Fettig oder trocken? |
17.07.2018 09:54 Uhr |
Von Ulrike Viegener / Lästig sind sie in jedem Fall. Aber Schuppen sind nicht gleich Schuppen. »Fettig oder trocken?«: Die Frage ist richtungsweisend für die Behandlungsstrategie.
Hefepilzen der Gattung Malassezia – vor allem M. furfur und M. globosa – wird bei der Entstehung fettiger Schuppen eine maßgebliche Rolle zugeschrieben. Malassezia furfur wurde früher als Pityrosporum ovale bezeichnet, diese eigentlich überholte Bezeichnung ist immer noch im Umlauf. Der zur physiologischen Hautflora des Menschen gehörende Hefepilz ernährt sich von langkettigen Fettsäuren und findet auf der talgreichen Kopfhaut von Seborrhoikern ideale Lebensbedingungen vor. Beim Talgabbau entstehende freie Fettsäuren und Lipoperoxide sollen laut der aktuell favorisierten These zu Irritationen der Kopfhaut und in der Folge zu einer gesteigerten Proliferation der Epidermis führen.
Unschönes Problem: Bevor man aktiv gegen Kopfschuppen vorgeht, sollten deren Ursachen abgeklärt werden.
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Während sich gesunde Haut etwa alle 28 Tage erneuert, ist der Zyklus bei Schuppenbildung deutlich verkürzt – auf 7 bis 21 Tage. Schuppen sind Verbände aus 100 bis 1000 keratinisierten Epidermiszellen, die etwa ab einer Zellzahl von 500 mit bloßem Auge sichtbar sind. Während trockene Schuppen auf die Kleidung herunterrieseln und besonders auf schwarzer Abendgarderobe unangenehm auffallen, bleiben die oft gelblich gefärbten fettigen Schuppen an der Kopfhaut kleben.
Fettige Kopfschuppen sind oft mit entzündeter Kopfhaut und Juckreiz verbunden und werden als Erscheinungsform der seborrhoischen Dermatitis gedeutet, deren Assoziation mit einer Vermehrung von Malassezia als gesichert gilt. Und auch die Kleienpilzflechte (Pityriasis versicolor) mit Pigmentierungsstörungen als Leitsymptom ist das Werk dieses Hefepilzes. Abzugrenzen gegen Malassezia-assoziierte Kopfschuppen sind allergische Ekzeme und Psoriasis, die in ärztliche Hände gehören. Treten Kopfschuppen in Kombination mit Haarausfall auf, könnte eine Fadenpilzinfektion (Tinea capitis) dahinterstecken.
Widersprüchliche Daten
Hieb- und stichfest bewiesen ist die Malassezia-Hypothese bis heute nicht. Bei manchen Menschen mit fettigen Kopfschuppen ist eine explosionsartige Vermehrung der Hefepilze nachweisbar, unterm Strich jedoch ist die Datenlage widersprüchlich: Manche Studien dokumentieren einen Zusammenhang zwischen Besiedelungsdichte und Ausmaß der Kopfschuppen, andere Studien dagegen nicht. Wahrscheinlich ist von einer komplexeren Pathogenese auszugehen, bei der abgesehen von der Anzahl der Pilze weitere Faktoren bedeutsam sind. Vermutet wird, dass sich Malassezia von einer harmlosen in eine pathogene Form – vom Saprophyten zum Parasiten – verwandeln kann, aber auch hierfür steht der Beweis noch aus. Pathogene Malassezia-Varianten sollen in größeren Mengen hochreaktive Lipoperoxide freisetzen und Immunreaktionen (Komplementaktivierung) provozieren.
Starkes Schwitzen, Diabetes mellitus und eine geschwächte Immunabwehr sowie orale Kontrazeptiva, Glucocorticoide und Antibiotika scheinen eine starke Vermehrung beziehungsweise Transformation von Malassezia-Hefen zu begünstigen. Die Frage nach solchen Triggerfaktoren kann im Fall von Kopfschuppen bei der Ursachenforschung hilfreich sein.
