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Erste Hilfe

Alles im Kasten

09.10.2018  11:25 Uhr

Von Caroline Wendt / Im Auto ist das Mitführen eines Verbandskastens Pflicht. Doch auch für zu Hause ist ein Erste-Hilfe-Set empfehlenswert. Sind noch alle nötigen Bestandteile enthalten? Ist das Verfallsdatum einzelner Produkte überschritten? Kleben die Pflaster noch? Bei der Durchsicht des Kastens können PTA und Apotheker ihre Kunden unterstützen.

Ob beim Gemüseschneiden, Gardinenaufhängen oder beim Griff in den ­heißen Backofen: Die meisten Unfälle passieren im Haushalt. Laut einer Schätzung des Robert-Koch-Instituts sind es in Deutschland etwa 3,15 Millionen Unfälle jährlich. Meist handelt es sich lediglich um Bagatellen. Doch auch eine scheinbar banale Schnittverletzung sollte schnell und richtig versorgt werden. Ein gut ausgestatteter Erste-Hilfe-Kasten sollte daher in keiner Hausapotheke fehlen.

Bei einem kleinen Schnitt in die ­Fingerkuppe reicht in der Regel ein ­einfaches Pflaster, auch Wundschnellverband genannt, aus. Fertige Sets wie Ratioline® Sensitive Pflasterstrips ­haben den Vorteil, dass sie direkt ­einsatzbereit sind und verschiedene Größen enthalten. Selbst zuschneidbare Pflasterstücke (zum Beispiel Hansaplast® Classic) lassen sich dagegen besser individuell anpassen. PTA und Apotheker können den Kunden zudem zeigen, wie sie mithilfe des sogenannten Schmetterlingsschnitts einen Fingerkuppenverband anfertigen.

Dafür einfach ein Stück Pflaster ­abschneiden, das doppelt so groß ist wie die zu überdeckende Wunde. Dann auf der Mitte der Klebestreifen rechts und links der Wundauflage je einen Keil herausschneiden. Nun die eine Hälfte des Pflasters um den verletzten Finger kleben, sodass die ­andere Hälfte über die Fingerkuppe hinaussteht. Diese anschließend um den verletzen Finger legen und festkleben.

Erscheint das Zurechtschneiden des Pflasters zu kompliziert, gibt es auch fertige Fingerkuppenverbände (zum Beispiel Dracoplast Waterproof Fingerkuppenpflaster). Je nach Hauttyp sollten PTA und Apotheker auf den richtigen Klebstoff im Pflaster achten. Vor allem Kleber, die Kautschuk (Latex) enthalten, können Allergien auslösen. Bei hautempfindlichen oder zu Allergien neigenden Personen sollen sensitive Pflaster zum Einsatz kommen. Hier sind die Naturharze durch besser ver­trägliche Kunstharze ersetzt.

Wenn es tiefer geht

Hat das Küchenmesser oder die Bastelschere nicht nur die äußeren Hautschichten durchtrennt und geht der Schnitt tiefer, reicht ein Pflaster mit­unter nicht aus. Dann muss ein Arzt die Verletzung versorgen. Aber vorher muss ein Ersthelfer zu sterilen ­Kompressen (zum Beispiel Hartmann® ES-Kompressen) und elastischen Fixierbinden (beispielsweise DracoElfi elastische Fixierbinde) greifen. Die Kompresse soll die Wunde komplett bedecken, die Fixierbinde hält sie am Platz. Um die Binde zu befestigen, sollte auch eine Rolle Fixierpflaster (zum Beispiel Hansaplast® Classic Fixierpflaster) im Haushalt sein. Ein Verbandpäckchen (zum Beispiel Hartmann® Verbandpäckchen) erleichtert die schnelle Erstversorgung; hierbei ist die Kompresse direkt auf der Mullbinde aufgebracht.

