Luft für kleine Schniefnasen |
10.10.2016 10:45 Uhr |
Von Kornelija Franzen / Halsschmerzen, Husten, Schnupfen – eine Erkältung trifft Kinder im Durchschnitt sechs bis zehn Mal pro Jahr. Das ist völlig normal und nicht weiter besorgniserregend – wären da nicht die lästigen Begleiterscheinungen, die den kleinen Patienten mächtig zusetzen. Gut, dass PTA und Apotheker mit Fachkompetenz und guten Tipps helfen.
Erkältungen gehören zum Großwerden dazu. In den ersten Lebensjahren befindet sich das kindliche Immunsystem in einem permanenten Trainingszustand. Es trifft auf eine Vielzahl unbekannter Krankheitserreger und muss sich erstmals gegen sie zur Wehr setzen. Insbesondere die mehr als 200 verschiedenen Erkältungsviren, die durch Tröpfcheninfektion und damit leicht von Mensch zu Mensch übertragen werden, stellen die Abwehr immer wieder auf die Probe. Leichtes Spiel haben sie überall dort, wo Kinder eng zusammenkommen, etwa in Kitas und Schulen. Besonders ansteckend sind die kleinen Patienten zu Beginn der Erkrankung. Das heißt aber nicht, dass für die restliche Zeitspanne Entwarnung gegeben werden kann. Prinzipiell ist jedes erkrankte Kind bis zum Abklingen der Symptome ansteckend. Durch Husten, Niesen und Schnäuzen wird über einen Zeitraum von 10 bis 14 Tagen infektiöses Sekret ausgeschieden.
Foto: iStock/Studio Grand Ouest
Symptome lindern
Eine kausale Therapie gibt es bei grippalen Infekten nicht. Die große Mannigfaltigkeit und die Geschwindigkeit, mit der sich Erkältungsviren verändern, macht – zumindest nach heutigem Kenntnisstand – eine Impfung unmöglich. Die Behandlung kann daher ausschließlich symptomorientiert erfolgen.
In den ersten Tagen setzen meist Halsschmerzen und Schluckbeschwerden den erkälteten Kindern zu. Wohltuend und symptomlindernd wirken hier ein wärmender Schal, ein weicher Rollkragen oder ein Kirschkernkissen auf dem Brustbein. Alternativ kann den Eltern auch die Anwendung naturbelassener Schafwolle, Heilwolle genannt, empfohlen werden. Dabei wird etwas Wolle auf den Hals oder die Brust gelegt und mit einem Tuch fixiert. Heilwolle wirkt wärmend, denn die kleinen Wollhärchen reizen die Haut und kurbeln die Durchblutung an. Dem enthaltenen Wollfett (Lanolin) werden zudem entzündungshemmende Eigenschaften zugesprochen.
Neben der Anwendung von Wärme, gilt es bei Halsschmerzen, die Schleimhäute feucht zu halten. Eltern sollten ihren Kindern daher regelmäßig etwas zu trinken anbieten. Geeignet sind Wasser, Brühe (vor allem Hühnerbrühe), warme Milch mit Honig und Arzneitees. Eibischwurzel (Cave: Kaltauszug herstellen), Isländisch Moos, Malvenblätter und -blüten sowie Spitzwegerichblätter enthalten pflanzliche Schleimstoffe, die sich – einer Schutzschicht gleich – beruhigend auf die gereizten Epithelien legen. Ein weiteres Plus dieser Arzneidrogen ist ihr vergleichsweise guter Geschmack. Ganz im Gegensatz zu den gut wirksamen, aber eher bitter schmeckenden Salbeiblättern. Sie spielen in der Kinderheilkunde eine eher untergeordnete Rolle.
Mit Neo angin® junior Halsschmerzsaft (mit Isländisch Moos und Malvenblüten) steht ein pflanzliches Präparat zur Linderung von Halsschmerzen bei Kleinkindern ab einem Jahr zur Verfügung. Für ältere Kinder eignen sich beispielsweise Isla® junior Pastillen mit Isländisch Moos oder Ipalat® mild Halspastillen mit Extrakten aus Anis, Fenchel und Honig.
Eltern, die auf homöopathische Präparate vertrauen, kann Tonsipret® (Tabletten oder Tropfen, ab einem Jahr) empfohlen werden.
Schmerz weglutschen
Lutschtabletten und -pastillen sind weitere Optionen zur Behandlung von Halsschmerzen – sie eignen sich allerdings erst, wenn die Kinder kontrolliert lutschen können. Das ist etwa ab vier oder fünf Jahren der Fall. Bei jüngeren Kindern ist die Gefahr des Verschluckens oder der Aspiration zu groß. Das Lutschen regt den Speichelfluss an und sorgt für eine Befeuchtung der Rachenschleimhäute. Durch den Zusatz hygroskopischer Stoffe wie Hyaluronsäure, Xanthan oder Carbomer (beispielsweise in GeloRevoice®, Isla® med hydro+, beide ab sechs Jahren) wird der wasserbindende Effekt noch gesteigert.
