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Narbenbehandlung

Therapie braucht Zeit

12.09.2016  11:28 Uhr

Von Elke Wolf / Die Zeit heilt zwar Wunden, Narben meist jedoch nicht. So werden die Hautmale ein Leben lang zu stummen Zeitzeugen. Auch wenn keine Therapie Narbengewebe in intakte Haut zu verwandeln vermag, können spezielle Zubereitungen doch dazu beitragen, das Erscheinungsbild von Narben zu verbessern.

Narben sind eher ein kosmetisches Problem als ein medizinisches. Denn im medizinischen Sinn gelten Narben als Ausheilungszustände, die als Folge von reparativen Prozessen entstanden sind. Um das Bindegewebe abzuschirmen, entwickelt sich an der Oberfläche eine meist glatte Membran, die sich aber in ihren Eigenschaften deutlich von der umgebenden Haut unterscheidet. Ihr fehlt zum Beispiel die Fähigkeit zur Pigmentierung, sie hat keine Haare oder Schweißdrüsen und sie kann auch keine Sonnenschwiele ausbilden. In Narben lässt auch das Bindegewebe seine normale Struktur vermissen, es bleibt glatt mit meist erweiterten Gefäßen.

Auch wenn die Wunde bereits abgeheilt erscheint, dauert es lange, bis das Narbengewebe die nötige Stabilität hat und bis sämtliche Umbau­prozesse abgeschlossen sind. Studien zeigen, dass es etwa ein Jahr braucht, bis sich die Narbe optisch nicht mehr verändert.

Ganz vermeiden lässt sich die Bildung einer Narbe nicht, es sei denn, man hat sich nur eine Schürfwunde zugezogen, die lediglich die oberste Hautschicht betrifft. Auch leichte Schnittverletzungen heilen in der Regel ohne Probleme ab und hinterlassen sogenannte physiologische Narben. Dann bleibt die Narbe eher unauffällig und auf demselben Niveau wie die unversehrte Haut.

Tiefe Einschnitte

Ist die Wunde aber tiefer oder wird sie in ihrem Heilungsprozess behindert, etwa wenn Zugspannung auf der Wunde liegt oder Keime sie infiziert haben, kann eine sogenannte pathologische Narbe entstehen: etwa atrophe, hypertrophe oder Keloid-Narben.

 

Pathologische Narben unterscheiden sich in Größe, Form und Farbe deutlich von ihrer Umgebung. Besonders auffällig sind Keloide und hypertrophe Narben, die sich durch ­eine übermäßige Substanzvermehrung wulst­­artig über das normale Haut­niveau erheben. Im Falle eines Keloids überschreitet die Wucherung sogar den ursprünglichen Wundbereich.

Keloide schmerzen oft

Das in Keloiden ent­haltene Bindegewebe ist hart, vermutlich deshalb gehen sie oft mit Juckreiz und Schmerzen einher. Keloide und ­hypertrophe Narben entwickeln sich meist nach Operationen oder traumatisch entstandenen Wunden. Impfkeloide am Oberarm waren früher durch die Pockenimpfung verbreitet, heute sind es die zu­nehmenden Tätowier­ungen, die die ­Keloide wieder häufiger vorkommen lassen. Während sich ­hypertrophe Narben oft nach Monaten bis Jahren spontan zurückbilden, ist das bei Keloiden nicht der Fall. Aber auch fehlendes Gewebe bleibt nicht ver­borgen. Atrophe Narben, wie sie etwa bei Akne entstehen, sinken unter das Hautniveau ab.

