Gesunder Geist, fitter Körper |
17.07.2018 09:54 Uhr |
Von Andrea Pütz / Mangelt es dem Körper an Flüssigkeit, sendet das Gehirn Signale aus, welche Stoffwechsel und die Organtätigkeit herunterfahren. Naheliegend also, dass der Körper für gute Leistungen eine konstante Menge Wasser benötigt. Aber viele Menschen trinken nicht nur zu wenig, sondern greifen auch zu ungeeigneten Getränken. Zudem kursieren immer noch viele Halbwahrheiten rund um das Thema Trinken.
Der Mensch besteht zu einem großen Teil aus Wasser. Abhängig von Alter, Geschlecht sowie Muskel- und Fettanteil macht der Wasseranteil des Körpers etwa 70 Prozent aus. Wasser ist nicht nur ein zentraler Bestandteil aller Körperzellen, sondern auch der Körperflüssigkeiten wie Blut, Lymphe und Verdauungssäfte. Es ist Lösungs- und Transportmittel für Nährstoffe und Abbauprodukte, fungiert als Partner chemischer Reaktionen und ist ein wichtiger Wärmeregulator. Über Atmung, Schweiß, Urin und Stuhlgang scheidet ein Erwachsener etwa 2,5 Liter Flüssigkeit täglich aus, die wieder aufgefüllt werden müssen.
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Bei Kindern im Grundschulalter liegt die Trinkempfehlung bei etwa 1,2 Liter pro Tag. Erwachsene sollten unter normalen Bedingungen täglich etwa 1,5 bis 2 Liter trinken, über Lebensmittel werden zusätzlich etwa 0,5 Liter zugeführt. Für chronisch kranke Menschen, etwa mit einer Nierenerkrankung oder einer Leberzirrhose, gibt es abweichende Empfehlungen, die mit dem Arzt abgeklärt werden sollten. Bei Hitze, Fieber, Erbrechen, Durchfall und körperlicher Belastung steigt der Flüssigkeitsbedarf schnell auf mehr als 3 Liter pro Tag an. Je intensiver die Belastung und Ausscheidung, desto höher ist auch der Flüssigkeitsbedarf. Schon ab einem Verlust von rund 1 Liter Flüssigkeit lässt die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit nach. Der Flüssigkeitsmangel beeinträchtigt die Durchblutung in allen Körperregionen, auch im Gehirn. Schwäche, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Konzentrationsstörungen und eine verlangsamte Reaktionsfähigkeit sind nur einige Anzeichen.
Falscher Zeitpunkt
Ein schleichendes Flüssigkeitsdefizit ist weitverbreitet. Ein Großteil der Deutschen – besonders Kinder – liegen regelmäßig rund 20 Prozent unterhalb der empfohlenen Trinkmenge. Auch bei älteren, alleinstehenden Menschen ist die Gefahr einer Dehydratation groß. Viele Menschen glauben, dass sie die benötigte Flüssigkeit zu einem beliebigen Zeitpunkt auf einmal zu sich nehmen können, etwa zum Abendessen und später auf der Couch. Das ist ein Trugschluss: Wer tagsüber nicht regelmäßig trinkt, vor allem während einer geistigen und körperlichen Anstrengung, der schwächt seine Leistungsfähigkeit in Job, Schule und Studium.
Der Körper kann nur eine begrenzte Menge Flüssigkeit verarbeiten, keine größeren Mengen Flüssigkeit speichern und bei Bedarf abrufen. Ist die Einmaldosis zu hoch, scheidet der Körper Überflüssiges wieder aus. Es hilft, die Wasserration beispielsweise auf dem Schreibtisch oder in der Küche morgens zu platzieren oder sich eine App mit Trinkerinnerung herunterzuladen.
Zum Essen trinken
Man soll nicht beim Essen trinken: Diese Empfehlung hat sicher jeder schon einmal gehört. Es wird behauptet, Flüssigkeit verdünne die Verdauungssäfte, die dann nicht mehr wirken könnten. Das ist falsch: Im Verdauungstrakt fließen mehrere Liter Flüssigkeit aus Magen und Darm sowie Bauchspeichelflüssigkeit und Galle. Ein bis zwei Gläser eines Getränks verdünnen den Verdauungssaft nicht nennenswert. Die Vorteile eines Getränks zum Essen überwiegen, denn die Nährstoffe werden mit ausreichend Flüssigkeit zum Wirkort gebracht und optimal verwertet. Darüber hinaus vermittelt Trinken zum Essen ein zusätzliches Sättigungsgefühl.