Klassiker Ketoconazol
Trotz bleibender Unklarheiten fußt die Behandlung fettiger Kopfschuppen auf der Malassezia-Hypothese. Patienten, die aus diesem Grund die Apotheke aufsuchen, haben oft schon diverse kosmetische Haarshampoos ohne durchschlagenden Erfolg ausprobiert. In diesen Fällen liegt der Verdacht nahe, dass Malassezia furfur oder andere Stämme dieses Hefepilzes an der Schuppenbildung ursächlich beteiligt sind, und es bietet sich eine topische Behandlung mit Antimykotika an. Der Klassiker in dieser Indikation ist Ketoconazol. Die klinische Wirksamkeit dieses Antimykotikums bei fettigen Kopfschuppen war es auch, die der Malassezia-Hypothese schließlich zum Durchbruch verhalf.
Mit einigen gezielten Fragen kommt man den Ursachen von Kopfschuppen oft schnell auf die Spur:
Ketoconazol wird zur Behandlung von Kopfschuppen als medizinisches Shampoo (zum Beispiel Ketozolin® 2 %) und als Lösung (Terzolin® 2 %) angeboten. Die Terzolin-Lösung, die sich nach Entlassen aus der Rezeptpflicht in der Selbstmedikation bewährt hat, soll laut der Fachinformation bei seborrhoischer Dermatitis beziehungsweise fettigen Kopfschuppen als Kur über zwei bis vier Wochen angewendet werden: Zweimal pro Woche mit mehrtägigem Abstand wird eine halbe Schraubkappe im feuchten Haar und auf der angefeuchteten Kopfhaut verteilt. Die Lösung wird kurz einmassiert, und dann muss sie drei bis fünf Minuten einwirken. Anschließend wird die Lösung mit viel warmem Wasser ausgespült. Das Wasser sollte nicht zu heiß sein, und auch heißes Föhnen ist zu vermeiden.
Gut verträglich
Zusätzliches Haarewaschen ist bei Anwendung von Terzolin-Lösung nicht erforderlich, da die Rezeptur gleichzeitig auch haarreinigend wirkt. Das genaue Vorgehen bei der Anwendung sollte im Beratungsgespräch erläutert werden, was ebenfalls für medizinische Ketoconazol-Shampoos gilt (lesen Sie dazu auch OTC Beratungscheck: Ketoconazol). Die Verträglichkeit topischer Ketoconazol-Formulierungen zur Schuppenbehandlung gilt als gut. In seltenen Fällen können Überempfindlichkeitsreaktionen mit Hautrötung, Juckreiz und Brennen auftreten.
Einfache Anwendung: Anti-Schuppen-Shampoos können zur Rezidivprophylaxe regelmäßig statt des herkömmlichen Shampoos verwendet werden.
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Intensivkur und Prophylaxe
Nach vier Wochen spätestens sollte sich die Schuppenbildung unter topisch angewendetem Ketoconazol deutlich gebessert haben. Allerdings muss damit gerechnet werden, dass die Schuppen nach einiger Zeit erneut auftreten, weil die Hefepilze ihr angestammtes Revier zurückerobern. Die rezidivfreien Intervalle sind laut klinischen Studien nach Anwendung von Ketoconazol länger als bei anderen Anti-Schuppen-Wirkstoffen wie Selendisulfid (zum Beispiel Selsun®) und Zinkpyrithion (zum Beispiel Ducray Squanorm), die gegenüber Malassezia-Hefen ebenfalls eine gewisse, aber deutlich schwächere Wirksamkeit zeigen. Zur Rezidivprophylaxe empfiehlt der Hersteller die Anwendung von Terzolin einmal pro Woche beziehungsweise einmal alle 14 Tage über einen Zeitraum von drei bis sechs Monaten.
Ketoconazol ist in niedrigerer Konzentration zum Teil auch in kosmetischen Shampoos enthalten. Die Kombination dieses oder anderer gegen Malassezia wirksamer Antimykotika mit einem keratolytischen Wirkstoff wie Salicylsäure erscheint theoretisch sinnvoll. Fundierte Aussagen zur klinischen Wirksamkeit kosmetischer Shampoos lassen sich aber aus Mangel an Studien nicht machen.
