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Diabetes mellitus

Therapie heute und morgen

09.11.2015  13:37 Uhr

Von Isabel Weinert / Noch immer liegt die Lebenserwartung von Diabetikern unter derjenigen der ­gesunden Durchschnitts­bevölkerung. Moderne ­anwendungsfreundliche Therapien ­helfen dabei, ­ die gegebene Lebenszeit mit einer guten Lebens­qualität verbringen zu können.

Laut Praxisempfehlungen der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) zur Therapie des Typ-2- Diabetes besteht das übergeordnete Ziel darin, gemeinsam mit dem Patienten ein individuell vereinbartes Therapieziel zu finden. Die Individualisierung bezieht sich auf Präferenzen des Patienten, zusätzliche Erkrankungen, sein psychosoziales Gefüge und die Gesundheitskompetenz des Patienten. Das bedeutet nicht, dass jeder Arzt nach Gutdünken therapieren kann, sondern er orientiert sich an den Rahmenvorgaben der Fachgesellschaften. Weil die meisten Diabetiker in Deutsch­land an Typ-2-Diabetes leiden, liegt der Schwerpunkt in diesem Beitrag auf dieser Patientengruppe.

Typ-2-Diabetes entwickelt sich aus einer Mischung von nicht beeinflussbaren Faktoren, nämlich genetischer Vorbelastung und Alter, und beeinflussbaren Parametern, die unter dem Begriff Lebensstil zusammengefasst werden. Dazu zählen Ernährungsweise, Bewegungsverhalten, Körpergewicht und Nicotingenuss. Am Lebensstil sollen Ärzte zuerst ansetzen, wenn sie einen neu diagnostizierten Typ-2-Diabetiker vor sich haben. Man spricht bei diesen Maßnahmen auch von der Basistherapie: Drei bis sechs Monate lang beobachtet der Arzt, ob sich die Gesundheitsparameter beim Patienten verbessern, also Blutzucker, Blutdruck, Blutfettwerte und Körpergewicht, wenn dieser über diesen Zeitraum kalorien­reduziert und dennoch ausgewogen isst, mehr Bewegung in seinen Alltag einbaut, an Gewicht abnimmt und es schafft, vom Rauchen loszukommen. Für PTA erschließen sich im Bereich ­dieser Basistherapie zahlreiche Beratungsfelder im Bereich Ernährung, Motivation und Zigaretten-Entwöhnung.

Der Blutzucker-Langzeitwert HbA1c sollte nach Ablauf der drei bis sechs Monate zwischen 6,5 und 7,5 liegen. Damit der Patient weiß, in welche Richtung er sein Verhalten ändern soll, bekommt er zu Beginn der Basistherapie eine strukturierte Schulung. Sie ist heute Standard in der Diabetestherapie.

Von Anfang an Tabletten

Allerdings gibt es auch Patienten, bei denen der Arzt von vorneherein weiß, dass eine Basistherapie allein nicht ausreichen wird, um die relevanten Stoffwechselparameter in die gewünschte Richtung zu beeinflussen. Das gilt zum Beispiel bei stark übergewichtigen Patienten, sehr hohen Blutzuckerwerten oder weil der Patient wahrscheinlich nicht in der Lage sein wird, Schulungsinhalte intellektuell zu erfassen und umzusetzen. Dann und wenn die Basistherapie nicht den gewünschten Therapieerfolg bringt, kommt der wichtigste Arzneistoff gegen Typ-2-Diabetes zum Einsatz: Metformin.

Das Biguanid Metformin verbessert die Wirkung körpereigenen Insulins vor allem, indem es die Neubildung von Glucose und deren Freisetzung aus der Leber hemmt. Der Arzneistoff wartet mit einigen Eigenschaften auf, die sich Mediziner in der Behandlung von Typ-2-Diabetikern wünschen: Er senkt den Blutzucker nicht zu tief, das heißt, Unterzuckerungen (Hypoglykämien) sind praktisch nicht möglich. Ein entscheidender Punkt, denn zu tiefe Blutzuckerwerte können das Leben des Betroffenen potenziell gefährden. Außerdem nimmt der Diabetiker unter Metformin nicht an Gewicht zu. Das ist ebenfalls ein wichtiger Punkt, da die meisten Typ-2-Diabetiker zu viel wiegen und möglichst nicht noch weiter zunehmen sollen. Zudem senkt der Arzneistoff die Sterblichkeit von Typ-2-Diabetikern. Dabei spielen positive Effekte auf das Herz-Kreislauf-System eine Rolle, aber womöglich auch vor Tumoren schützende Effekte.

