Polio-Epidemie verhindern |
11.10.2013 14:33 Uhr |
Von Annette Immel-Sehr / Der Nachweis von Polio-Viren in Abwässern in Israel hat das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) in Stockholm in Alarmbereitschaft versetzt. Denn was in Israel möglich war, ist auch für europäische Länder nicht ausgeschlossen.
Eine Untersuchung von Stuhlproben ergab, dass in der Gegend der kontaminierten Abwässer mindestens 28 Menschen mit dem Poliovirus infiziert waren, allerdings war keiner dieser Virusausscheider erkrankt. Die Gen-Analyse der Polio-Viren zeigt eine Verwandtschaft mit Viren, die in Pakistan kursieren, im letzten Dezember aber auch in Abwässern in Ägypten gefunden wurden. Die ECDC forderte die nationalen Behörden daher auf, die Überwachung zu intensivieren und Notfallpläne zu prüfen, um im Fall eines Virus-Alarms die notwendigen Gegenmaßnahmen ergreifen zu können.
Polioviren können Poliomyelitis verursachen, besser bekannt als Kinderlähmung. Die Viren befallen Nervenzellen des Rückenmarks. In der Folge kann es zu lebenslangen Lähmungen kommen, im schlimmsten Fall zum Tod. Zu mehr als 95 Prozent verläuft eine Polio-Infektion jedoch ohne Beschwerden. Nach Einführung der Polio-Impfung hierzulande in den 1960er-Jahren ist die Zahl der Neuerkrankungen drastisch zurückgegangen. Seit dem Jahr 2002 gilt Europa offiziell als poliofrei.
Die Impfquote in Europa liegt im Allgemeinen bei mehr als 90 Prozent, was eine Ausbreitung der Polio verhindern sollte. Allerdings sind nach Schätzungen der ECDC etwa 12 Millionen Europäer im Alter unter 29 Jahren nicht oder nur unzureichend geimpft. Hinzu kommt, dass in vielen Ländern – auch in Deutschland – nicht mehr die klassische Schluckimpfung mit dem oralen Lebendimpfstoff (OPV) durchgeführt wird. Stattdessen spritzen Ärzte heutzutage einen Totimpfstoff (IPV, inaktivierte Poliovakzine), weil dieser besser verträglich ist.
Zwar führen beide Arten der Impfung zur Bildung von Antikörpern im Blut. Nach einer OPV-Impfung entwickeln sich jedoch zusätzlich IgA-Antikörper in der Darmschleimhaut. Dadurch entsteht ein noch effektiverer Schutz als durch den Totimpfstoff. Aus diesem Grund führt Israel derzeit landesweit Impfungen mit OPV durch. Alle Kinder, die nach Einführung der IPV-Impfung geboren wurden, können sich impfen lassen. /
Quelle: Ärzteblatt