Heller Hautkrebs auf dem Vormarsch |
11.01.2007 14:05 Uhr |
Heller Hautkrebs auf dem Vormarsch
Brigitte M. Gensthaler, München
Sonnenbaden und gebräunte Haut sind »in«, denn sie signalisieren Aktivität und Gesundheit und gelten als schick. Doch mitunter trügt der Schein: Licht-induzierter Hautkrebs gehört zu den häufigsten Krebsarten bei hellhäutigen Menschen.
Je kürzer und dunkler die Tage werden, umso mehr freuen sich die Menschen über die wärmende Wintersonne. Sonnenlicht hebt die Stimmung, fördert das Wohlbefinden und steigert die Vitamin-D-Synthese in der Haut. Aber allzu viel ist ungesund: Längst ist nachgewiesen, dass die ultraviolette Strahlung die Haut vorzeitig altern lässt, das Immunsystem schwächt und Hautkrebs auslösen kann.
Sehr gefürchtet ist der schwarze Hautkrebs (malignes Melanom), doch viel häufiger kommt der sogenannte helle Hautkrebs vor. Je nach Entstehungsort in der Haut unterscheidet man den Basalzellkrebs (Basaliom) und das Plattenepithelkarzinom (synonym: Stachelzellkrebs, spinozellulärer Krebs, Spinaliom), berichtete Professor Dr. Thomas L. Diepgen vom Uniklinikum Heidelberg bei einer Pressekonferenz der Gesellschaft für Dermopharmazie (GD) in München. Als Vorstufe gilt die aktinische Keratose, auch »raue Lichtschwiele« genannt. Wird die Präkanzerose nicht behandelt, kann sich daraus ein Plattenepithelkarzinom entwickeln.
Der helle Hautkrebs tritt immer häufiger auf, berichtete der Dermatologe, der auch Sprecher der GD-Expertengruppe »Licht.Hautkrebs.Prävention« ist. Hautkrebs und speziell das Basaliom, das meist im Gesicht auftritt und keine Tochtergeschwülste (Metastasen) bildet, seien die häufigste Krebsform bei hellhäutigen Menschen. Viele Krebsfälle werden jedoch gar nicht erkannt. In Deutschland erkranken jedes Jahr etwa 7- bis 8-mal so viele Menschen an hellem Hautkrebs als am Melanom. Man geht davon aus, dass das Basaliom viermal häufiger ist als das Plattenepithelkarzinom, das, wie ein Melanom, Metastasen bilden kann.
Gefährliche Arbeit im Freien
Als Ursachen für die Zunahme nannte Diepgen das geänderte Freizeitverhalten, die höhere Lebenserwartung und die abnehmende Ozonschicht. Besonders gefährdet sind sehr hellhäutige Personen mit Hauttyp I und II und Menschen, die sich ohne Sonnenschutz viel im Freien aufhalten. Dies betrifft Sonnenhungrige, die ihre Freizeit am Strand, beim Segeln oder im Schnee verbringen, ebenso wie Menschen, deren Arbeitsplatz unter freiem Himmel ist. So haben Bauarbeiter ein 400-fach höheres Risiko als Menschen, die in Räumen arbeiten. Dennoch ist Hautkrebs durch berufsbedingte UV-Belastung nicht als Berufskrankheit anerkannt, monierte Diepgen. Die Expertengruppe der GD fordert dies nachdrücklich, damit »Outdoor-Arbeiter« besser geschützt werden.
Hautkrebs kann auch dann die Oberhand gewinnen, wenn das körpereigene Reparatursystem in den Hautzellen schwächer wird und das Immunsystem, zum Beispiel im Alter, nachlässt. Hoch gefährdet, an hellem Hautkrebs zu erkranken, sind Menschen, die nach einer Organtransplantation Medikamente zur Unterdrückung des Immunsystems einnehmen müssen. »Früher oder später bekommen diese Patienten Hautkrebs; sie brauchen daher dringend einen guten UV-Schutz und müssen regelmäßig zur Vorsorgeuntersuchung zum Hautarzt gehen«, sagte der Arzt.
