Mikroflora im Gleichgewicht |
14.11.2017 10:51 Uhr |
Von Kornelija Franzen / Übliche Hautreinigungsprodukte eignen sich nicht für die tägliche Intimpflege. Eingestellt auf einen pH-Wert von 5,5, sind sie für das saure Milieu der Vaginalschleimhaut mit Werten unter 4,5 zu alkalisch. Langfristig stören sie das Gleichgewicht der Scheidenflora und begünstigen Infektionen. Was sollten Frauen bei der Intimpflege sonst noch beachten?
Eine gesunde Vaginalschleimhaut ist alles andere als steril – tatsächlich beherbergt sie eine Vielzahl an Mikroorganismen und stellt ein regelrechtes Ökosystem dar. Die Döderleinflora, eine bestimmte Gruppe von Milchsäurebakterien (Lactobazillen), überwiegt dabei. Döderleinbakterien vergären Glykogen zu Milchsäure und senken auf diese Weise den Scheiden-pH-Wert auf 3,8 bis 4,5. In dieser sauren und dicht mit physiologischen Keimen besiedelten Umgebung fällt es krankheitsauslösenden Mikroorganismen schwer, sich auszubreiten. Die Milchsäurebakterien setzen zusätzlich keimabtötende Substanzen frei, darunter Wasserstoffperoxid, und dämmen pathogene Erreger so zusätzlich ein.
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Die Zusammensetzung der Vaginalflora wird indirekt durch Estrogen reguliert. Das weibliche Geschlechtshormon fördert das Wachstum der Milchsäurebakterien, indem es für die Bereitstellung von genügend Glykogen als Nährsubstrat sorgt. Folglich entwickeln sich eine stabile Döderleinpopulation und ein entsprechend saures Vaginalmilieu erst im Zuge der Pubertät. Im Kindesalter weist die Scheide einen deutlich höheren, also alkalischeren pH-Wert von etwa 8 auf und ist von einer Lactobazillen-armen Mischflora besiedelt. Dies entspricht auch weitestgehend dem Zustand ab Beginn der Wechseljahre: Durch das Absinken der Estrogenproduktion reduziert sich nicht nur die Anzahl der Döderleinbakterien, auch Gewebedicke und Durchblutung nehmen merklich ab. Das Scheidenepithel wird so insgesamt dünner, trockener und weniger elastisch.
Wasser genügt
Die tägliche Reinigung des Genitalbereichs sollte selbstverständlich sein. Auf diese Weise wird die Keimzahl reduziert und aufsteigenden Infektionen vorgebeugt. Am besten wird mit der sauberen Hand und lauwarmem Wasser gewaschen und anschließend gut abgetrocknet. Alternativ kann täglich ein frischer Waschlappen oder Einmalwaschlappen sowie ein mildes, eigens für die Vaginalhygiene hergestelltes Reinigungspräparat (wie Multigyn® FemiWash, Sagella®, Vagisan® Intimwaschlotion) verwendet werden. Diese Reinigungsempfehlungen gelten auch für die Zeit der Periode, mehr ist auch dann nicht nötig. Allerdings sollten Frauen darauf achten, Binden und Tampons in regelmäßigen Abständen zu wechseln, damit sie nicht zu Brutstätten für Bakterien werden.
Locker statt eng
Ein Feuchtigkeits- oder Wärmestau fördert das Wachstum von Pilzen und pathogenen Erregern. Zu enge Hosen, Nylonstrumpfhosen, synthetische Unterwäsche und nicht atmungsaktive Slipeinlagen behindern die Luftzirkulation. Besser ist es, locker anliegende Kleidungsstücke und Unterwäsche aus Baumwolle zu tragen. Und noch ein wichtiger Hinweis: Um Schmierinfektionen mit Fäkalkeimen zu vermeiden, sollte sowohl bei der täglichen Intimhygiene als auch nach dem Toilettengang immer von der Vagina in Richtung After gewischt werden.
Heutzutage ist es kaum noch das Zuwenig, sondern eher ein Zuviel an Intimhygiene, das zu Problemen führt. Zu häufiges Duschen oder das Verwenden alkalischer Detergenzien greifen das saure Scheidenmilieu an und bringen die Döderleinflora aus dem Gleichgewicht. Eine solche Dysbiose schwächt die Abwehrleistung der Vaginalschleimhaut massiv und öffnet krankheitsauslösenden Mikoorganismen Tür und Tor.
In diesem Zusammenhang ist der Einsatz von Vaginalduschen ebenfalls kritisch zu bewerten. In Ausnahmefällen mag diese Behandlung Sinn machen, sollte dann aber nur auf Empfehlung des behandelnden Arztes hin abgegeben werden. Oft schützt das Ausspülen der Scheide nicht vor Infektionen, sondern begünstigt diese wohl eher. Denn dabei werden nicht nur schädliche Bakterien und Pilze, sondern auch die Milchsäurebakterien entfernt. Auch von der Verwendung von Intimdeodoranzien sollten PTA und Apotheker besser abraten: Die enthaltenen Duftstoffe führen nicht selten zu Reizungen der empfindlichen Vaginalregion.