Dem gegenüber stehen als häufige Nebenwirkungen Magen-Darm-Probleme zu Beginn der Therapie. Dagegen hilft, die Dosis über zwei Wochen hinweg langsam zu steigern, das Mittel immer unmittelbar nach dem Essen einzunehmen und bei wieder auftretenden Beschwerden die Dosierung vorübergehend zu senken. Das genaue Prozedere sollte der Arzt vorgeben, PTA können jedoch auf diese Möglichkeiten hinweisen. Eine gefürchtete Komplikation unter Metformin ist eine Lactatazidose, eine lebensbedrohliche Übersäuerung des Blutes. Berichtet ein mit Metformin behandelter Typ-2-Diabetiker in der Apotheke von zunehmender Übelkeit, Erbrechen und/oder Unwohlsein, sollte die PTA genauer fragen und vorsichtshalber zu einem Arztbesuch raten. Hinter diesen unspezifischen Symp­tomen kann sich eine beginnende Lactatazidose verbergen. Verträgt ein Diabetiker Metformin nicht oder ist der Arzneistoff kontraindiziert, kann der Arzt laut DDG als Optionen für eine Monotherapie einen DPP-4-Inihibitor, Insulin, einen SGLT-2-Inhibitor, einen Sulfonylharnstoff oder ein Glinid, Glucosidasehemmer oder Pioglitazon wählen.

DPP-4-Inhibitoren

DPP-4-Inhibitoren sorgen dafür, dass das körpereigene Darmhormon Glucagon-like Peptid 1 (GLP-1) länger wirkt. Sie hemmen dazu das Enzym Dipeptidylpeptidase 4, das GLP-1 normalerweise schnell wieder abbaut. Arzneistoffe aus dieser Gruppe sind Saxa­gliptin, Sitagliptin und Vildagliptin. Die längere Wirkdauer von GLP-1 hilft dem Diabetiker in mehrfacher Hinsicht: GLP-1 hemmt die Magenentleerung und stimuliert die Betazellen der Bauchspeicheldrüse, Insulin freizusetzen, aber nur dann, wenn der Blutzucker gerade ansteigt. Zudem vermittelt es Sattheit und sorgt dafür, dass weniger Glucose aus der Leber freigesetzt wird. DPP-4-Hemmer kommen oral zum Einsatz. Sie bergen in Monotherapie kein nennenswertes Unterzuckerrisiko und beeinflussen das Körpergewicht nicht.

Nicht alle helfen beim Abnehmen

Für den größten Teil der Typ-2-Diabetiker ist es wichtig, abzunehmen. Neue Wirkstoffe können das unterstützen, genauer gesagt GLP-1-Agonisten und SGLT-2-Hemmer. Neutral in Bezug auf das Körpergewicht verhalten sich Acarbose, Metformin und DPP-4-Hemmer. Das Körpergewicht steigt meist unter Insulin, Pioglitazon und Sulfonylharnstoffen.

Letzteres unterscheidet sie von den GLP-1-Analoga – gleicher Ansatzpunkt, anderer Wirkmechanismus. Zu den GLP-1-Analoga zählen Exenatid, Liraglutid, Dulaglutid und Lixisenatid. Sie werden injiziert und kommen zum Beispiel dann zum Einsatz, wenn orale Antidiabetika versagen. GLP-1-Analoga sorgen für eine gute Gewichtsabnahme und lösen ebenfalls keine Unterzuckerungen aus. Der gewichtsmindernde Effekt von Liraglutid führte sogar zu einer EU-Zulassung des Präparates Saxenda® zum Einsatz bei übergewichtigen Erwachsenen unter speziellen Voraussetzungen. Mittlerweile existiert für Typ-2-Diabetiker eine Fixkombination aus dem Basalinsulin Insulin degludec und dem GLP-1-Analogon Liraglutid (Xultophy® von Novo Nordisk), die zusätzlich zu einem oralen Antidiabetikum gegeben werden kann. Das GLP-1-Analogon verhindert größtenteils den mit Insulin oft einhergehenden Gewichtsanstieg. Bei GLP-1-Analoga treten zu Therapiebeginn vermehrt Übelkeit und Brechreiz auf. Die Beschwerden klingen jedoch meist nach einigen Tagen ab und verschwinden ganz. Immer ist zu beachten: Die Unterzuckergefahr kann sich bei Kombinationstherapien im Vergleich mit der Monotherapie verändern. Das gilt besonders, wenn sich unter den Kombinationspartnern Insulin oder Sulfonylharnstoffe befinden.

