Oh Tannenbaum, oh Tannenbaum... |
30.12.2009 10:20 Uhr |
Oh Tannenbaum, oh Tannenbaum...
von Ernst-Albert Meyer
Für die meisten Menschen gehört das Weihnachtsfest zu den Höhepunkten des Jahres. Ihren unvergleichlichen Glanz erhalten die Festtage erst durch den reich geschmückten Weihnachtsbaum mit seinen flackernden Kerzenlichtern. Die Tradition des Weihnachtsbaums ist mehrere Jahrhunderte alt, lässt sich jedoch nicht mit Sicherheit bestimmen.
Im Mittelalter sprachen die Menschen den Nadelbäumen sogar Heilkräfte zu. Aus Niedersachsen ist überliefert, dass Gichtkranke um Mitternacht eine Fichte mit folgendem Spruch um Hilfe baten:
»Fichte, liebe Fichtin,
Ich bring’ hier meine Gicht hin!
Der erste Vogel, der über dich fliegt,
mache Du, dass der sie kriegt.«
Danach ging der Kranke in der Hoffnung auf Heilung nach Hause.
Mit der Weihnachtsbotschaft ist uraltes Brauchtum verbunden: Zum Fest der Nächstenliebe versöhnen sich Menschen, die sich zerstritten haben, und geliebte Mitmenschen erhalten kostbare Geschenke. Für eine ganz besondere Atmosphäre im Haus sorgen Krippe, Nussknacker, Weihrauchduft, der Gabentisch und – nicht zu vergessen – der Weihnachtsbaum. Ursprünglich war der immergrüne Baum Sinnbild des Lebens. Die Menschen glaubten früher, mit Tannenzweigen die bösen Geister zu vertreiben.
Verlässliche Überlieferung
Die Darstellung Martin Luthers mit seiner Familie unter einem im Lichterglanz erstrahlenden Tannenbaum aus dem Jahr 1848 ist wohl nur ein Fantasieprodukt des Malers Otto Schwerdgeburth. Einer alten Überlieferung zufolge wurden Tannen bereits im Jahr 1520 in den Wäldern bei Straßburg geschlagen. Die erste verlässliche Nachricht über die Verwendung der Tanne als Weihnachtsbaum stammt aus dem Jahr 1495. Der Straßburger Dichter Sebastian Brant (1457 bis 1521) schreibt in seiner Chronik: »Auf weihnachten richtete man dannenbäume zu strassburg in den stuben auf, daran hängt man rossen aus vielfarbigem papier geschnitten, äppel, oblaten und zucker.«
Blühende Zweige
Im 17. Jahrhundert verbreitete sich in Süddeutschland die Sitte, zum Christfest das Zimmer mit Laubzweigen zu schmücken, die in mit Wasser gefüllten Gefäßen aufbewahrt wurden. Die Zweige wurden schon am 4. Dezember, dem Tag der heiligen Barbara, geschnitten und sollten bis zum Weihnachtsfest ergrünen und erblühen. Immer wieder versuchten die Behörden gegen diesen neuen Brauch vorzugehen. So untersagt beispielsweise der Nürnberger Rat im Jahr 1768 das Abschneiden von Ebereschen-, Linden-, Kastanien- und Pappelzweigen zur Weihnachtszeit. Doch zunächst ohne Erfolg!
Ende des 18. Jahrhunderts erfreute sich der Christbaum in reichen Familien mehr und mehr großer Beliebtheit. In der Pfalz und in Schwaben ersetzte der Buchsbaum die Tanne, in Ostdeutschland die Eibe. Seit Ende des 19. Jahrhunderts behaupten sich in fast ganz Nordeuropa die Nadelbäume als Weihnachtsbaum.
Die ersten Geschenke
Was wäre das Weihnachtsfest ohne Geschenke? Bis ins 16. Jahrhundert wurden sie vom Nikolaus gebracht. Martin Luther ersetzte den beliebten Heiligen durch das Christkind, das am 24. Dezember die Geschenke bringt. Damals erhielten nur die Kinder Präsente. Erst zu Beginn des 18. Jahrhunderts begannen auch die Erwachsenen, sich an Weihnachten gegenseitig zu beschenken. Kleine Kinder fiebern auch heute noch dem Weihnachtsfest mit Spannung entgegen. Welche Geschenke wird der Weihnachtsmann wohl bringen? Es werden Wunschzettel geschrieben, und die vielen Fragen stellen die Eltern oft auf eine harte Probe.
Über die ersten Weihnachtsgeschenke berichtet das Matthäus-Evangelium. Als die drei Weisen aus dem Morgenland dem Stern folgten und in Bethlehem Jesus fanden: »... da fielen sie nieder und huldigten ihm. Dann holten sie ihre Schätze hervor und brachten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe als Gaben dar.« Nur das Kostbarste war den drei Weisen für einen Königssohn gut genug. Weihrauch und Myrrhe, die beim Verbrennen Wohlgerüche entwickeln, waren damals für das einfache Volk unbezahlbare Luxusgüter. In Kulthandlungen verbrannten Priester und Könige diese Harze in Verbindung mit Gebeten. Mit dem zum Himmel aufsteigenden Rauch wollten sie sich die Götter geneigt machen und erflehten Hilfe und Schutz. Später übernahm das Christentum das Zeremoniell der Räucherungen, das noch heute im Gottesdienst üblich ist.
Pharmazeuten ist Myrrhe wohl bekannt. Neben den vielen im Handel befindlichen Gurgelmitteln und Mundsprays gilt die Myrrhentinktur wegen ihrer desinfizierenden und adstringierenden Eigenschaften als wertvolles Mittel bei Entzündungen des Zahnfleisches und der Mundschleimhaut. Auch in der ayurvedischen Heilkunde und der Volksmedizin wird Weihrauch seit Jahrtausenden eingesetzt.
Aktuelle Forschungen zu Weihrauch
Besonders an der Universität Tübingen wurden und werden die entzündungshemmenden Eigenschaften des Weihrauchs intensiv erforscht. Verantwortlich für die Wirkung sind die Boswelliasäuren, die das Cathepsin G, eine Serinprotease in neutrophilen Granulozyten in vitro und in vivo potent hemmen und so entzündliche Prozesse im Körper bremsen. Damit bieten sich Weihrauch-Extrakte unter anderem zur Behandlung rheumatischer Erkrankungen an. Zurzeit ist in Deutschland kein Weihrauchpräparat als Arzneimittel zugelassen.
Das »Lexikon der Arzneipflanzen und Drogen« enthält neben Arzneipflanzen, die in afrikanischen, amerikanischen oder indischen Gebieten vorkommen, auch Drogen des chinesischen Arzneibuches (TCM). Erstmalig wird auf Drogen des europäischen Arzneibuches (Ph. Eur.) und des Deutschen Arzneimittel-Codex (DAC) hingewiesen. Das Nachschlagewerk umfasst auf 659 Seiten rund 3000 Artikel, 14.000 Verweise, 400 Abbildungen, 32 Farbtafeln und Strukturformeln der genannten Drogeninhaltsstoffe sowie zahlreiche Tabellen.
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