Wasser zum Abnehmen
Ein gut funktionierendes Sättigungsgefühl trägt wiederum dazu bei, das Körpergewicht zu halten. Auch Abnehmwillige profitieren von einer ausreichenden Flüssigkeitszufuhr, die den Transport von Fettabbauprodukten fördert. Vermehrtes Wassertrinken kann auch den Grundumsatz steigern. Wasser wirkt als Katalysator, es aktiviert Enzyme wie die Lipase, die an der Fettverbrennung beteiligt sind. Der Genuss von mindestens 2 Litern (Mineral-)Wasser pro Tag kann somit beim Abnehmen helfen. Positiver Nebeneffekt: Viele klagen in der Abnehmphase über Müdigkeit und Schlappheit. Ein Glas stilles Wasser vor dem Frühstück bringt Fettverbrennung, Kreislauf und Gehirn auf Touren. So kann man erfrischt und leistungsfähig in den Tag starten.
Der tägliche Wasserbedarf liegt bei etwa 40 ml Wasser pro kg Körpergewicht. Wer 80 Kilogramm wiegt, braucht demnach pro Tag etwas mehr als 3 Liter Flüssigkeit aus Getränken und Lebensmitteln (80 kg x 40 ml = 3200 ml).
Das körperliche Kühlsystem läuft im Sommer auf Hochtouren: Schweiß verdunstet und kühlt den Körper. Wer bei Hitze Sport treibt, schwitzt mehr als normal. Auch wichtige Elektrolyte gehen verloren. Gerade an heißen Tagen kann eine Dehydratation schwerwiegende Folgen haben: Neben schmerzhaften Muskelkrämpfen kann es auch bei hohem Schweißverlust zu einer Hitzeerschöpfung mit Kreislaufversagen kommen, die durch Sonneneinstrahlung verstärkt wird. Unbehandelt können die Beschwerden in einen lebensbedrohlichen Hitzschlag münden.
Die Körpertemperatur steigt auf mehr als 40 °C an, da die Kühlsysteme überfordert sind, wenn die verlorene Flüssigkeit durch Trinken nicht aufgefüllt wird. Besonders gefährdet sind Sportler, die bei Hitze mehrere Stunden trainieren. Es gibt immer wieder Fälle, in denen selbst erfahrene Sportler ihre Situation falsch einschätzen und in Gefahr geraten. Erste Warnsignale neben einer schnell auftretenden starken Ermüdung sind Kopfschmerzen, Schwindel, Konzentrationsstörungen und Kreislaufprobleme. Da vor allem Kinder empfindlich auf einen Wasserverlust reagieren, sind sie besonders gefährdet, etwa beim Fußballtraining im Sommer.
Nicht nur Sportler müssen drauf achten, genug zu trinken.
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Bei normalen, gemäßigten Temperaturen gilt für Sportler: Erst wer länger als 90 Minuten ohne Pause trainiert, sollte auch unbedingt während des Sportes trinken (stilles Wasser). Ansonsten reicht es aus, vor und nach dem Training zu trinken. Übrigens: Wer ab und an zu viel trinkt, scheidet den Überschuss einfach wieder aus. Aber vor allem Marathonläufer wissen, dass eine Überdosis Wasser in einer Extremsituation auch schwerwiegende Folgen haben kann. Wer dann viel zu viel trinkt, riskiert eine Überwässerung des Körpers (Hyperhydratation). Bei dieser Wasservergiftung wird das Blut durch die zu hohe Flüssigkeitszufuhr stark verdünnt. Der Natriumgehalt pro ml Blut sinkt stark ab und die Zellen schwellen an. Ein erhöhter Hirndruck ist die Folge. Symptome sind Kopfschmerzen, Verwirrungszustände, Muskelschwäche, Krämpfe und im Extremfall Bewusstlosigkeit oder Koma. Beim Training und besonders bei Wettkämpfen sollte man die Flüssigkeitsdepots also auch nicht überfüllen.
Grundsätzlich gilt für Sportler: Wer wissen möchte, wie viel Flüssigkeit sein Körper beim Sport verliert, wiegt sich einfach vorher und nachher. Aus der Differenz – plus Trinkmenge beim Sport – errechnet sich der individuelle Wasserverlust. So kann man überprüfen, ob die Trinkmenge ausreicht. Auch die Farbe des Urins gibt Aufschluss: Er muss hellgelb oder strohfarben sein. Je dunkler der Urin, desto konzentrierter ist er und desto ausgetrockneter ist der Körper.
Auf das Durstgefühl sollte man generell nicht warten, denn es ist bereits ein Warnsignal für eine beginnende Austrocknung des Körpers. Wer stark schwitzt, sollte auf den erhöhten Flüssigkeitsbedarf achten. Mit einer schwach gesalzenen Apfelsaftschorle oder einer dünnen Gemüsebrühe können Mineralstoffverluste ausgeglichen werden. Kühle, aber nicht eiskalte Getränke schaffen es schneller vom Magen in den Dünndarm als warme. Eiskalte Getränke können bei empfindlichen Personen nicht nur Beschwerden auslösen, sondern auch den Stoffwechsel zusätzlich aktivieren. Außerdem fördern sie das Schwitzen. Ein lauwarmer Tee ist deshalb bei Rekordtemperaturen sinnvoll. Wasserreiches Obst und Gemüse wie Melonen, Gurken und Tomaten liefern zusätzlich Flüssigkeit.