Neben Ketoconazol werden heute auch andere Antimykotika zur Behandlung von Schuppen eingesetzt. Ciclopirox und Ciclopiroxolamin zum Beispiel sind in der Stieprox®-Produktserie enthalten und werden in Kombination mit Salicylsäure als Stieproxal® angeboten. Eine große Vielzahl von Wirkstoffkombinationen – darunter auch pflanzliche Wirkstoffe – kommt in Anti-Schuppen-Mitteln zur Anwendung. Criniton® Anti-Schuppen Lösung zum Beispiel enthält Salicylsäure, fungizid wirkendes Thymol sowie Rosmarinöl, das die Talgproduktion reduziert.
Gewohnheiten prüfen
Hormonelle Schwankungen können bei Schuppenbildung ebenfalls eine Rolle spielen. Während in der Pubertät häufig eine erhöhte Talgproduktion und damit fettige Schuppen das Problem darstellen, treten im Zuge der Wechseljahre vermehrt trockene Schuppen auf, da die Haut infolge der versiegenden Estrogenproduktion an Feuchtigkeit verliert.
Häufiges Föhnen trocknet die Kopfhaut aus. Schuppen haben dann leichtes Spiel.
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Trockene Schuppen sind mit verminderter Talgproduktion assoziiert, die unterschiedliche Ursachen kann: atopische Dermatitis, altersbedingter Rückgang der Talgproduktion, häufiges Haarewaschen oder entfettende Shampoos. Besteht der Verdacht, dass die Schuppenbildung mit übertriebener Haarpflege zusammenhängen könnte, sollte eine ausführliche Aufklärung über die entfettende Wirkung von Tensiden und das rechte Maß der Haarpflege erfolgen. Tägliches Haarewaschen ist zu viel. Es trocknet die Kopfhaut aus, ebenso häufiges Föhnen. Deshalb können PTA und Apotheker in diesen Fällen diese Empfehlungen geben: Haare nur waschen, wenn es wirklich notwendig erscheint. Haare an der Luft trocknen lassen und eventuell ein anderes Shampoo ausprobieren. Je nach Ausmaß der Schuppenbildung kann es Sinn machen, eine Zeit lang auf ein mildes Babyshampoo umzusteigen. Auch in der ersten Zeit nach der Anwendung von Anti-Schuppen-Shampoos sind Baby-Shampoos empfehlenswert.
Bockshornklee-Packung
Haarpackungen können ebenfalls bei trockenen Kopfschuppen helfen. Den Samen des Bockshornklees etwa werden rückfettende Eigenschaften zugeschrieben. Für eine Packung sollen 50 g Samenpulver aufgebrüht, in die Kopfhaut einmassiert und nach kurzer Einwirkdauer mit einem milden Shampoo ausgewaschen werden. Auch warme Olivenöl-Packungen werden empfohlen: Das erwärmte Öl auf die Kopfhaut pinseln und mindestens eine halbe Stunde, besser aber länger einwirken lassen.
Sind vielleicht auch Bakterien bei trockenen Schuppen im Spiel? Das jedenfalls legt eine Studie nahe, die 2016 große mediale Beachtung fand. Die detaillierte Untersuchung der ungewaschenen Kopfhaut von Menschen mit und ohne Schuppen ergab einen Zusammenhang zwischen Kopfschuppen und der Besiedelungsdichte von Propionibakterien und Staphylokokken. Bei trockenen Schuppen waren die Propionibakterien auf der Kopfhaut reduziert, während sich Staphylokokken stärker ausgebreitet hatten. Eine verringerte Talgproduktion könnte demnach die Balance unterschiedlicher Bakterien durcheinanderbringen und auf diesem Wege der Schuppenbildung Vorschub leisten. Eine interessante Theorie, die allerdings erst noch durch weitere Daten untermauert werden muss. /