 

Sobald die Wunde komplett ­verschlossen und schorffrei ist be­ziehungsweise wenn die Fäden gezogen sind, ist es Zeit, mit der Narbenpflege zu beginnen. Viele Präparate eignen sich aber auch für die Behandlung älterer Narben. Wichtig ist in jedem Fall ­eine konsequente Anwendung über mehrere Monate hinweg. Zusätzlich kann eine Massage des Narbengewebes mehrmals täglich helfen, optisch bessere Ergebnisse zu erzielen. Allerdings sollte damit erst rund vier Wochen nach dem Wundverschluss begonnen werden. Ein Tipp für die Beratung: Diese auch als Narbenmobilisation bezeichnete manuelle Bearbeitung der Wunde lässt sich gut mit dem Auftragen eines Narbenspezifikums verbinden. Denn durch die Massage dringt das Topikum besser in die Haut ein.

 

Eines der bekanntesten Narbentopika ist Contractubex®, in dem Zwiebelextrakt mit Allantoin und Heparin enthalten ist. Auch die Anwendung eines Okklusionsverbandes (Contractubex® Intensivpatch) über Nacht ist möglich. Die Fixkombination vermag die Beschaffenheit sowohl frischer als auch älterer Narben positiv zu beeinflussen; die Deutsche Dermatologische Gesellschaft empfiehlt in ihrer aktuellen Leitlinie Zwiebelextrakt-haltige Präparate zur Behandlung hypertropher Narben und Keloide. Eventuell lässt sich der Effekt des Zwiebelextrakts in Kombination mit Triamcinolon oder einer Ultraschallbehandlung steigern, wie kleinere Untersuchungen zeigen.

Verschiedene Wirkansätze

Extractum cepae wirkt entzündungshemmend und antiproliferativ auf die für die Kollagensynthese zu­ständigen Fibroblasten. Gleiches schreibt man auch Heparin zu, das zudem die Kollagenstruktur lockern, die Wasserbindung und auch die Durchblutung im Narbengewebe fördern soll. Allantoin wiederum unterstützt die Wundheilung, wirkt keratolytisch und erleichtert die Penetration anderer Wirkstoffe in die Haut. Unerwünschte Wirkungen des Narbengels sind selten, wenn überhaupt kann es zu einer allergischen Kontaktdermatitis kommen.

 

Heparin ist auch einer der Wirk­stoffe in Kelofibrase® Sandoz. Die Kombination mit Harnstoff und Campher soll das Narbengewebe weicher und geschmeidiger machen, genauso wie Zu­bereitungen mit Nachtkerzen­öl, Chon­droitin-Hyaluronsäurekomplex, N-Acetyl-D-Glucosamin, Glucopeptiden oder Asiatsäure (wie Mederma®, Terproline®).

Silikon in jeder Form

Eine weitere leitliniengestützte ­Er­rungen­schaft in der Narbenbehandlung sind Silikon-Präparate in Form ­von Gelen, Pflastern oder Folien. Für ­die Selbstmedikation kommen meist ­Silikongele (wie Kelo-Cote®, Dermatix® Ultra) zum Einsatz. Nach dem Auf­tragen hinterlassen sie einen unsichtbaren, wasserundurchlässigen Film auf der Haut. Kelo-Cote® Spray ermöglicht ein Auftragen, ohne die Haut zu be­rühren. Das kann bei berührungs­empfindlichem Narbengewebe von Vorteil sein. Voraussetzung für ein kosmetisch gutes Ergebnis ist die konsequente Anwendung über mindestens drei Monate. Außerdem sollte frühzeitig damit begonnen werden.

 

Wie genau Silikone ihre Wirkung vermitteln, ist nicht gänzlich ge­klärt. Vermutlich kommt es durch den Okklusionseffekt zu einer verstärkten Hy­dratisierung der Keratinozyten. Dadurch werden Wachstumsfaktoren beeinflusst, die die Fibroplastenfunktion und die Kollagenproduktion normalisieren können. Die Wirkung ist rein physikalisch, eine Resorption findet nicht statt. Silikon-Zubereitungen ­finden auch bei hypertrophen Narben und Keloiden Verwendung. Wirklich zufriedenstellende Ergebnisse sind allerdings selten. Bepanthen® Narbengel nutzt den okkludierenden Effet von ­Silikon mit der wasserbindenden Eigenschaft von Dexpanthenol. Der ­Salbenspender dieses Narbentopikums ist als Besonderheit mit einem Massageroller versehen. Wenig auffällig sind transparente Pads aus hypoallergenem elastischen Polyurethan, die Umbauprozesse im Narbengewebe durch ein optimales Temperaturniveau und mehr Hautfeuchte positiv beeinflussen sollen (wie Hansaplast® Med Narben Reduktion).

