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Obstipation

Konsistenz und Frequenz wichtig

11.09.2018  12:09 Uhr

Von Elke Wolf, Frankfurt am Main / Die Konsistenz des Stuhlgangs korreliert mit den Beschwerden, die eine Obstipation verursacht. Deshalb ist es neben der Häufigkeit der Toilettengänge vor allem die Beschaffenheit des Stuhls, die darüber entscheidet, ob eine Obstipation besteht oder nicht.

»Lange Zeit wurde für die Beurteilung eines­ normalen Stuhlgangs nur die Häufigkeit der Toilettengänge, also die Stuhl­frequenz, herangezogen«, sagte Privatdozentin Dr. Viola Andresen vom Israelitischen Krankenhaus in Hamburg bei einer Pressekonferenz von Sanofi-Aventis Deutschland. Dies belege etwa die Tradition in Kranken­häusern, nach der Pflegekräfte Patienten täglich nach der Zahl der Stuhlgänge fragen­ und dies dokumentieren. »Wenn dann die Ärzte bei der Visite täglich mindestens einen Strich sehen, scheint die Stuhlgangs-Welt in Ordnung zu sein. Doch selbst wer mehrmals täglich Stuhlgang hat, kann obstipiert sein.« Es sei nicht ungewöhnlich, dass Patienten mit hartem Stuhlgang diesen oft nur schwer, mit starkem Pressen und in mehreren Anläufen über den Tag verteilt entleeren können. Darüber hinaus bestehe oft das Gefühl einer unvollständigen Entleerung.

Es ist also nicht allein die Seltenheit der Toilettengänge, die eine Ver­stopfung ausmacht. Moderne Defi­nitionen der Obstipation berücksichtigen vor allem auch die Konsistenz des Stuhlgangs. Die aktuelle S2k-Leitlinie »chronische Obstipation«, zu deren Autoren­ Andresen gehört, bezieht die Vielfalt von möglichen Verstopfungs-Symptomen mit ein, von denen mindestens­ zwei für die Diagnose Obstipation vorliegen müssen. Studien belegen, dass eines der belastendsten Symptome der harte Stuhlgang ist. So gaben in einer repräsentativen Um­frage von 2016 71 Prozent der Betroffenen an, aktuell unter hartem Stuhl zu leiden, bei 59 Prozent ist Pressen zur Entleerung notwendig, gefolgt von 32 Prozent, bei denen die Entleerung nur unregelmäßig möglich ist.

Indikator für Transitzeit

Die Stuhlkonsistenz diene zudem als guter Indikator für die Transitzeit im Darm. Je länger die Darmpassage dauert, desto mehr Wasser wird dem Stuhl entzogen. »So kann die Stuhlkonsistenz als ›Biomarker‹ herangezogen werden, etwa um Patienten mit Verstopfungs-betontem Reizdarmsyndrom von Gesunden zu unterscheiden«, informierte Andresen.

Schätzungen gehen davon aus, dass rund 15 Prozent der Frauen und 5 Prozent der Männer chronisch davon beeinträchtigt sind. Ältere Menschen über 60 Jahre sind häufiger betroffen als junge­. Dabei spielen chronische Erkrankun­gen, Immobilität oder regelmäßig eingenommene Medikamente wie Opioide, Calciumantagonisten oder trizyklische Antidepressiva eine Rolle.

Stuhlerweichung

Zur Behandlung em­pfiehlt die S2k-Leit­linie, sofern All­gemeinmaßnahmen nicht greifen, Bisacodyl (wie Dulcolax®), Macrogol (wie Dulcolax® M Balance, ab Oktober DulcoSoft®, Laxofalk®, Movicol®) oder Na­triumpicosulfat (wie Laxo­beral®) als Mittel der ersten Wahl. Die am besten untersuchte Substanz mit den breitesten Studiendaten ist laut An­dresen Macrogol.

Während die Stimulanzien Bisacodyl und Natriumpicosulfat gezielt die Darmaktivität aktivieren, geht Ma­crogol den harten Stuhl an. Als Substanz mit hoher Wasserbindungskapazität transportiert es die aufgenommene Flüssigkeit in den Dickdarm und hält sie dort zurück. Das wirkt Eindickungs­effekten im Dickdarm entgegen und weicht harten trockenen Stuhl auf. Macrogol­ erhöht das Stuhlvolumen, was reflektorisch die Darmaktivität anregt und zur Stuhlentleerung beiträgt.

Damit die Wirkung nach 24 bis 48 Stunden eintritt, müssen Macrogole täglich ein- bis dreimal eingenommen werden. Sie werden praktisch nicht resorbiert und metabolisiert und daher unverändert ausgeschieden. Dadurch kommt es zu keinen nennenswerten Wechselwirkungen mit anderen Arzneistoffen. Die manchen Prä­paraten zugefügten Elektrolyte sind überflüssig und werden wegen des salzigen Geschmacks oft als unan­genehm empfunden.

Lange Zeit stand die Vermutung im Raum, dass ein längerer Gebrauch von Laxanzien­ schädlich sei und zur Gewöhnung­ führe. Dies konnte Andresen entkräften. »Bei bestimmungsgemäßer Anwendung treten weder Gewöhnungs­effekte und Dosissteigerungen noch Kaliumverluste oder sonstige gravierende Nebenwirkungen auf.« Anders sehe es aus, wenn Laxanzien missbräuchlich eingesetzt werden, etwa zur Gewichtsreduktion. Dann seien Störungen des Elektrolythaushalts durchaus möglich. Im Zusammenspiel mit Diuretika sollte der Arzt den Kalium­spiegel regelmäßig kontrollieren. /