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Medikationsmanagement

ARMIN läuft rund

04.07.2016  13:34 Uhr

Von Ev Tebroke, Berlin / Es war ein gehöriger Kraftakt, nun ist es so weit: Am 1. Juli 2016 startet die dritte und entscheidende Phase der Arzneimittelinitiative Sachsen-Thüringen (ARMIN), das Medikationsmanagement. Um Arzneimitteltherapien für multimorbide Patienten künftig sicherer zu machen, arbeiten Arzt und Apotheker über eine gemeinsame IT-Struktur eng zusammen.

»Wir können sehr stolz sein. Das ist ein gewaltiges Projekt«, sagte die säch­sische Gesundheitsministerin Barbara Klepsch (CDU) bei der Vorstellung des elektronisch basierten Medikations­managements am Dienstag in Berlin. Das dritte Modul von ARMIN, einer Gemeinschaftsinitiative von AOK Plus sowie den kassenärztlichen Vereinigungen und Apothekerverbänden in Sachsen und Thüringen, gilt als Blaupause für die im E-Health-Gesetz vorgesehene bessere digitale Vernetzung im Gesundheitswesen.

Ab 2017 bundesweit

Bei dem Medikationsmanagement überwachen und koordinieren Arzt und Apotheker gemeinsam über eine sichere zertifizierte IT-Infrastruktur die Arzneimitteltherapie von Patienten, die mindestens fünf verschreibungspflichtige Medikamente gleichzeitig einnehmen müssen.

Allein bei der AOK Plus betrifft das rund 300 000 Patienten. Ab 1. Juli können sich zunächst Versicherte dieser Kasse in das Projekt einschreiben, ab 2017 sollen bundesweit auch andere Krankenkassen dem Projekt beitreten können. Herzstück des Moduls ist der elektronisch gestützte Medikationsplan, der eine Gesamtübersicht über alle vom Patienten eingenommenen Arzneimittel geben soll – darunter auch verschreibungsfreie Mittel zur Selbstmedikation. Hausarzt und Stammapotheker prüfen dabei die Medikation auf Wechselwirkungen und Unverträglichkeiten.

»Arzt und Apotheker arbeiten eng zusammen und stellen so gemeinsam auf dem geschützten Server eine möglichst vollständige Liste der aktuellen Medikation zusammen«, erläuterte die Vorstandsvorsitzende der Kassenärzt­lichen Vereinigung (KV) Thüringen, Annette Rommel. Der Hausarzt könne diesen dann überarbeiten und aktua­lisieren. Anschließend könne der Apotheker wieder darauf zugreifen und den Wirkstoffen die entsprechenden Medikamente zuordnen. Den endgül­tigen Plan erhalte der Patient dann zusammen mit den Medikamenten in der Apotheke. Den Mehraufwand bekommen die Heilberufler jeweils vergütet: Für die erstmalige Beratung eines Patienten ist nach Angaben der AOK Plus pro Quartal je eine Verhütung von 97,30 Euro vorgesehen. Für die Folge­betreuung soll es 22 Euro geben.

Vorreiter für E-Health

Mit dem Medikationsmanagement übernimmt ARMIN eine Vorreiterrolle für die im E-Health-Gesetz vorgesehen Regelungen. Dabei ist das Projekt schon einen Schritt voraus, sieht das Gesetz doch ab 1. Oktober zunächst noch die Papiervariante des Medikationsplans vor. Der Beginn des dritten Moduls, ursprünglich für 2015 vorgesehen, verzögerte sich aufgrund der hohen Anforderungen an Datenschutz und anwendungsfreundlicher Infrastruktur jedoch um ein Jahr. Doch nach einer dreistu­figen Prüfung der Umsetzung inklusive einer Pilotphase mit 80 Ärzten und Apothekern soll nun alles rund laufen.

»Es wurde kein extra ARMIN-System geschaffen«, betonte der Vorstandsvorsitzende des Thüringischen Apothekerverbands, Stefan Fink. Stattdessen bearbeiteten Arzt und Apotheker den erstellten Medikationsplan in ihrer eigenen Software und verknüpften so die vorhandenen Patientendaten des eigenen Softwaresystems mit den Patientendaten auf dem Medikationsplanserver. Nur die zur Durchführung des Medikationsmanagements zwingend erforderlichen Daten würden zwischen Arztpraxis und Apotheke über ein dreifach gesichertes System außerhalb des Internets, im sicheren Netz der KVen ausgetauscht, so Fink. Und ausschließlich der vom Patienten zur Betreuung ausgewählte jeweilige Arzt und Apotheker hätten auf diese Daten Zugriff.

Derzeit sind rund 1500 Ärzte und Apotheker in Sachsen und Thüringen an dem bis 2018 angelegten Projekt beteiligt. Die Vertragspartner hoffen, über zu erwartende erfolgreiche Ergebnisse eine weitere Beteiligung zu erreichen. Letztlich halten die Projektpartner eine Verlängerung beziehungsweise einen Übergang des Projekts in den Regelbetrieb für möglich. Der Vorstandsvorsitzende des Säch­sischen Apothekerverbands, Thomas Dittrich, bilanzierte: »Das ist eine neue Kultur des Miteinanders der Heilberufe.« Die Patienten dürfte dies freuen. /