Insulin

Insulin kann Hypoglykämien auslösen, und viele Diabetiker nehmen zu Beginn einer Insulintherapie zu. Wichtig für die Betroffenen: Nicht alles, was bei Beginn einer Insulintherapie an Gewicht hinzukommt, ist Fett. Der Körper holt sich vielmehr, was er aufgrund der hohen Blutzuckerwerte vor Therapiebeginn verloren hat, nämlich Wasser und Energie. Energie in Form von Glucose geht bei hohem Blutzucker über den Urin verloren, und diese nimmt aufgrund ihrer Hygroskopizität reichlich Wasser mit. Normalisieren sich die Zuckerwerte durch Insulin, pegeln sich Wasser- und Energiehaushalt wieder auf einem normalen Niveau ein. Damit steigt das Gewicht. Gegenmaßnahmen können nur in bewusster Ernährung und Bewegung bestehen.

Ein wichtiger Tipp: Insulin ist kein Freifahrtschein für unbeschwertes Zulangen. Wer sich so verhält, betreibt Insulinmast mit sich selbst. Weil Insulin immer die Gefahr von Unterzuckerungen birgt, sollten Typ-2-Diabetiker über die Symptome aufgeklärt werden und immer Traubenzucker bei sich haben. Gerade für ältere Menschen empfehlen sich Glucosegele statt Traubenzucker-Täfelchen, deren Öffnen doch einer guten Feinmotorik bedarf. Das ist bei Senioren oft nicht mehr gegeben. Während bei einer Therapie mit oralen Antidiabetika nur in Sondersituationen Blutzucker-Teststreifen verordnet werden (siehe dazu auch Seite 34), stehen Diabetikern, die Insulin spritzen, Teststreifen zulasten der GKV zu. Über die Menge entscheidet der Arzt. Sie hängt auch vom Therapieregime ab.

SGLT-2-Inhibitoren

Vertreter wie Dapagliflozin und Empagliflozin hemmen in den Kanälchen der Nieren sogenannte Natrium-Glucose-Transporter (engl.: Sodium dependent glucose transporter, SGLT). Diese sind dazu da, Glucose aktiv aus dem Primärharn in den Körper zurückzubefördern. Unter SGLT-2-Inhibitoren geht das nur noch eingeschränkt. Glucose gelangt über den Urin aus dem Körper, dadurch sinkt der Blutzucker. Weil mit der Glucose auch vermehrt Wasser ausgeschieden wird, bessern sich oft auch die Blutdruckwerte. Dieser Effekt kann bei Menschen mit metabolischem Syndrom erwünscht sein. Durch die hohe Glucosekonzentration im Urin können Infektionen im Urogenitalbereich gehäuft auftreten. Eine normale Körperhygiene mit täglichem Waschen mit Wasser im Intimbereich kann dem entgegenwirken.

Unter SGLT-2-Hemmern entwickeln sich allerdings Ketoazidosen, deren Ursache nicht in zu hohen Blutzuckerwerten begründet ist. Das rief die US-Gesundheitsbehörde und die europäische Arzneimittelbehörde EMA auf den Plan. Derzeit wird nach der Ursache dieser gehäuft auftretenden lebensbedrohlichen Nebenwirkung gefahndet. Positiv hingegen zeichnen sich die Effekte von Empagliflozin auf das Herz-Kreislauf-System ab. Es zeigte als erstes Antidiabetikum in einer entsprechenden Endpunktstudie eine Reduktion des kardiovaskulären Risikos.

Sulfonylharnstoffe

Wie Metformin sind auch Sulfonylharnstoffe bereits viele Jahre auf dem Markt. Ihr Ruf steht dem von Metformin allerdings nach, denn im Laufe der Zeit haben sich einige Nachteile dieser Wirkstoffgruppe herauskristallisiert. Schwere und lang anhaltende Unterzuckerungen sind möglich, die Herz-Kreislauf-Sterblichkeit ist erhöht, eine Gewichtszunahme unter der Therapie wahrscheinlich, und zwar vor allem beim ungesunden viszeralen Bauchfett. Arzneistoffe dieser Gruppe, wie Glibenclamid und Glimepirid, besetzen und blockieren kleine Kanälchen an der Oberfläche der Insulin-produzierenden Betazellen der Bauchspeicheldrüse. Daraufhin öffnen sich Calciumkanäle, Calcium strömt in die Zellen ein – ein Signal für die Betazelle, Insulin auszuschütten, und zwar auch dann, wenn der Blutzucker gar nicht (mehr) gesenkt werden müsste. Das kann zu besagten Hypoglykämien führen und außerdem dafür sorgen, dass sich die Bauchspeicheldrüse schneller erschöpft als es dem chronischen Verlauf des Typ-2-Diabetes entsprechen würde. Trotz aller Nachteile spielen Sulfonylharnstoffe nach wie vor eine Rolle bei der Diabetes-Therapie und können im Einzelfall gerechtfertigt sein.

