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Beratung bei Atemwegserkrankungen

Arzneimittel für spezielle Fälle

02.01.2008  15:54 Uhr

Beratung bei Atemwegserkrankungen

Arzneimittel für spezielle Fälle

Anna Laven und Birgit Carl, Aachen

Neben den häufig verordneten Corticoiden und Beta-2-Sympathomimetika sind bei speziellen Patientengruppen, zum Beispiel bei Kindern, andere Arzneistoffe in der Asthmatherapie unverzichtbar. Zu den seltener verschriebenen Substanzen zählen Montelukast, Ketotifen, Cromoglicinsäure und der neue Wirkstoff Omalizumab.

Der Arzneistoff Montelukast (Singulair®) ist ein Leukotrienrezeptorantagonist. Er wird eingesetzt zur Zusatzbehandlung bei Patienten mit leichtem beziehungsweise mittelgradig persistierendem Asthma, wenn die Kombination aus inhalativem Corticoid und kurz wirksamem Beta-2-Sympathomimetika ihnen nicht ausreichend hilft. Bei Kindern zwischen 2 und 14 Jahren mit leicht persistierendem Asthma ist Montelukast eine gute Alternative zu inhalativen Corticoiden, wenn die Kinder nicht mit inhalativen Corticoiden behandelt werden dürfen. Bedingung ist allerdings, dass sie in letzter Zeit auch keine oralen Corticoide aufgrund akuter Asthmaanfälle einnehmen mussten. Der Arzneistoff beugt außerdem Belastungsasthma vor. Zur Therapie eines akuten Asthmaanfalls eignet sich Montelukast nicht.

Jugendliche ab 15 Jahren und Erwachsene nehmen abends eine 10-mg-Filmtablette mit reichlich Flüssigkeit unabhängig von den Mahlzeiten. Kindern zwischen 2 und 6 Jahren verordnet der Arzt die 4-mg-Kautabletten mit Kirschgeschmack, 6- bis 14-Jährigen die 5-mg-Kautabletten. Im Unterschied zu den Filmtabletten sollten die Kinder die Kautabletten abends nüchtern einnehmen, denn Bioverfügbarkeitsstudien ergaben, dass bei leerem Magen von der 5-mg-Kautablette circa 10 Prozent mehr Wirkstoff aufgenommen wird. Daher lautet die Einnahmeempfehlung: Die Kautabletten entweder eine Stunde vor oder zwei Stunden nach dem Essen zerkauen. Für das im Handel befindliche Granulat ist kein zeitlicher Abstand zur Nahrung einzuhalten. Das Granulat verordnen Ärzte bei Kindern ab 6 Monaten bis 5 Jahren. Die empfohlene Dosis ist die einmal tägliche abendliche Gabe eines Granulatbeutels. Sobald die Eltern den Beutel geöffnet haben, müssen sie ihrem Kind den Inhalt innerhalb von 15 Minuten entweder direkt in den Mund geben oder ihn mit zimmertemperaturwarmer Nahrung, zum Beispiel mit Karottenpüree oder Reis vermischen.

Das Granulat löst sich nicht in Flüssigkeit. Nach der Einnahme kann das Kind jedoch mit einem Glas Flüssigkeit die Arzneistoffreste aus dem Mund hinunterspülen. Montelukast wirkt bereits nach einem Tag. Eine wichtige Information für die Patienten beziehungsweise die Eltern: Auch wenn sich das Asthma deutlich bessert, muss die Behandlung unbedingt fortgesetzt werden. Das Gleiche gilt, wenn sich  die Erkrankung verschlechtert.

Ketotifen zur Begleitmedikation

Der Arzneistoff Ketotifen wird verordnet bei Asthma, bei allergischer Rhinitis und bei allergischer Konjunktivitis, Daher ist er als Saft, Kapsel und auch in Form von Augentropfen im Handel. Ketotifen stabilisiert die Mastzellen und verhindert so die Freisetzung von Histamin und anderen entzündungsfördernden Botenstoffen. Zum einen wirkt die Arzneisubstanz prophylaktisch, indem sie die Empfindlichkeit der Beta-2-Rezeptoren erhält. Zum anderen stellt sie eine bereits verminderte Empfindlichkeit der Rezeptoren wieder her und bewirkt damit, dass die Patienten auf Beta-2-Sympathomimetika ansprechen.

In der Asthmatherapie wird Ketotifen als Begleitmedikation eingesetzt. Bei Asthma wirkt die Substanz erst nach acht bis zwölf Wochen. Danach kann der Arzt gegebenenfalls die Dosis anderer Medikamente verringern. Eine der häufigsten Nebenwirkungen von Ketotifen ist Müdigkeit, die bei mehr als 10 Prozent der Patienten auftritt. Deshalb wird die Therapie einschleichend abends begonnen.

Saft altersabhängig dosieren

Erwachsene und Kinder ab 3 Jahren erhalten zunächst drei bis vier Tage lang abends je eine Kapsel mit 1 mg Ketotifen. Anschließend nehmen sie jeweils morgens und abends eine Kapsel. Bei Erwachsenen und Kindern über 10 Jahren erhöht der Arzt die Dosis bei Bedarf auf zweimal täglich 2 Kapseln. Für Kinder ab 3 Jahren ist ein Saft im Handel mit 1 mg Ketotifen in 5 ml Saft. Kleinkinder von 6 Monaten bis 3 Jahren nehmen von Anfang an jeweils morgens und abends einen halben Messlöffel Saft, entsprechend 0,5 mg Ketotifen, ein. Den Saft können die Eltern unverdünnt oder mit etwas Fruchtsaft oder Tee verdünnt geben.

