Hilfe bei schlechtem Atem |
11.09.2018 12:09 Uhr |
Von Barbara Erbe / Jeder vierte Mensch leidet hierzulande nach Informationen der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) unter Mundgeruch. Meist weist der unangenehme Geruch auf ein verstärktes Bakterienwachstum in der Mundhöhle hin.
Ein höflicher Mensch, der gerade einen Döner mit reichlich Zwiebeln und Tsatsiki genossen hat, wird anschließend engeren Kontakt zu seinen Mitmenschen vermeiden. Nach wenigen Stunden ist er aber in der Regel wieder gesellschaftsfähig. Anders liegt der Fall, wenn der Atem dauerhaft unangenehm riecht, erläutert Dr. Torsten Sorg, Vorstandsmitglied beim Deutschen Zahnärzte-Verband. »Das ist ein Zeichen dafür, dass etwas im Körper nicht in Ordnung ist.«
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In rund 85 Prozent der Fälle liege die Ursache im Mund- und Rachenraum und dort meist an der Zungenoberfläche, so Sorg. Meist ist der Zungenrücken in Kombination mit Zungenbelag verantwortlich für die Halitosis. Aber auch Erkrankungen der Speiseröhre, des Magens oder anderer Organe können sich mit dem Symptom Mundgeruch äußern. Die chemischen Verbindungen, die in der Regel dafür verantwortlich sind, sind flüchtige Schwefelverbindungen wie Methylmercaptane und Hydrogensulfide, aber auch andere Substanzen wie Alkohol können die Übeltäter sein.
Auch wenn der medizinische Begriff Halitosis (von lateinisch halitus: Atem, Hauch) allgemein als Synonym für Mundgeruch verwendet wird, betont die Gesellschaft für Zahngesundheit, Funktion und Ästhetik (GZFA) auf ihrer Webseite, dass die unangenehm riechende Luft auch beim Ausatmen durch die Nase, also bei geschlossenem Mund, wahrgenommen werden kann. »Daher sollte im Rahmen einer exakten Diagnostik die Ausatemluft aus Mund und Nase getrennt voneinander analysiert und diagnostiziert werden.«
Mundgeruch entsteht immer, wenn Bakterien Speisereste zersetzen und dabei eben beispielsweise die genannten Schwefelverbindungen freisetzen – das ist vor allem bei eiweißhaltigen Nahrungsmitteln wie Milch oder Fisch so. Diese Art von Mundgeruch lasse sich ebenso wie einfache Mund- oder Zungenbeläge durch gründliches Zähneputzen bekämpfen, betont Sorg. »Bei Bedarf gern nach jeder Hauptmahlzeit.«
Reicht das nicht aus, inspiziert der Zahnarzt bei seinen Patienten andere mögliche Quellen: »Oft steckt eine unentdeckte Karies oder eine Zahnfleischentzündung dahinter, die manchmal erst auf einem Röntgenbild zutage tritt.« Sobald die zugrundeliegende Entzündung oder Karies behandelt werde, gehe auch der Geruch zurück. Wer festsitzenden Zahnersatz wie Kronen, Brücken oder Implantate im Mund hat, zieht sich zudem leichter bakterielle Entzündungen im Mundraum zu, denn die engen Zwischenräume lassen sich oft schwer reinigen und bieten so einen Nährboden für Bakterien und Pilze. Auch die Mundschleimhaut spielt eine wichtige Rolle. Ist sie zu trocken, etwa weil der Betroffene mit offenem Mund schläft, schnarcht, Raucher ist oder bestimmte Medikamente einnimmt, kann der Speichel übel riechende Substanzen nicht so schnell wegspülen.
Angegriffene Atemwege
Der Zustand von Mundraum und Zahnfleisch ist aber bei Weitem nicht die einzig mögliche Quelle des Geruchs, erläutert Dr. Michael Deeg, Sprecher des Deutschen Berufsverbandes der Hals-Nasen-Ohrenärzte. »Manche Patienten haben sehr große Gaumenmandeln, in denen sich Pfröpfe bilden oder auch Entzündungen, – das muss dann behandelt werden.« Sehr wichtig sei auch die Untersuchung der inneren Nase und des Nasenrachenraumes sowie der Nasennebenhöhlen, die sich ebenfalls entzünden könnten – manchmal chronisch – und dann zu Mundgeruch führen. Hier sei eine genaue Untersuchung einschließlich Endoskopie, also einer Spiegelung des Nasen-Rachen-Raums, erforderlich. »Wenn der Arzt dabei Hinweise auf eine Infektion findet, ist auch eine Ultraschalluntersuchung angebracht, in manchen Fällen eine Röntgenaufnahme.«
Erst wenn die Untersuchung des Mund-Rachen-Raumes keinen Befund bringt, forscht der Arzt nach möglichen Erkrankungen weiterer Organe, zum Beispiel der Speiseröhre. So kann es vor allem bei älteren Menschen vorkommen, dass sich die Speiseröhre auswölbt, wobei sich kleine Ausstülpungen (Divertikel) bilden, in denen Speisereste hängenbleiben. Sie ließen sich in vielen Fällen durch eine schonende endoskopische Operation entfernen, berichtet HNO-Arzt Deeg. Ob die Speiseröhrenschleimhaut wegen eines Reflux entzündet ist – wenn also Teile des Mageninhalts und saurer Magensaft in die Speiseröhre zurückfließen, weil der Schließmuskel am Mageneingang versagt – stellt in der Regel der Internist fest. In einem solchen Fall helfen Medikamente und eine Umstellung der Ernährung.