UV-Strahlen haben je nach ihrer Wellenlänge verschiedene Zielmoleküle in der Haut. Während kurzwelliges UV-C-Licht fast vollständig von der Hornschicht abgefangen wird, dringen UV-B-Strahlen bis zur Basalzellschicht ein, und UV-C-Strahlen erreichen sogar die Lederhaut (Dermis) und die Unterhaut.
UV-B-Licht schädigt die DNA im Zellkern, da es die Bildung von Dimeren in der Keratinozyten-DNA auslöst, erklärte Privatdozentin Dr. Susanne Grether-Beck von der Universität Düsseldorf bei der Pressekonferenz der GD. Körpereigene Reparaturenzyme können einen Teil der Schäden rückgängig und damit die DNA wieder funktionsfähig machen. Diesen Effekt unterstützen After-Sun-Produkte mit dem Enzym Photolyase. Eingepackt in Liposomen könne das Reparaturenzym bis an die Grenze zur Dermis vordringen, sagte die Biologin. Dort spaltet die Photolyase die dimeren Moleküle, und endogene Enyzme führen dann die Reparatur aus. UV-A-Licht schädigt nicht die DNA, sondern verändert die Lipidzusammensetzung der Zellmembranen, was wiederum entzündungsfördernde Signale aktiviert.
Laborversuche geben erste Hinweise, dass ein gewisses Maß an UV-A-Strahlen möglicherweise sogar vor schädlichen Effekten des UV-B-Lichts schützen kann, berichtete Grether-Beck. Die Wechselwirkungen zwischen UV-Strahlen verschiedener Wellenlängen, »Crosstalk« genannt, sind ein ganz neues Forschungsgebiet. Solange kein optimales Verhältnis zwischen den Strahlenarten bekannt ist, sollten Lichtschutzprodukte daher die Strahlungsintensität insgesamt vermindern und nicht nur einzelne Wellenlängen herausfiltern, empfahl die Biologin.
Narbengewebe ist ebenfalls besonders anfällig für Veränderungen. Dagegen erhöht eine Neurodermitis nicht das Risiko für hellen Hautkrebs. Auch im Sonnenstudio drohen laut Diepgen Gefahren. Es erhöht das Risiko für ein Basaliom um das 1,5-fache und für das Plattenepithelkarzinom um das 2,5-fache.
Nur ein Faktor für UV-A und UV-B
Die Prävention ist einfach: Bekleidung und Sonnenschutzmittel. Die heutigen Lichtschutzpräparate haben einen gut geprüften Schutz gegen UV-B-Strahlen, der als Lichtschutzfaktor (LSF, manchmal auch SPF: sun protecting factor) auf der Packung angegeben wird, erklärte Apotheker Dr. Joachim Kresken, Vorsitzender der GD. Schwieriger ist es mit den längerwelligen und viel tiefer in die Haut eindringenden UV-A-Strahlen. Der Schutzfaktor wird nur in vitro (im Labor) geprüft. Produkte, die dem »Australischen Standard« entsprechen, absorbieren unter Laborbedingungen 90 Prozent der UV-A-Strahlen.
Da beide Strahlenarten die Hautzellen schädigen können, sei ein extrem hoher UV-B-Schutz ohne ausreichenden UV-A-Schutz »wenig zielführend«, so Kresken. Viele Verbraucher fühlen sich durch den hohen LSF auf der sicheren Seite, bleiben zu lange in der Sonne und nehmen dabei viel UV-A-Licht auf. Ziel wäre daher, einen einzigen Faktor für den UV-A- und UV-B-Schutz zu entwickeln und auf den Produkten anzugeben.
Heller Hautkrebs im Netz
Die TaskForce »Licht.Hautkrebs.Prävention« ist eine Expertengruppe der GD und beschäftigt sich intensiv mit Vorbeugung und Behandlung von lichtbedingtem Hautkrebs. Damit sich die Bürger besser über den hellen Hautkrebs informieren können, hat die Gruppe kürzlich eine Homepage ins Internet gestellt. Unter www.licht-hautkrebs-praevention.de gibt es vielfältige fundierte Informationen zu den Effekten des Sonnenlichts sowie zu Risikofaktoren, Prävention und Therapie des Hautkrebses.
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bm.gensthaler(at)t-online.de