Bei Brandwunden-Verbandpäckchen (zum Beispiel Aluderm® Verband­päckchen) verhindern speziell beschichtete Oberflächen das Verkleben der Kompresse mit der Wunde. Um ­offene Brandwunden schnell und steril abzudecken, eignet sich auch ein steriles Brandwunden-Verbandtuch (zum Beispiel Brinkmann Brandwunden-­Verbandtuch steril). Verbrennungen sollten durch den Ersthelfer lediglich locker und keimfrei bedeckt und nicht fest verbunden werden.

Im Notfall gut versorgt

Um bei kleineren Verletzungen zu Hause Erste-Hilfe leisten zu können­, gehören auch einige Arznei­mittel in die Hausapotheke. Freiverkäufliche Analgetika gegen akute Schmerzen­ oder Antihistaminika, etwa zur Einnahme nach einem Bienenstich, und auch Wunddesinfektionsmittel für die Erstversorgung von Schnitt- oder Schürfwunden sind sinnvolle Ergänzungen im Notfallset.

Eine vollständige Checkliste zur Hausapotheke stellt die ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände auf ihrer Internetseite als PDF zur Verfügung.

Kleine Brandverletzungen an Händen oder Armen, bei denen die Haut zwar gerötet, aber an sich noch intakt ist, können leicht unter fließendem ­Leitungswasser gekühlt werden. Doch sollte das Wasser nicht eiskalt sein: Die ideale Temperatur beträgt 20 °C. Zu kaltes Wasser kann das Gewebe schädigen und zu Unterkühlungen führen. Deshalb sind auch Kühlkompressen kontraindiziert.

Diese haben einen anderen Einsatzzweck, nämlich bei Verletzungen der Knochen, Gelenke oder Muskeln. Doch auch hier darf die kalte beziehungsweise tiefgekühlte Kompresse nicht direkt auf die Haut gelegt werden. Ein sauberes Baumwoll- oder Leinentuch oder ein spezieller ­mitgelieferter Schutzmantel für die Kompresse (wie bei Kalt-/Warm Kompresse mit Vlieshülle) verhindern, dass die Haut Schaden nimmt. Elastische, selbstklebende Binden, zum Beispiel Peha Haft Color, stabilisieren die ­zudem betroffenen Körperteile. Die Binden dürfen jedoch nie so fest angelegt ­werden, dass die Blutzufuhr eingeschränkt ist.

Der Allrounder

Egal ob Hand-, Fuß-, Ellenbogen oder Schulterverband: Das Dreiecktuch (zum Beispiel Dreiecktuch Weiß Lohmann) ist ein wahrer Alleskönner und sollte daher auch in keiner Hausapotheke fehlen. Es dient dabei nicht nur als Armschlinge, um etwa einen schmerzenden Ellenbogen ruhig zu stellen, sondern kann auch bei offenen Wunden Verwendung finden. Befindet sich beispielsweise eine größere Wunde auf dem Handrücken, kann nach Auflegen einer sterilen Kompresse ­einfach die gesamte Hand locker in das Dreiecktuch eingeschlagen werden.

Ist bei stark blutenden Wunden ein Druckverband nötig, kann ebenfalls ein Dreiecktuch helfen. Hierfür die Spitze des Tuches zur Mitte der Basis einschlagen, und dann das Tuch immer wieder falten, bis eine schmale Krawatte ­daraus geworden ist. Für einen Druckverband wird dann diese Krawatte über eine vorher aufgelegte Kompresse gewickelt. Zwischen dem ersten und zweiten Umschlag der Krawatte kommt ein Druckkissen auf die Wunde. Hierbei kann es sich zum Beispiel auch um eine noch verpackte Mullbinde handeln. Der Knoten des Druckverbandes sollte über der Wunde liegen.

