weil der mit vielen positiven Wirkungen für Schlagzeilen gesorgt hat.

Seit Jahren diskutieren Wissenschaftler darüber, ob das Coffein im Kaffee süchtig macht oder nicht. Erwiesen ist, dass die Substanz zwar die Aktivität mehrerer Gehirnzentren erhöht, die typischen Sucht­zentren sind aber nicht dabei. Trotzdem bekommt, wer an Kaffee gewöhnt ist, leicht Entzugserscheinungen, wenn ihm beispielsweise im Urlaub sein geliebtes Getränk fehlt. So erging es meiner Freundin, die sich wunderte, dass sie während ihrer herbeigesehnten Ferien so nervös und aufgekratzt war. Es dauerte einige Tage, bis sie die Ursache erkannte: Mit ihrer neuen Espressomaschine hatte sie zuhause über den Tag verteilt mehrere Tassen frisch bereitet und getrunken, die fehlten ihr jetzt. Also nutzte sie die Zeit, sich in der ungewohnten Umgebung, ohne Alltagshektik, mit anderen Genüssen zu verwöhnen. Die »Trink-Kur« mit Tees, Säften und Wasser wirkte noch zusätzlich entschlackend. Heute hält sie bewusst ihren Kaffeekonsum in Grenzen.

Trank aus Übersee

Wenn morgens die Kaffeemaschine blubbert, freuen sich die deutschen Kaffeeliebhaber. 150 Liter trinkt jeder Deutsche durchschnittlich pro Jahr. In den großen Häfen treffen jährlich 500 000 Tonnen Rohkaffee aus Übersee ein.

Der Duft von geröstetem und gemahlenem Kaffee steigt jedem Deutschen täglich mehrfach in die Nase, ob zuhause, im Büro oder in den zahlreichen Coffee-Shops. Das Getränk fehlt auf keiner Karte, weder in der Kneipe noch im Nobelrestaurant. So könnte der Eindruck entstehen, Kaffee wäre eine heimische Pflanze. Die meisten Kaffeesorten haben jedoch einen weiten Weg hinter sich. Sie stammen aus Brasilien, Vietnam, Kolumbien oder Äthiopien, der Urheimat der Kaffeepflanze. Die Kaffeepflanze liebt es heiß und feucht und wächst am besten in tropischem Klima. Die beiden wichtigsten der insgesamt vier Sorten heißen »Coffea arabica« und »Coffea canephora«. Die zwei bohnenähnlichen Kerne befinden sich in den reifen roten Früchten der Pflanze. Um 500 Gramm Kaffeebohnen zu erhalten, müssen 2,5 Kilogramm Kaffeekirschen, häufig noch von Hand, geerntet werden. Je nach Anbaugebiet und Röstung unterscheiden sich die Bohnen im Aroma. Jede Sorte schmeckt unverwechselbar.

Die gehaltvollen Bohnen entdeckten vermutlich Ziegen als erste. Der Legende nach labten sich die Vierbeiner an den kirschähnlichen Beeren. Bis tief in die Nacht hinein sprangen die Tiere übermütig herum. Erstaunt über die Hyperaktivität ihrer Herde probierten die Ziegenhirten neugierig selbst die Bohnen und erlebten deren nachhaltig anregende Wirkung. Die Bohnen zu trocknen und über dem Feuer zu rösten, sollen Mönche zum ersten Mal ausprobiert haben. Durch Vermischung mit Wasser entstand vermutlich der erste Kaffeetrunk. Im 11. Jahrhundert pflanzten die Araber an künstlich bewässerten Küstenhängen des Roten Meeres Kaffee an. So wurde die Stadt Mokka zur Namensgeberin des dickflüssigen und starken Kaffeegetränkes.

Anfang des 17. Jahrhunderts gelangte der Kaffee durch Pilger und Reisende nach Europa. Auf dem Markusplatz in Venedig entstand 1645 das erste Kaffeehaus. In Deutschland galt der Kaffee lange als Arzneimittel und wurde überwiegend in Apotheken verkauft. Um 1673 wurde in Bremen das erste Kaffeehaus Deutschlands eröffnet. Im 18. Jahrhundert verbreiteten dann die Kolonialmächte das Getränk in weitere Erdregionen. Bald war Kaffee als Pflanze und Getränk begehrt und avancierte zu einem wichtigen Exportgut.

