Die fabelhaften Vier |
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Es ist nicht wegzudiskutieren: Die Haut beginnt bereits mit etwa 25 Jahren, sich strukturell und funktionell zu verändern. Und diese Prozesse führen über die Jahre hinweg zur Altershaut, der fast ein wenig despektierlich klingenden Bezeichnung für die reife Haut. Während die biologische Hautalterung nicht zu beeinflussen ist, haben geeignete Pflegemaßnahmen durchaus das Potenzial das sogenannte Umweltaltern hinauszuzögern. Ein Zuviel an Sonne, Rauch und Alkohol meidet man dem Erscheinungsbild seiner Haut zuliebe am besten ganz.
Die Inhaltsstoffe von Pflegekosmetika für die reife Haut sollten vor allem Folgendes können: Sie sollten dabei helfen, die Wiedervernetzung der epidermalen Barriere voranzutreiben, und den angegriffenen Hydrolipidfilm wieder aufbauen. Deshalb enthalten empfehlenswerte Pflegeprodukte reichlich lipidhaltige und hydratisierende Inhaltsstoffe.
Lipide wie etwa Ceramide sind nicht unerheblich an der Ausbildung eines intakten Stratum corneums beteiligt. Sie sorgen für eine bessere Vernetzung der einzelnen Hautzellen und wirken wie Kittsubstanzen. Studien belegen, dass topisch applizierte Ceramide die Hautfeuchte verbessern und die Schuppigkeit der Haut reduzieren. Die aktuelle Leitlinie »Dermokosmetika gegen Hautalterung« der Gesellschaft für Dermopharmazie (GD) schreibt Polypeptiden eine geprüfte Wirksamkeit gegen die Alterungsprozesse der Haut zu. Die Hautbarriere lässt sich auch mit Lipidvorläufern wie Milchsäure, Serin oder α-Liponsäure stärken.
Fett und Feuchte
Kosmetikhersteller greifen auch gern auf pflanzliche Öle zurück, etwa aus den Samen von Nachtkerze oder Borretsch. Diese Öle weisen einen hohen Anteil mehrfach ungesättigter Omega-Fettsäuren auf, die die Kittsubstanzen der Hornhaut stabilisieren helfen. Auch Phytosterole wie Campesterol aus Rapsöl oder Stigmasterol aus Soja kommen infrage. Durch die Strukturähnlichkeit mit Cholesterol lagern sich Phytosterole gut in die lamellaren Lipidschichten der Hornschicht ein, stabilisieren diese und vermindern die Permeabilität und Fluidität der Membranen.
Als zweite unverzichtbare Komponente in Dermokosmetika für die reife Haut gelten Moisturizer, also Stoffe mit stark hygroskopischem Charakter, hierbei allen voran die Hyaluronsäure. Zusammen mit Kollagen und Elastin gehört sie zu den wichtigsten Komponenten der extrazellulären Matrix in der Dermis. Doch ihre Konzentration ist in höherem Lebensalter deutlich vermindert. Die dadurch verminderte Wasserbindungsfähigkeit der Dermis wird für den nachlassenden Hautturgor verantwortlich gemacht.
Bei der Zufuhr von außen macht man sich zunutze, dass sie das Tausendfache ihres Volums an Wasser zu binden vermag. In Kosmetika eingesetzte Hyaluronsäure-Abbaufragmente mit Molekulargewichten von 50 000 bis 100 000 können nach derzeitigem Kenntnisstand in die Haut eindringen und zu ihrer Hydratation bei gleichzeitiger Verringerung der Faltenbildung beitragen, heißt es in der GD-Leitlinie.
Retinol Dritter im Bunde
Der im Alter nur noch eingeschränkt funktionierende Hydrolipidmantel der Haut ist die eine Sache. Die andere ist der Strukturabbau in tieferen Hauschichten. Im Bindegewebe bauen sich elastische und kollagene Fasern ab, die Gerüstbildner der Haut.
Als bestwirksame Anti-Aging-Substanz gilt Vitamin A beziehungsweise seine kosmetisch nutzbaren Derivate, Retinoide genannt, wie Retinol und das etwas mildere Retinylpalmitat, heißt es in der GD-Leitlinie. Zwar ist die biologische Wirksamkeit der Retinoide deutlich schwächer als die der Retinsäure (Tretinoin), also die biologisch aktive Form des Vitamin A, die in der Akne-Therapie Verwendung findet. Dennoch gibt es viele Untersuchungen, die einen wirksamen Anti-Aging-Effekt von Retinol und Retinylpalmitat dokumentieren.