Ketotifen verstärkt die Wirkung von Beruhigungs- und Schlafmitteln sowie von Alkohol. Diesen Zusammenhang sollten die Patienten kennen und die Medikamente nicht gleichzeitig einnehmen beziehungsweise auf Alkohol verzichten.

Cromoglicinsäure zur Basistherapie

Cromoglicinsäure (DNCG = Dinatriumcromoglycat) dient als antientzündliches Basistherapeutikum zur Prophylaxe asthmatischer Beschwerden bei Patienten mit allergischem und nicht allergischem Asthma. Im Handel sind Inhalationslösungen, Inhalationskapseln und Dosieraerosole sowie Dosieraerosole mit der fixen Kombination aus dem Beta-2-Sympatomimetikum Reproterol und Cromoglicinsäure. Während Reproterol die Atemwege weit stellt und somit zur Vorbeugung beziehungsweise Behandlung eines Asthmaanfalles dient, inhaliert der Patient bei jedem Sprühstoß neben dem Beta-2-Sympatomimetikum die Cromoglicinsäure automatisch mit. Verwenden Patienten das Asthmaspray allerdings weniger als viermal pro Tag, ist es sinnvoll, ihnen zusätzlich ein reines Cromoglicinsäurespray zu empfehlen, denn Cromoglicinsäure entfaltet ihre optimale Wirkung erst bei vier bis sechs Anwendungen pro Tag.

Ab dem zweiten Lebensjahr erhalten Kleinkinder die Inhalationslösung, ab dem fünften Lebensjahr das Dosieraerosol. Eine Ampulle Inhalationslösung enthält 20 mg Wirkstoff und kann nur mit einem elektrischen Vernebler inhaliert werden. Das Dosieraerosol enthält pro Sprühstoß 1 mg Cromoglicinsäure.

Ihre maximale Wirkung erreicht die Cromoglicinsäure nach zwei bis vier Wochen. Deshalb wird der Arzt frühestens nach vier Wochen die Therapie beurteilen beziehungsweise über eine Dosisreduktion nachdenken.

Antikörper regelmäßig spritzen

Mit Omalizumab (Xolair®) führte Novartis einen humanisierten monoklonalen Antikörper zur subcutanen Injektion in die Asthmatherapie ein. Das Arzneimittel ist zugelassen als Zusatzmedikation zu einer bestehenden Asthmatherapie und dient der verbesserten Asthmakontrolle. Für eine Therapie mit dem monoklonalen Antikörper kommen nur wenige Patienten in Frage, denn sie müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Der Patient muss älter als zwölf Jahre sein, er muss unter einem schweren, persistierenden, allergischen Asthma leiden, regelmäßig Atembeschwerden oder Asthmaanfälle haben, er muss auf ein ganzjährig auftretendes Allergen wie auf Hausstaubmilben reagieren und seine Lungenfunktion muss trotz hoher Cortisongaben und Therapie mit Beta-2-Sympathomimetika schlecht sein (FEV1 <80 Prozent, FEV1 = Einsekundenkapazität).

Gut wirksam ist Omalizumab bei Patienten mit einem so genannten IgE-vermittelten Asthma, deren Immunglobulin-E-Spiegel erhöht ist, also über 76 IE/ml liegt. Dosiert wird Omalizumab nach dem Körpergewicht des Patienten und seinem zu Therapiebeginn gemessenen IgE-Basiswert. Dieser Wert dient auch zur Berechnung der Dosis, falls die Therapie für weniger als ein Jahr unterbrochen wurde, da sich durch die Therapie die IgE-Werte erhöhen können.

Apotheke, Arzt und Patient müssen Omalizumab bei 2 bis 8 °C lagern, jedoch nie einfrieren. Alle zwei Wochen erhält der  Patient in der Arztpraxis eine Injektion in den Oberarm oder in den Oberschenkel. Nach sechzehn Wochen muss der behandelnde Arzt die Therapie beurteilen.

Obwohl der Wirkstoff lyophilisiert ist, benötigt das Pulver bis zum vollständigen Auflösen 15 bis 20 Minuten. Die so gewonnene Injektionslösung ist leicht opak. Die häufigste Nebenwirkung ist eine lokale Reaktion an der Einstichstelle, die sich durch Rötung, Juckreiz und Schwellung äußert. Die gefährlichste Nebenwirkung ist eine anaphylaktische Reaktion, die bis zu 24 Stunden nach der Injektion auftreten kann. Die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA rät daher, die Patienten  in der Arztpraxis einige Zeit zu beobachten. Fast 60 Prozent der allergischen Reaktionen treten innerhalb der ersten zwei Stunden nach der Injektion auf. Obwohl diese unerwünschte Wirkung zu den seltenen Ereignissen gehört, profitiert der Patient von einem Notfallplan und Notfallmedikamenten beispielsweise einem Anaphylaxiebesteck. Eine mögliche Frage in der Apotheke lautet daher: »Wie hat der Arzt Sie auf eventuelle Reaktionen auf das Medikament vorbereitet?«

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