Bei ausgeprägten Halsschmerzen und starken Schluckbeschwerden können PTA und Apotheker zur Anwendung von Lutschtabletten mit antiseptischen Substanzen wie Amylmetacresol und 2,4-Dichlorbenzylalkohol (wie in Neo-Angin® Halstabletten, ab sechs Jahren) raten. Gerne werden dabei betäubende und desinfizierende Wirkstoffe kombiniert (wie Dolo-Dobendan®, ab sechs Jahre). Halsschmerzpräparate mit dem antibiotisch wirksamen Tyrothricin (wie in Lemocin® und Dorithricin®) wurden bisher eher kritisch bewertet, da man ihnen keinen Mehrwert bei der Behandlung viraler Infektionen zusprach. Es gibt allerdings neue Studienergebnisse, die eine dosisabhängige antivirale Wirkung bei Dorithricin-Tabletten gezeigt haben.
Abwarten und Tee trinken: Erkältungen dauern einige Tage, mit oder ohne Therapie. Ein warmer Tee kann immerhin starke Halsschmerzen lindern.
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Schnupfen ade
Schnupfen ist lästig, egal ob die Nase läuft oder verstopft ist. Für eine freie Nasenatmung sorgen Rhinologika mit abschwellenden Wirkstoffen, die es in unterschiedlicher Dosierung für alle Altersgruppen gibt. Bei der Abgabe von Präparaten mit gefäßkontrahierenden α-Sympathomimetika wie Xylometazolin und Oxymetazolin ist zur Vermeidung von Gewöhnungseffekten ausdrücklich auf eine Anwendungsdauer von maximal sieben Tagen hinzuweisen. Es gibt auch Kombinationen mit pflegendem Dexpanthenol (zum Beispiel Nasic® für Kinder). Zubereitungen mit hypertoner Salzlösung (zum Beispiel Wick® Vapospray, hysan® Salinspray) wirken ebenfalls abschwellend. Sie nutzen das osmotische Prinzip. Die Gefahr eines Rebound-Effektes besteht hier nicht.
Fieberfrei
Anders als bei Erwachsenen geht ein grippaler Infekt bei Kindern häufig mit Fieber einher. Neigt das Kind nicht zu Fieberkrämpfen, sollten die Eltern zunächst Ruhe bewahren und erst bei Überschreiten von 39°C kindgerechte Antipyretika wie Paracetamol oder Ibuprofen einsetzen.
Alternativ bietet sich die Anwendung von Wadenwickeln an. Das dabei verdunstende Wasser entzieht dem überhitzten Körper überschüssige Wärmeenergie. In jedem Fall sollten fiebernde Kinder ausreichend trinken, um den durch das Schwitzen verursachten Wasserverlust auszugleichen. Noch ein Wort zum richtigen Fiebermessen: Bei Kindern unter drei Jahren sollte die Körpertemperatur am besten rektal bestimmt werden, denn das liefert die genauesten Ergebnisse. Messen mit dem Ohrthermometer ist aufgrund des engen Gehörganges für diese Altersstufe ungeeignet und empfiehlt sich erst ab dem vierten Lebensjahr. Außerdem sollte stets bedacht werden, dass der im Ohr, unter der Zunge oder an der Stirn gemessene Wert etwa 0,5°C niedriger als die rektal gemessene Körpertemperatur liegt.
Abhusten erleichtern
Die mittlere Erkältungsphase ist durch einen produktiven Husten gekennzeichnet. Auswurffördernde Arzneimittel, Expektoranzien genannt, unterstützen das Immunsystem bei seinen Bemühungen, den Erreger aus dem Körper zu befördern, und helfen, festsitzenden Schleim zu verflüssigen.
Neben chemischen Expektoranzien wie N-Acetylcystein und Ambroxol können Eltern auf zahlreiche etablierte Phytopharmaka zurückgreifen. Sie sind vielfach bereits im Säuglingsalter zugelassen. Extrakte aus Primelwurzel wirken auswurffördernd, Thymiankraut- (wie in Aspecton® Saft; Tussamag® Hustensaft N) und Efeublätter-Extrakte (wie in Prospan® Saft) besitzen zusätzlich bronchospasmolytisches Potenzial. Kombinationspräparate nutzen synergistische Effekte (zum Beispiel Bronchicum® Elixir, Saft mit Thymian und Primelwurzel; Bronchipret® Saft mit Thymian und Efeu).