 

Bei manchen Narben ist Selbst­medikation fehl am Platz, nämlich wenn sie nicht nur optisch un­ansehnlich sind, sondern auch schmerzen und jucken. Dann empfiehlt sich eine Therapie unter Obhut des Dermatologen. Es stehen verschiedene ­Verfahren zur Verfügung; dennoch ist die Behandlung vor allem von Keloiden schwierig.

Narbenbehandlung beim Arzt

Eines der verbreitesten Verfahren sind Injektionen von Glucocorticoiden direkt ins am besten noch frische, ­hellrote Narbengewebe. Nachweislich reduzieren die Steroide das ex­zessive Narbenwachstum, indem sie die ­Kollagensynthese mindern und die Fi­broplastenproliferation hemmen. Die Leitlinie empfiehlt eine Kombination mit der Kryotherapie, bei der die Narbe vereist wird. Das verändert die Mikrozirkulation verschiedener Gewebe­substanzen und beeinflusst Umbauprozesse positiv.

 

Eine weitere Möglichkeit, über­schießendes Narbengewebe zu ver­hindern, ist eine rechtzeitige Druck­behandlung mit Kompressionsban­dagen. Der dadurch aufgebaute ­topische Druck vermindert die kapillare Perfusion und beschleunigt die ­Kollagenreifung. Die Narbe flacht ab.

 

Daneben haben sich verschiedene Laserverfahren bewährt. So empfiehlt etwa die Leitlinie den Einsatz eines CO2-Lasers bei nicht mehr aktiven ­hypertrophen Narben. Die chirurgische Entfernung von Narbengewebe ist ­dagegen kritisch zu sehen, weil sich ­besonders Keloide danach oft stärker ­entwickeln als zuvor. In jedem Falle sollte das Narbenwachstum vor dem Eingriff vollständig abgeschlossen sein. Röntgen- und Radiumbestrahlungen werden wegen der Strahlenbelastung heute kaum mehr durchgeführt.

 

Diskrete Narben, wie etwa eingezogene Follikelöffnungen nach abgeheilten Akneknötchen, sind ein Fall für die Mikrodermabrasion, eventuell mittels Fräse oder durch Behandlung mit Speziallasern. Auch Unterspritzungen (Fillings) sind möglich und heben das Hautniveau wieder an. /

Kleine Checkliste zur Wund- und Narbenpflege

  • Duschen mit Wasser und Seife ist bei sauberem Wasser in der Regel bereits nach den ersten Verbandswechseln an den ersten Tagen nach der Operation möglich. In jedem Fall ist dazu aber Rücksprache mit dem Arzt zu halten.
  • Auch eine vorsichtige Haarwäsche ab dem dritten postoperativen Tag führte bei wissenschaftlichen ­Studien zu keinem erhöhten Risiko einer Wundinfektion.
  • Mit der Narbenpflege beginnen, ­sobald die Wunde komplett verschlossen und schorffrei ist be­ziehungsweise die Fäden gezogen sind.
  • Mehrere Monate das Narbentopikum auftragen und einmassieren.
  • Frische Narben nicht der Sonne aussetzen.
  • Mit frischen Narben nicht in die ­Sauna gehen. Temperaturschwankungen be­ein­­flussen­­ ­die Narbenbildung negativ.
  • Keine eng anliegende Kleidung tragen, um Scheuereffekte zu ver­meiden.
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