Richtig lagern

Nicht nur Arzneimittel mögen es kühl und trocken, auch Verbandsmittel gehören nicht in Küche oder Badezimmer. Dennoch sind das genau die beiden Orte in einer Wohnung, an denen die meisten ihre Hausapotheke aufbewahren. PTA und Apotheker sollten den Kunden daher bei der Beratung mit auf den Weg geben, dass das Klima in ­Küche und Bad die Haltbarkeit von ­Arzneimitteln und Verbandsmaterialien beeinträchtigen kann. Durch eine erhöhte Luftfeuchtigkeit kann beispielsweise eine sterile Verpackung Schaden nehmen. Hohe Temperaturen können die Klebkraft von Pflastern ­verringern.

Die Erste-Hilfe-Box sollte aber auch nicht in der hintersten Ecke des ­Kleiderschranks stehen: Im Notfall müssen Kompressen und Co. schnell zur Hand sein. Ein Schränkchen im Flur, das von allen Zimmern schnell zu erreichen ist, ist da besser geeignet. Doch auch bei sachgemäßer Lagerung können Verbandsstoffe ihre Funktionalität einbüßen. Das Verfallsdatum zeigt den Zeitraum an, für den der Hersteller beispielsweise eine einwandfreie Sterilität garantiert. Was beim Auto der TÜV übernimmt, kann für die Hausapotheke die PTA erledigen: In einem regelmäßigen Check-up klären, was im Erste-Hilfe-Kasten fehlt oder ob Verfallsdaten einzelner Produkte überschritten sind.

Nützliche Helfer

Das richtige Verbandsmaterial ist eine Grundvoraussetzung für hygienisches Arbeiten. Doch auch Einmalhand­schuhe gehören ohne Frage zur Ausstattung einer jeden Hausapotheke. Damit beim Wechsel eines Verbandes nicht noch weiterer Schaden entsteht, sollte jeder Erste-Hilfe-Kasten zudem eine Verbandsschere enthalten. Durch die abgerundete untere Klinge kann die Schere leicht unter den Verband geschoben werden, ohne dabei die Haut zu verletzen. Der Knick in der Schere bewirkt, dass die Schere nur den Verband schneidet.

Und welche Pinzette gehört in die Hausapotheke? Am besten zwei, eine spitze Pinzette zum Entfernen von ­Splittern und eine zum Entfernen von Zecken (Zeckenzange). Alternativ kann es sich dabei natürlich auch um eine ­Zeckenkarte oder ein Zeckenlasso ­handeln.

Um im Notfall einen klaren Kopf zu bewahren, sollte ganz oben im Kasten eine Anleitung zur Ersten Hilfe liegen. Diese sollte auch alle wichtigen Notfallnummern beinhalten: Die Nummer des Hausarztes, des ärztlichen Notdienstes und gegebenenfalls die des Kinderarztes gehören genauso dazu wie der Notruf 112 und die Nummer der Giftnotrufzentrale. /

Auswahl einiger Produkte zur Ersten Hilfe

Hilfsmittel in der Hausapotheke Beispiele
Wundschnellverbände/Pflaster Hansaplast® Classic, Ratioline® Sensitive Pflasterstrips
Sterile Kompressen Hartmann® ES-Kompressen
Elastische Mullbinde DracoElfi elastische Fixierbinde
Verbandpäckchen (steril) Hartmann® Verbandpäckchen
Brandwunden-Verbandpäckchen Aluderm® Verbandpäckchen
Pflaster (auf der Rolle) Hansaplast® Classic Fixierpflaster
Dreiecktuch Dreiecktuch Weiß Lohmann
Brandwunden-Verbandtuch Brinkmann Brandwunden- Verbandtuch steril
Selbsthaftende elastische Binde Peha Haft Color
Kühlkompresse Kalt-/Warm Kompresse Vlieshülle
Verbandsschere Dr. Junghans® Verbandsschere
Zeckenzange Zeckenzange ultra
Splitterpinzette Frank® Splitterpinzette
Einmalhandschuhe Peha-fol® Einmalhandschuhe
Erste-Hilfe-Anleitung Dr. Junghans® Erste Hilfe Anleitung
Liste mit Notfallnummern Hausarzt, Notarzt, Giftnotruf u.a.
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