Vitamin A vermag die Mitoserate der Basalzellen zu steigern, außerdem die bindegewebsbildenden Zellen in der Lederhaut und die Produktion von Kollagen anzukurbeln. Die Aktivität der bindegewebsabbauenden Kollagenasen wird hingegen gedrosselt. Und ein weiterer Wirkungsmechanismus wird den Retinoiden zugeschrieben: In kultivierten menschlichen Hautfibroblasten induzierte Retinol die Expression des Elastin-Gens und die Bildung von elastischen Fasern. Alles in allem wird die atrophierte Altershaut somit wieder dicker. Die Haut wird glatter, straffer, kleine Fältchen werden ausradiert. Durch einen leichten Peelingeffekt erscheint das Hautoberflächenrelief ebenmäßiger.
Strukturgeber Kollagen
Die vierte Komponente im Fab-Four-Bunde der wirksamen Pflegekosmetika ist Kollagen; durchaus plausibel, ist Kollagen doch das Strukturprotein Nummer eins in unserer Haut. 70 Prozent des Bindegewebes und der Lederhaut bestehen aus diesem Faserprotein, das wie ein Gerüst für Festigkeit und Stabilität sorgt.
Kollagen in jungem Bindegewebe ist überwiegend unvernetzt innerhalb der drei zur Tripelhelix verdrillten Polypeptidketten und durch die Anordnung seiner polaren Gruppen gut hydratisierbar. Ein Umstand, der ihm auch die Bezeichnung lösliches Kollagen eingebracht hat. Das Problem: Im Laufe der Jahre bilden sich innerhalb des Kollagens Quervernetzungen, was seine Wasseraufnahmefähigkeit mindert und sich negativ auf seine Gerüstfunktion auswirkt. Das Kollagen wird unlöslich.
Als Gesichtspflege appliziert, bewirkt Kollagen die Bindung von ordentlich Feuchtigkeit in der Hornschicht. Selbst in trockener Umgebung vermögen Kollagencremes Wasser in der Hornschicht über Stunden zurückzuhalten. Aufgrund dieser Fähigkeit kann Kollagen Unregelmäßigkeiten in den oberen Hautschichten ausfüllen und der Haut ein weiches und ebenmäßiges Erscheinungsbild verleihen.
Zugegeben: Dass Kollagen aus kosmetischen Topika bis in die Lederhaut eindringt und dort den Verlust an löslichem Kollagen ausgleicht oder dessen Neubildung anregt, konnte bislang nicht belegt werden. Ein solcher Verjüngungseffekt ist wegen der Molekülgröße und der damit verbundenen Penetrationsproblematik auch nicht zu erwarten. Doch haben moderne Kollagen-Präparate in der jüngsten Zeit diesbezüglich aufgeholt. Sie arbeiten mit Kollagen-Hydrolysaten (auch orale Anwendung), kleinen Kollagen-Peptiden oder mit mi- kroverkapseltem Kollagen, die den Strukturgeber in tiefer gelegene Hautschichten schleusen können. Objektive Studienergebnisse fehlen bislang allerdings.
Die Alterungsprozesse in der Haut machen klar, warum die Haut ab 40 ein Plus an Fett und Feuchtigkeit benötigt.
Insgesamt wird die Haut dünner, rissiger und verletzlicher, denn tief in der Haut, im Bindegewebe, bauen sich elastische und kollagene Fasern ab, und immer weniger Wasser kann dort gehalten werden. Die Haut verliert an Spannung und Elastizität. Mit zunehmendem Alter sondern die Talgdrüsen weniger Hauttalg ab, die Schweißdrüsen weniger Schweiß. Dadurch wird der schützende Hydrolipidmantel der Haut dünner, reißt stellenweise auf. Die Haut beginnt zu schuppen.
Auch die Zusammensetzung der Kittsubstanzen zwischen den toten Hornzellen der Epidermis verändert sich mit zunehmendem Alter. Dieses verbindend wirkende lamellare Lipidgemisch aus Ceramiden, Cholesterol und freien Fettsäuren bewahrt die Haut vor allem davor, dass aus tieferen Hautschichten Wasser entweicht. Untersuchungen haben gezeigt, dass beispielsweise der Gehalt an mehrfach ungesättigten Fettsäuren in der Kittsubstanz der Altershaut deutlich abnimmt. Ebenso lässt die Produktion der natürlichen Feuchthaltefaktoren nach, die normalerweise Feuchtigkeit in der Hornschicht zurückhalten. Letztlich ist der transepidermale Wasserverlust bei älteren Menschen deutlich höher als bei jungen. Die Haut wird trockener.