Nicht nur bei Hitze, auch in der kalten Jahreszeit hat das Trinken einen hohen Stellenwert. Heizungsluft macht die Schleimhäute trocken und somit angreifbarer für Keime. Ob sich nun die Erkältungszeit durch vermehrtes Trinken effektiv verkürzen lässt, ist fraglich. Wichtig ist es vor allem als Prophylaxemaßnahme, denn die Infektanfälligkeit steigt bei einem Wassermangel. Denn wenn die Schleimhäute in Nase und Rachen trocken sind, können Viren leichter andocken.
Hat es einen doch erwischt, heißt es: trinken, trinken, trinken. Infekte mit Fieber oder Durchfall steigern den Flüssigkeitsbedarf um ein Vielfaches, da der Verlust extrem hoch ist. Betroffene sollten diesen zügig ausgleichen, um schnell wieder zu Kräften zu kommen. Hier empfiehlt sich ein besonders mineralstoffreiches Wasser (auch natriumreich). Eine Ergänzung mit konzentrierten Elektrolyten kann in manchen Fällen ratsam sein. Bei Blaseninfekten ist die Durchspülungstherapie ohnehin eine wichtige Basismaßnahme, um die Bakterien schnell wieder loszuwerden.
Bessere Stimmung
Auch die Stimmung, die im Winter durch das Sonnendefizit häufig leidet, profitiert von einer ausreichenden Versorgung mit Wasser. Ein magnesiumreiches Mineralwasser mit mindestens 50 mg, besser 100 mg Magnesium pro Liter, eignet sich besonders gut zur Stimmungsaufhellung, denn der Mineralstoff ist beteiligt an Reaktionen, die zur Bildung des Glückshormons Serotonin führen. Außerdem entspannt es die Muskulatur.
Neben Mineralwasser ist auch Leitungswasser eine gesunde Alternative (lesen Sie dazu auch den Titelbeitrag Trinkwasser: Hahn oder Flasche). Deutschland stellt in seiner Trinkwasserverordnung sehr hohe Anforderungen an das Wasser, das die kommunalen Filteranlagen verlässt. Zu Kontaminationen kann es aber auf dem Weg zum Wasserhahn kommen – durch alte Blei- und Kupferrohre. Ein Test durch den Versorger kann Aufschluss geben. Wer stilles Wasser oder Leitungswasser direkt aus der Flasche trinkt, sollte es innerhalb eines Tages aufbrauchen. Bakterien aus dem Mund können ins Wasser übergehen und sich dort vermehren. Kohlensäure im Wasser tötet diese Keime allerdings ab.
Kein Durstlöscher: Kaffee ist in erster Linie ein Genussmittel.
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Kaffee und Alkohol
Kaffee sowie schwarzer und grüner Tee zählen auch zur täglichen Flüssigkeitsbilanz. In erster Linie sind sie jedoch Genussmittel und als Durstlöscher ungeeignet. Alkoholische Getränke regen die Nierentätigkeit an und entziehen dem Körper so Flüssigkeit und Mineralstoffe. An heißen, schweißtreibenden Tagen sollten sie daher mit besonderer Vorsicht genossen werden. Auch Cola, Limonaden und Säfte sind schnell in größeren Mengen nebenbei getrunken. Alle liefern jedoch eine große Menge Zucker. Gerade Softdrinks solltendaher eher als seltenes Highlight und nicht als Durstlöscher auf dem Getränkeplan stehen. Obstsäfte eignen sich gut für eine Fruchtschorle (1 Teil Saft auf 3 Teile Wasser), um geschmackliche Abwechslung zu bringen. Energydrinks liefern neben viel Zucker auch Koffein. Als Kaltgetränk werden sie oft schneller und in größeren Mengen getrunken als Kaffee, der eine vergleichbare Koffeinmenge aufweist. Mögliche Folgen sind Herzrasen, Herzrhythmusstörungen, Krämpfe und Übelkeit. Auch das Risiko für Bluthochdruck und Diabetes Typ 2 ist bei Vieltrinkern auf Dauer erhöht. Schwangere sollten ohnehin keine Energydrinks zu sich nehmen, da die Getränke das Risiko für eine Fehl- oder Frühgeburt erhöhen. Auch die beliebte Kombination von Energydrinks mit Alkohol birgt Gefahren. Das Koffein maskiert die Wirkung des Alkohols, das Gefühl der Trunkenheit wird deutlich verringert. Müdigkeit und Erschöpfung werden nicht richtig wahrgenommen. Dies kann zudem zu einer erhöhten Risikobereitschaft führen. /