Die kürzer als Sulfonylharnstoffe wirksamen Glinide wie Repaglinid und Nateglinid wurden vom Gemeinsamen Bundesausschuss negativ bewertet. Nateglinid soll nicht mehr, Repaglinid nur noch in bestimmten Ausnahmefällen verordnet werden dürfen. Die Substanzgruppe spielt nur noch eine untergeordnete Rolle. Liegt dennoch eine Verordnung über Repaglinid vor, ist auch hier der Hinweis wichtig, dass Unterzuckerungen möglich sind.

Alpha-Glucosidasehemmer

In Deutschland steht aus dieser Gruppe nur der Wirkstoff Acarbose zur Verfügung. Er verhindert steile Blutzuckeranstiege nach einer Mahlzeit, indem er die α-Glucosidase im Darm hemmt. Dieses Enzym spaltet Kohlenhydrate aus der Nahrung in Glucosebausteine. Zu Therapiebeginn machen vielen Patienten Magen-Darm-Beschwerden zu schaffen. Deshalb sollte die Dosierung zu Beginn gering sein und nur langsam gesteigert werden. Eine Acarbose-ähnliche Wirkung kann auch mit der Zufuhr reichlich ballaststoffreicher Lebensmittel gelingen. Sie sorgen ebenfalls für einen langsameren und gleichmäßigeren Übergang von Glucose in die Blutbahn. Acarbose löst keine Unterzuckerungen aus.

Pioglitazon

Glitazone sorgen dafür, dass Insulin wieder besser an den Zellen wirken kann. Sie mindern also die Insulinresistenz. Außerdem regen sie die Bildung von Proteinen an, die den Zuckertransport in die Zellen fördern und hemmen in der Leber die Glucoseneubildung. In Verruf geraten war der erste marktreife Vertreter der Gruppe, Rosiglitazon, weil er das Risiko für Herz-Kreislauf-Ereignisse zu erhöhen schien. Das führte 2010 zur Marktrücknahme. Der zweite Wirkstoff im Markt, Pioglitazon, kann in Deutschland auf Privatrezept verordnet werden.

Insulintherapie – die Abkürzungen kennen

Verschiedene Insulintherapien kommen bei Diabetes zum Einsatz. Hier die wichtigsten:

  • BOT = Basal unterstützte orale Therapie Geeignet für Typ-2-Diabetiker. ­Zusätzlich zu einem oralen Anti­diabetikum spritzen die Patienten ein- oder zweimal täglich ein ­Basalinsulin.
  • SIT = Supplementäre Insulintherapie Geeignet für Typ-2-Diabetiker. Zu den Mahlzeiten spritzen die Patienten ein schnell und kurz wirksames Mahlzeiteninsulin.
  • ICT = Intensivierte konventionelle Therapie Regelversorgung bei Typ-1-Diabe­tikern, geeignet auch in einigen ­Fällen von Typ-2-Diabetes. Ein- oder zweimal täglich wird ein Basal­insulin gespritzt, zusätzlich zu jeder Kohlenhydrat-haltigen Mahlzeit ein kurz und schnell wirksames Insulin.
  • CSII = Kontinuierliche subkutane Insulin Infusion Versorgung vor allem für Typ-1, manchmal auch für Typ-2-Diabe­tiker. Über einen Katheter gelangt kontinuierlich Insulin aus einem ­Reservoir in das Unterhautfett­gewebe, von dort in die Blutbahn. Zu den Mahlzeiten werden nach ­Berechnung Boli desselben Insulins abgegeben.

Zeigen Basistherapie, die immer dazugehört, plus Monotherapie mit den beschrieben Substanzen nach drei bis sechs Monaten keinen Erfolg, kommt als dritte Therapie-Eskalation die Pharmaka-Zweifachkombination infrage, als vierte Stufe schließlich eine intensivierte Insulin- und Kombinationstherapie zusätzlich zu oralen Antidiabetika.