Entscheidend ist der Geschmack

Der bekannte Spruch, Kaffee müsse »Heiß wie die Hölle, schwarz wie der Teufel, rein wie ein Engel und süß wie die Liebe« sein, soll von dem französischen Staatsmann Charles-Maurice Talleyrand-Périgord (1754 bis 1838) stammen. Bei Zubereitung und Geschmack scheiden sich bis heute die Geister! In Deutschland mögen die Menschen einen eher dünnflüssigen Kaffee, im Gegensatz zum dickflüssigen Mokka der arabischen Länder. Den Kaffeefilter aus Papier erfand die Leipziger Hausfrau Melitta Bentz im Jahr 1908. In der Mitte des 19. Jahrhunderts begann der Siegeszug der Kaffeemaschine. Leider gelangen durch den langen Brühprozess auch viele Bitterstoffe in den Kaffee. Espressomaschinen mahlen häufig die Bohnen kurz vor dem Aufguss und liefern einen aromatischen Kaffee.

Luxuskaffee aus der Schleichkatze

Für den teuersten Kaffee der Welt, den »Kopi Luwak« muss der Genießer stolze 1000 Euro pro Kilogramm bezahlen. Allerdings sollte er sich nicht vor dem Herstellungsprozess dieser Rarität nicht grausen. Der Kopi Luwak stammt aus den Ausscheidungen der indonesischen Wildkatze. Der wieselähnliche Baumbewohner hat eine große Schwäche für die besten, reifen und roten Kaffeekirschen. Dabei verdaut die Katze nur das Fruchtfleisch. Den Kern, also die Kaffeebohne, scheidet sie vollständig wieder aus. Zuvor wurden die Bohnen in ihrem Verdauungstrakt durch Enzyme und Magensäure quasi veredelt. Caramelartig und mild soll dieser Kaffee schmecken. Aufgrund der aufwendigen »Produktion« werden nur etwa 200 Kilogramm pro Jahr im Handel angeboten.

Mir schmeckt der Espresso allerdings noch immer am Besten bei seinen Erfindern, den Italienern. Serviert mit unvergleichlicher Gelassenheit sind dort sämtliche Kaffeespezialitäten ein Genuss. Ob Latte Macchiato oder der berühmte Cappuccino. Egal wo man den »Capucco« in Italien bestellt, die »Crema« ist stets vom Feinsten. Spanier dagegen machen nicht viel Aufhebens um den Kaffee. Allenfalls servieren sie einen »Café con leche« (mit Milch). Türken und Griechen trinken den Kaffee eher stärker, dem Mokka ähnlich. Andere Länder, andere Sitten heißt es zu recht auch beim Kaffeekonsum. In arabischen Ländern bevorzugen die Kaffeeliebhaber ihren Kaffee tief schwarz mit etwas Zucker. Die Sudanesen würzen ihn unter anderem mit Nelken.

Der gute, alte Kaffeeklatsch

Aus meiner Kindheit kenne ich ausschließlich Filterkaffee. Nach und nach hielten in den Großstädten die edleren italienischen Varianten Einzug in die Cafes und Restaurants: Espresso, Cappuccino und Latte Macchiato. In angloamerikanischen Kaffeehausketten kann die Kundschaft inzwischen aus schier unerschöpflichen Kombinationsmöglichkeiten wählen: Der Kunde kreiert dort sein eigenes Lieblingsgetränk mit exotischen Namen wie »Iced décaf, triple, grande hazelnutnonfat, no-whip mocha«. Doch beim Kaffee bin ich Puristin. Kaffee muss nicht nach Haselnüssen, Chili oder anderen Aromazusätzen schmecken. Dem Kaffee sollte man Zeit geben, damit er sein eigenes köstliches Aroma entwickelt und richtige Kaffeeliebhaber nehmen sich auch Zeit, um ihn zu genießen. Der schnelle Coffee-to-go kann nur eine Not-lösung für die ewig Eiligen sein. Prinzipiell hat jeder immer ausreichend Zeit »auf einen Kaffee« in aller Ruhe.

Meine Großeltern tranken Kaffee zum Frühstück und nachmittags zum Gespräch mit Freunden oder der Familie. Für mich waren die Kaffeezeiten am Nachmittag die schönsten des Tages. Die Schularbeiten hatte ich meist erledigt, wenn der würzig aromatische Kaffeeduft in der Luft lag. Dann versammelten sich Familie, Freunde und Bekannte um die Kaffeetafel zum Klatsch und Tratsch über Dies und Das. So liebe ich es auch heute noch. Kein kurzweiliges Gespräch ohne duftende Kaffeespezialität und kein Meeting ohne den stimulierenden Trank. Denn sicher ist: »Mit Kaffee und Humor kommt man dem Stress zuvor.« /

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