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Naratriptan

Rezeptfreie Hilfe bei Migräne

11.01.2007  13:51 Uhr

Naratriptan

Rezeptfreie Hilfe bei Migräne

Christina Brunner, Oberaudorf

Im April 2006 ist der Wirkstoff Naratriptan aus der Verschreibungspflicht entlassen worden. Die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) zählt die Triptane zu den Mitteln der ersten Wahl bei mittelschweren bis schweren Migräne-Attacken. Doch nicht für jeden Patienten ist Naratriptan geeignet. Daher müssen PTA oder Apotheker einige Besonderheiten bei der Beratung berücksichtigen und dem Patienten eventuell eine andere Therapie empfehlen.

Nach Schätzungen von Experten leiden in Deutschland rund zehn Millionen Menschen an Migräne, darunter etwa doppelt so viele Frauen wie Männer. Hormonelle Schwankungen während des Zyklus können ein Grund für diesen Unterschied sein. Migräne schränkt die Lebensqualität der Betroffenen stark ein: Manchmal kommt sie völlig unerwartet und bleibt bis zu 72 Stunden. Der Kopf schmerzt einseitig, jedes Geräusch und helles Licht wird zur Qual. Bei vielen Patienten kommen Übelkeit und Erbrechen hinzu. Häufig sitzt das Schmerzzentrum rund um ein Auge. Der Schmerz kann zunächst im Nacken beginnen, bis in eine Schulter ausstrahlen und sich dann in Richtung Schläfe, Stirn und Augenregion verstärken.

Manche trifft Migräne nur ein- bis zweimal im Monat, doch jeder Zehnte hat monatlich vier und sogar mehr Attacken. Ohne Arzneimitteltherapie können die Betroffenen den Alltag nicht mehr bewältigen, sondern brauchen Bettruhe in einem dunklen Raum.

Doch nicht immer steckt hinter heftigen Kopfschmerzen eine Migräne. Auch Spannungs-, Cluster- oder medikamenteninduzierte Kopfschmerzen beeinträchtigen die Betroffenen vergleichbar stark. Deshalb ist es wichtig, dass PTA oder Apotheker durch wenige Fragen an den Patienten abklären, ob es sich bei den Kopfschmerzen um Migräne handelt. Wenn zwei Symptome aus Block 1 und ein Merkmal aus Block 2 der Tabelle erfüllt sind, handelt es sich sehr wahrscheinlich um  eine echte Migräne. 

Symptome einer Migräne

Block 1 Block 2
einseitig Übelkeit und/oder Erbrechen
pulsierend Licht- und Geräuschempfindlichkeit
mittelschwerer bis schwerer Kopfschmerz r
Verschlechterung durch Bewegung|

Bei 15 Prozent der Migränekranken tritt etwa eine Stunde vor der eigentlichen Attacke eine sogenannte Aura mit neurologischen Ausfällen auf. Diese äußert sich in Augenflimmern, Sprach- und Gefühlsstörungen bis hin zu Lähmungen. Die Behandlung einer Migräne mit Aura muss immer vom Arzt erfolgen.

Triptane verengen Gefäße

Doch etwa ein Drittel der Migräne-Patienten geht nicht zum Arzt. Viele behandeln sich selbst und suchen Rat bei PTA oder Apotheker. Diese sollten sich bei ihrer Arzneimittelempfehlung an den Vorgaben der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft (DMKG) orientieren. Die DMKG rät, bei leichten Migräneattacken die Arzneistoffe Acetylsalicylsäure, Ibuprofen, Paracetamol oder ein Kombinationspräparat aus diesen Analgetika einzunehmen. Die gewählte Arzneiform bestimmt, ob der Arzneistoff schnell oder verzögert wirkt. Eine spezielle Pufferung der Tabletten erhöht die Verträglichkeit.

Seit einigen Monaten steht das Triptan Naratriptan für die Selbstmedikation zur Verfügung. Der Arzneistoff ist gut verträglich und eignet sich zur Behandlung mittelschwerer bis schwerer Schmerzen während einer Migräneattacke. Studien zufolge waren über 70 Prozent der Behandelten innerhalb von vier Stunden symptomfrei. Meist reicht eine Tablette, selten ist eine zweite Dosis notwendig.

Triptane helfen nur bei Migränekopfschmerzen, da sie spezifisch in das Geschehen eingreifen. Eine Schlüsselposition während des Migränekopfschmerzes nimmt Serotonin ein. Dieser körpereigene Botenstoff stellt die Blutgefäße eng. Als Folge einer erhöhten Serotoninaktivität werden vermehrt die biochemischen Gegenspieler freigesetzt, sogenannte vasoaktive Neuropeptide. Sie weiten die Gehirngefäße maximal, Plasmaflüssigkeit tritt ins Gewebe aus, so dass Schwellungen und Entzündungen, vor allem entlang des Trigeminusnervs, resultieren. Jeder Pulsschlag und die damit einhergehende Blutdruckwelle verursacht an den überdehnten Gefäßen einen heftigen Schmerz, zum Beispiel im Augen- und Schläfenbereich. Die Triptane greifen an den gleichen Rezeptoren an wie das Serotonin: Sie stellen die Gefäße eng und bremsen somit die Entzündung. Deshalb verschwinden Kopfschmerzen und die typischen Begleitsymptome wie Übelkeit, Erbrechen, Licht- und Lärmempfindlichkeit zuverlässig.

Risikofaktoren abklären

PTA oder Apotheker dürfen nur Patienten zwischen 18 und 65 Jahren Naratriptan in der Selbstmedikation empfehlen. Vorab müssen sie abklären, dass der Patient nicht an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung leidet, denn Herzerkrankungen, periphere Gefäßerkrankungen, ein Schlaganfall oder hoher Blutdruck gehören zu den Kontraindikationen.

Falls der Kunde die Fragen nach diesen Erkrankungen verneint, sollten sie sich nach Risikofaktoren erkundigen, beispielsweise nach seinen Cholesterol- oder Blutzuckerwerten, seinem Zigarettenkonsum ebenso wie nach dem Auftreten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen innerhalb der Familie. Je mehr Risikofaktoren vorliegen, umso problematischer wird die Naratriptan-Empfehlung. Schwangere und Stillende dürfen kein Triptan in der Selbstmedikation einnehmen. In allen Fällen kann ein Migräne-Tagebuch helfen, den Auslösern der Migräne (siehe Kasten) schneller auf die Schliche zu kommen.

Nach der Empfehlung der DMKG sollten Migräne-Patienten Schmerzmittel und auch die Triptane nicht häufiger als an zehn Tagen pro Monat und nicht mehr als drei Tage hintereinander anwenden. Sonst besteht die Gefahr, dass die Arzneimittel Dauerkopfschmerz induzieren. Falls der Patient mit den Arzneistoffen aus der Selbstmedikation keine ausreichende Schmerzreduktion erzielt oder auch vorbeugend behandeln möchte, muss er sich an seinen Arzt wenden.

Mögliche Auslöser der Migräne

  • Nahrungsmittel wie Schokolade, Käse, Kaffee
  • Alkohol
  • zu viel oder zu wenig Schlaf
  • Stress oder Ruhe nach stressreichen Phasen
  • körperlich anstrengende Tätigkeiten
  • Wetterveränderungen
  • grelles Licht, Lärm, starke Gerüche