Bei Typ 1 nur Insulin

Der Typ-1-Diabetes entsteht als Folge einer Autoimmunreaktion, bei der die Betazellen der Bauchspeicheldrüse kom­plett oder zumindest zum größten Teil zerstört werden. Die Ursachen scheinen multifaktoriell, die Erstmanifestation der chronischen Krankheit liegt meist im Kleinkind- bis Jugendalter, kann aber auch im Erwachsenenalter vorkommen. Weil der Bauchspeicheldrüse kein Insulin mehr zu entlocken ist, scheiden orale Antidiabetika für die Therapie aus. Eine Ausnahme könnte sich mit dem SGLT-Hemmer Sotagliflozin abzeichnen, unter dem der Bedarf an Mahlzeiteninsulin in einer kleinen Studie mit Typ-1-Diabetikern sank. Bis auf weiteres bleibt jedoch Insulin Mittel der Wahl.

Typ-1-Diabetiker werden heute mehr­heitlich auf eine flexible Insulintherapie unter Verwendung zweier ­verschiedener Insuline eingestellt – die intensivierte konventionelle Insulin­therapie (ICT). Was bedeutet das? Sie spritzen abhängig von der Art des sogenannten Basalinsulins ein- bis zweimal pro Tag, um die Insulin-Grundversorgung des Körpers sicherzustellen. Zusätzlich spritzen sie zu jeder Mahlzeit nach Bestimmung des Blutzuckers die zur gewünschten Kohlenhydratmenge passende Insulindosis an kurz und schnell wirksamem Insulin. Die Menge lässt sich mithilfe spezieller Formeln berechnen. Neben der ICT spielt vor allem bei Kindern mit Typ-1-Diabetes die Insulinpumpentherapie CSII eine wichtige Rolle. Die kontinuierliche Abgabe kleinster Mengen eines schnell und kurz wirksamen Insulins aus einem Reservoir über einen Katheter sichert die Basalversorgung. Über einen Minicomputer wird die Pumpe veranlasst, zu Mahlzeiten zusätzlich Insulin abzugeben.

Typ-1-Diabetiker sind in der Regel gut geschult. Allerdings gilt das in vielen Fällen nicht für Eltern und Kinder mit Typ-1-Diabetes aus sozial schwachen Schichten. Hier herrschen teilweise katastrophale Verhältnisse, was die Therapie der Kinder angeht. Bekommt man solch eine Konstellation in der Apotheke mit, kann man versuchen, darauf einzuwirken, dass sich die betroffenen Familien möglichst häufig bei einem Kinderdiabetologen vorstellen. Er sollte ohnehin Ansprechpartner für Familien mit Typ-1-diabetischen Kindern sein. Der Hausarzt oder ein Diabetologe für Erwachsene ist für diese Patientengruppe meist nicht geeignet.

Neue Insuline

Wissenschaftler forschen weiter an Insulinen, die die gesunde Physiologie möglichst perfekt nachzuahmen vermögen. So soll es irgendwann intelligente Insuline geben – Smartinsuline, die nur dann aktiv werden, wenn der Blutzuckerspiegel zu hoch ist. Dadurch wird das Unterzucker-Risiko – das große Manko jeder Insulintherapie – nahezu ausgeschlossen. Daneben bemühen sich Forscher, Insulin oral applizieren zu können. Bereits auf dem Markt ist in den USA ein inhalatives Insulin, außerdem eines, das über die Mundschleimhaut resorbiert wird.

Bei den oralen Antidiabetika sind SGLT-2-Hemmer die neueste Errungenschaft. Zwar wird weiter auch an neuen Therapieprinzipien geforscht, die Einführung einer grundlegend neuen Substanzgruppe steht jedoch für die nächsten Jahre voraussichtlich nicht an.

Als Insuline kommen sowohl für Typ-1-, als auch für Typ-2-Diabetiker überwiegend sogenannte Insulin-Analoga zum Einsatz. Sie sind derart strukturverändert, dass sie entweder eine deutlich längere Wirkdauer bei flachem Wirkverlauf aufweisen als herkömmliche Basalinsuline, oder deutlich schneller und kürzer wirken als herkömmliche Alt- oder Humaninsuline. Das bringt Vorteile: Die physiologische Situation lässt sich mit Analaog-Insulinen besser nachahmen, was sich in besseren HbA1c-Werten bei gleichzeitig verringerter Rate an Hypoglykämien zeigt. /