Allgemeine Erkrankungen, die mit Mundgeruch einhergehen, sind vor allem ein schlecht eingestellter Diabetes, schweres Nierenversagen, Leberzirrhose und einige angeborene Stoffwechselstörungen, ergänzt Professor Dr. Gottfried Schmalz von der DGZMK. »Auch Hunger und bestimmte Phasen des Menstruationszyklus werden von manchen Autoren als Ursache bezeichnet. »Als Faustregel nennt der Berufsverband Deutscher Internisten: Säuerlicher Mundgeruch deutet eher auf Magenprobleme hin, Acetongeruch wiederum kann auf einen unentdeckten oder aber schlecht eingestellten Diabetes weisen, aber auch Folge eines längeren Fastens sein. Ammoniak-Geruch schließlich könne mögliche Schäden an Leber- oder Niere anzeigen.
Hilfe aus der Apotheke
Zink soll mit den geruchsverursachenden Schwefelverbindungen reagieren und auch das Wachstum der Bakterien hemmen, die diese Schwefelverbindungen produzieren. Lutschtabletten (zum Beispiel Zinkletten® Verla, Biolectra® Zink Lutschtabletten) oder Kaugummis mit Zink (wie CB12 Boost) können als schnelle Hilfe bei Mundgeruch eingesetzt werden. Daneben gibt es spezielle Mundspülungen und Zahnpasta mit Zink gegen Mundgeruch, etwa die CB12 Mundspülung mit Zink und Chlorhexidin und eine Mundspülung und Zahnpasta aus der Serie Meridol® Sicherer Atem mit Aminfluorid/Zinnfluorid und Zinklaktat.
Das Blattgrün Chlorophyll (wie in Stozzon® Dragees) kann die Aktivität bestimmter eiweißspaltender Enzyme vermindern und so der Bildung übler Gerüche vorbeugen. Betroffene können drei bis fünf Dragees vor und während des Essens einnehmen. Bei längerfristigen Geruchsproblemen können dreimal täglich ein bis zwei Dragees eingenommen werden. Ein wichtiger Hinweis: Die Dragees werden unzerkaut geschluckt. Da Cholorphyll ein Farbstoff ist, sollten sie nicht gelutscht werden.
Der neueste Tipp gegen schlechten Atem ist Ingwer: Der enthaltene Scharfstoff 6-Gingerol stimuliert das Enzym Sulfhydryl-Oxidase 1 im Speichel, das übelriechende schwefelhaltige Substanzen abbaut. Das hat aktuell ein Forscherteam der Technischen Universität München und des Leibniz-Instituts für Lebensmittel-Systembiologie herausgefunden.
Den Mund voll Öl
Eine Behandlung gegen Mundgeruch aus dem Bereich der alternativen Heilmethoden ist das ayurvedische Ölziehen. Es soll Zahn- und Mundhygiene verbessern und der Entgiftung dienen. So funktioniert die Praktik: Zum Ölziehen wird ein kaltgepresstes Pflanzenöl, etwa Sonnenblumen- oder Olivenöl, verwendet. Jeden Morgen nimmt man einen Esslöffel Öl in den Mund und bewegt dieses etwa 15 bis 20 Minuten hin und her, dabei soll das Öl auch durch die Zähne gezogen werden. Anschließend wird das Öl ausgespuckt, der Mund mit Wasser ausgespült und die Zähne geputzt. Viren, Bakterien und Pilze aus der Mundschleimhaut sollen bei der Prozedur ins Öl übergehen. Wissenschaftlich belegt ist das allerdings nicht, eine Wirksamkeit ist fraglich. /
Wenn keine Krankheit im Spiel ist, lässt sich Mundgeruch durch gründliche Mundhygiene vermeiden. Zahnarzt Dr. Torsten Sorg gibt folgende Tipps: