Kritik als Chance |
30.05.2018 11:36 Uhr |
Von Andreas Nagel / Nicht immer führen offensichtliche Gründe in der Apotheke zur Verärgerung oder zum Verlust von Kunden. Manchmal reichen unterschätzte Nebensächlichkeiten aus, um Kunden dauerhaft zu vergraulen. Ein Risiko, das sich senken lässt, wenn Sie auch auf scheinbar unwichtige Kleinigkeiten und Stolpersteine achten.
Nicht vorrätige Arzneimittel
Für viele Kunden ist es ärgerlich, wenn ein dringend benötigtes Arzneimittel nicht vorrätig ist. Prüfen Sie daher, ob Sie Ihre Lieferfähigkeit durch Veränderungen in Lagerhaltung und Bestellwesen verbessern können. Bei nicht vorrätigen Medikamenten ist die schnelle und zuverlässige Lieferung durch den Botendienst natürlich besonders wichtig. Es kommt bei Kunden immer gut an, wenn die Apotheke einen zeitnahen Termin für die Lieferung des Medikaments nennen kann. Selbstverständlich muss der vereinbarte Zeitpunkt dann auch unbedingt eingehalten werden. Verspätete oder ausbleibende Lieferungen verärgern den wartenden Kunden zusätzlich.
Foto: Shutterstock/Iakov Filimonov
Unübersichtliche Offizin
Eine vollgestellte und überfrachtete Offizin macht auf die meisten Kunden keinen guten Eindruck. Kunden müssen problemlos zum HV-Tisch gelangen können – auch wenn sie mit einem Rollator, einem Rollstuhl oder einem Kinderwagen in die Apotheke kommen. Betrachten Sie den Weg von der Eingangstür bis zum HV-Tisch einmal mit den Augen eines alten und möglicherweise behinderten Menschen. Stehen Hindernisse oder Aufsteller im Weg, die leicht umgestoßen werden können? Ist der Fußbodenbelag auch bei Regenwetter rutschsicher? Besteht ausreichend Bewegungsfreiheit zwischen den Regalen? Kann der Kunde am HV-Tisch eine Tasche abstellen oder einen Gehstock anlehnen? Gibt es eine Sitzgelegenheit? Reicht die Beleuchtung am HV-Tisch aus, damit auch Kunden mit geringer Sehkraft alles erkennen können? Sind Preisschilder und Beschriftungen groß genug und gut lesbar?
Fehlende Barrierefreiheit
Ältere und behinderte Kunden ärgern sich, wenn die Apotheke keinen barrierefreien Zugang hat oder die Eingangstür nicht automatisch öffnet. Wenn Stufen unvermeidbar sind, sollte es ein Klingelknopf am unteren Ende der Stufen auch gehbehinderten Menschen ermöglichen, sich bemerkbar zu machen. Bei Bedarf kann ein Mitarbeiter diesen Kunden beim Betreten der Apotheke behilflich sein oder das Rezept entgegennehmen und die Medikamente nach draußen bringen.
Unfreundliche Mitarbeiter
Unfreundlichkeit und Gleichgültigkeit von Mitarbeitern sind wiederkehrende Kritikpunkte von Kunden. Versetzen Sie sich in die Situation des Kunden mit seinen körperlichen Beschwerden und Ängsten. Aufmerksames Zuhören mit Blickkontakt, eine mitfühlende oder beruhigende Bemerkung, ein paar aufmunternde Worte oder ein optimistisches Lächeln vermitteln dem Kunden trotz seiner Beschwerden ein positives Gefühl.
Umgangston der Mitarbeiter
Im Apothekenalltag gibt es immer wieder einmal Anlass für ein Kritikgespräch zwischen Kollegen. Diese Gespräche sollten aber keinesfalls in Gegenwart von Kunden stattfinden, denn sie zeigen entweder, dass in der Apotheke nicht alles optimal läuft oder dass das Betriebsklima zwischen den Mitarbeitern nicht besonders gut ist. Viele Kunden empfinden es als äußerst unangenehm, wenn sie ungewollt Zeuge derartiger Gespräche werden. Wenn es sich zudem nicht um eine berechtigte Kritik, sondern um eine stressbedingte Überreaktion handelt, so wirkt die Situation auf Kunden besonders negativ, weil hier eine Mitarbeiterin ihre gereizte Stimmung an einer Kollegin auslässt.
Ungepflegtes Erscheinungsbild
Das optische Erscheinungsbild der Apotheke und der Mitarbeiter wird von vielen Kunden ebenfalls nachhaltig wahrgenommen. Verschmierte Spiegel, schmutzige Böden oder herumstehende Privatgegenstände gehören genauso wenig in eine Apotheke wie Mitarbeiter mit ungepflegtem Äußeren. Kleidung, Frisur, Make-up, Hände und Fingernägel unterliegen den kritischen Blicken der Kunden – insbesondere durch den nahen Kontakt am HV-Tisch. Auch ein Raucher im Team und mit Zigarettenrauch belastete Kleidung machen – besonders auf nicht rauchende Kunden – keinen guten Eindruck.
Umgang mit Beschwerden
Wenn sich verärgerte Kunden beschweren, zeigt das fast immer an, dass Verbesserungsbedarf in der Apotheke besteht, den man bisher nicht erkannt hat – vor allem, wenn sich bereits mehrere Kunden aus dem selben Grund beschwert haben. Beschwerden bieten daher die Chance, den Service und die Kundenfreundlichkeit der Apotheke zu verbessern, denn jede Beschwerde ist im Grunde ein kostenloser Verbesserungsvorschlag aus dem Kundenkreis. Als PTA sollte man froh über jede offen geäußerte Kritik sein, denn so besteht die Möglichkeit, den Kritikpunkt zu beseitigen. Der Kunde hätte ja auch kommentarlos zu einer anderen Apotheke wechseln können. Bei einer zur Zufriedenheit des Kunden geregelten Beschwerde bestehen gute Chancen, dass der Kunde der Apotheke weiterhin treu bleibt.
Lange Wartezeiten
Bei beratungsintensiven Kundengesprächen kann es in der Apotheke schnell zu längeren Wartezeiten für die übrigen Kunden kommen. In der heutigen Zeit reagieren Kunden allerdings immer sensibler auf lange Wartezeiten. Sorgen Sie daher durch eine ausreichende Mitarbeiterzahl dafür, dass Wartezeiten im HV so kurz wie möglich gehalten werden und Mitarbeiter aus anderen Arbeitsbereichen bei Bedarf stets kurzfristig in den HV kommen.
Vergriffene Prämien
Wenn Stammkunden ihre Prämienpunkte einlösen möchten und die gewünschten Prämien mehrfach nicht (mehr) verfügbar sind, verlässt der enttäuschte Kunde die Apotheke sicherlich nicht in guter Stimmung. Gleiches gilt, wenn Kalender zum Jahreswechsel schnell vergriffen sind und wichtigen Stammkunden kein Kalender mehr ausgehändigt werden kann, weil keine Exemplare für sie zurückgelegt wurden.
Unpassende Proben
Wenn Mitarbeiter dem Kunden gedankenlos eine unpassende Probe mitgeben, kann auch dies den Kunden verstimmen. Eine Geschmacksprobe für ein Diätgetränk kommt bei einer Kundin, die sich selbst nicht für übergewichtig hält, sicherlich nicht gut an.
Unerwünschte Senioren-Ratgeber
Umgangssprachlich werden Menschen, die das 50. Lebensjahr erreicht haben, als »Generation 50 plus« und als »Senioren« bezeichnet. Viele ältere Menschen sehen und fühlen sich jedoch weder körperlich noch geistig als Senior und möchten daher auch nicht als solcher angesprochen werden. Die unaufgeforderte Mitgabe des Senioren-Ratgebers kann diese Kunden deshalb verärgern und sollte folglich mit Fingerspitzengefühl erfolgen. /