1,8-Cineol (Hauptbestandteil von Eukalyptusöl) in Soledum® Kapseln Junior wird als entzündungshemmendes und schleimlösendes Präparat bei Erkältungen, insbesondere bei Bronchitis sowie bei entzündeten Nasen- und Stirnnebenhöhlen bei Kindern von zwei bis zwölf Jahren angewendet. Ebenfalls bewährt bei Katarrhen der Nebenhöhlen ist Sinupret® Saft (zugelassen ab einem Jahr). Es handelt sich dabei um eine standardisierte Mischung, bestehend aus fünf verschiedenen Arzneipflanzen. Bei entzündlichen Bronchialerkrankungen hat sich auch der Wurzel-Extrakt der Kapland-Pelargonie etabliert (wie in Umckaloabo® Saft, oder Tropfen, ab einem Jahr).
Inhalieren löst festsitzenden Schleim. Bei Kindern sollte man dazu isotonische Kochsalzlösung und einen Vernebler verwenden.
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Einen hohen Stellenwert bei der Behandlung grippaler Infekte haben Erkältungsbäder, -inhalationen und -salben auf Basis ätherischer Öle wie Eukalyptus-, Kiefernadel-, Myrten- oder Thymianöl. Aber Achtung: Kampfer und Menthol können bei Babys und Kleinkindern einen gefährlichen Stimmritzenkrampf auslösen. Für Kinder unter zwei Jahren sind daher ausschließlich kampfer- und mentholfreie Zubereitungen geeignet (zum Beispiel Babix®, Eucabal® Balsam S).
Warmer Wasserdampf, so wie er bei Bädern und Inhalationen entsteht, befeuchtet die Atemwege und löst festsitzendes Sekret. Er unterstützt so die Wirkung expektorierender Pflanzenöle. Aufgrund der Verbrühungsgefahr eignen sich klassische Inhalationen nicht für Kleinkinder. Selbst Schulkinder sollten niemals ohne Aufsicht inhalieren. Spezielle Vernebler (wie PariBoy®) können allerdings bereits bei Säuglingen mit spezieller Baby-Maske zum Lösen festsitzenden Schleims empfohlen werden. Um die empfindlichen Atemwege nicht zu reizen, sollten die Kleinsten dabei zunächst ohne ätherisches Öl, nur mit isotonischer Kochsalzlösung, inhalieren. Optimal sind dreimal täglich fünf bis zehn Minuten.
Reizstillend
Während eines grippalen Infekts werden die Schleimhäute der Atemwege stark beansprucht – ein trockener Reizhusten entsteht. Auch hier bietet sich der Einsatz reizlindernder Schleimdrogen (wie in Aspecton® Junior Hustenstiller mit Isländisch Moos, ab einem Jahr; Broncho-Sern® mit Spitzwegerichblättern, ab zwei Jahren; Phytohustil® Sirup mit Eibischwurzel, ab einem Jahr) an.
Daneben kann im Rahmen der Selbstmedikation des unproduktiven Reizhustens auch auf das zentrale Antitussivum Pentoxyverin zurückgegriffen werden (wie in Silomat® Saft, Sedotussin® Hustenstiller Saft, beide ab zwei Jahren zugelassen). Die Einnahme ohne ärztliche Anweisung ist auf einen Zeitraum von zwei bis längstens drei Wochen beschränkt. Ein Tipp: Die Einnahme zentral wirksamer Antitussiva kann insbesondere zur Nacht sinnvoll sein, denn sie beschert den Kindern einen erholsamen Schlaf. Bei produktivem Husten ist dies aufgrund der Gefahr eines Sekretstaus durch zentrale Hemmung des Hustenreflexes allerdings kontraindiziert.
Starke Abwehr
Ein starkes Immunsystem kann Kinder zwar nicht gänzlich vor grippalen Infekten bewahren, mildert aber die Symptome und verkürzt die Dauer. Das A und O einer guten Abwehr sind eine abwechslungsreiche, ausgewogene und vitaminreiche Kost, ausreichend Schlaf und nicht zuletzt viel frische Luft.
Das pflanzliche Präparat Imupret® mit Extrakten aus Eibischwurzel, Kamillenblüten, Schachtelhalmkraut, Walnussblättern, Schafgarbenkraut, Eichenrinde und Löwenzahnkraut (Lösung geeignet für Kinder ab zwei Jahren) sowie das homöopathische Komplexpräparat Meditonsin® (Lösung und Globuli ab sieben Monaten) sollen die Abwehr stärken und damit insgesamt Erkältungssymptome mildern. Heißgetränken oder Lutschtabletten mit Vitamin C und Zink werden ähnliche Effekte zugesprochen. /
Prävention
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