Scheidentrockenheit betrifft zwar in der überwiegenden Zahl der Fälle Frauen in den Wechseljahren, kann aber durchaus auch bei jüngeren Frauen vorkommen. Neben einer übertriebenen Genitalhygiene können chronische Erkrankungen wie Diabetes mellitus, Behandlungen mit Antiestrogenen oder Zytostatika, die Einnahme bestimmter Kontrazeptiva, Hormonumstellungen während der Schwangerschaft sowie Stress einen Feuchtigkeitsmangel nach sich ziehen. Austrocknend wirkt außerdem das zu häufige Wechseln eines Tampons oder das Verwenden zu großer Tampons zu Beginn beziehungsweise am Ende der Periode.
Gele gegen Trockenheit
Apothekenkundinnen, die über eine trockene Scheide klagen, können PTA und Apotheker zu feuchtigkeitsspendenden Vaginalgelen, -cremes und Ovula raten. Präparate mit Hyaluronsäure (wie in KadeFungin® Befeuchtungsgel), Milchsäure (wie Vagisan® Feuchtcreme) oder dem Polysaccharid-Komplex 2QR® in Kombination mit Glycerol (Multi-Gyn® Liquigel) können hier Abhilfe schaffen. Bei Bedarf können die Gele mehrmals täglich auf den äußeren Genitalbereich aufgetragen werden. Sie eignen sich auch als Gleitgel beim Geschlechtsverkehr. Doch Vorsicht: Nicht immer sind die Präparate verträglich mit Kondomen.
Manchen Cremes und Gelen liegt eine Applikationshilfe zur intravaginalen Darreichung bei. Sinnvollerweise erfolgt die innerliche Anwendung direkt vor dem Zubettgehen. Das gilt genauso für feuchtigkeitsspendende Ovula (wie KadeFungin® Befeuchtungsovula) oder Vaginalzäpfchen (wie Vagisan® FeuchtCreme Cremolum).
Weißfluss ist normal
Täglich wird ein Gemisch aus abgeschilferten Schleimhautzellen, Bakterien, Gewebswasser und Zervixschleim abgegeben: der Scheidenausfluss (Fluor vaginalis, Weißfluss). Normaler, gesunder Ausfluss ist weißlich, geruchsneutral und flüssig bis pastenartig. Menge und Konsistenz variieren zyklusabhängig.
Berichten Patientinnen von einem cremigen, krümeligen, eher gelblichen, aber geruchlosen Fluor in Verbindung mit Juckreiz, Brennen und einer geröteten Vaginalschleimhaut, handelt es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um eine Pilzinfektion. Übeltäter ist meist die Hefepilzart Candida albicans. PTA und Apotheker sollten in diesem Fall zu einer antimykotischen Ein- oder Drei-Tages-Therapie mit Clotrimazol raten (zum Beispiel Canesten® Gyn 3 Tage / Once, KadeFungin® 3, Mykofungin®).
Bakterielle Infektion
Ein fischartiger Geruch, begleitet von einem eher grauen, flüssigen Ausfluss, deutet auf eine bakterielle Infektion hin. Solche Infektionen werden hauptsächlich verursacht durch den Erreger Gardenerella vaginalis. Ein Arztbesuch ist bei diesen Symptomen zwingend erforderlich. Infektionen mit Gardenerella vaginalis erhöhen das Frühgeburtsrisiko und sind daher für schwangere Frauen besonders bedrohlich. Typisches Kennzeichen einer beginnenden bakteriellen Vaginose ist ein Anstieg des Scheiden-pH. Schwangeren wird folglich zu einer regelmäßigen pH-Wert-Kontrolle geraten.
Viele Patientinnen kennen es: Im Anschluss oder noch während einer Antibiotikatherapie erkranken sie an einer Vaginalmykose. Schuld daran ist das Antibiotikum, das nicht zwischen guten und bösen Erregern unterscheiden kann. Neben den eigentlichen Missetätern werden auch nützliche Döderleinbakterien abgetötet. Das Zurückgehen der natürlichen Flora wissen die ansonsten harmlosen Hefepilze zu nutzen und breiten sich aus.
Lactobazillen-Kur
In diesem speziellen Fall sowie auch allgemein bei vaginaler Dysbiose mit wiederkehrenden Scheideninfektionen profitieren Patientinnen von einer Kur mit Milchsäurebakterien. Die Lactobazillen können dabei peroral als Kapsel (zum Beispiel Vagisan® Biotin-Lacto) oder Trinkgranulat (wie Omni-Biotic® FLORA plus+) sowie lokal in Form von Vaginalzäpfchen oder -kapseln (wie Canesflor® Vaginalkapseln, Gynophilus® Vaginalkapseln, SymbioVag® Suppositorien, Vagisan® Milchsäure-Bakterien Suppositorien) zugeführt werden.
Es ist ratsam, eine Lactobazillen-Kur im Anschluss an eine Antibiotika-therapie zu beginnen. Eine Ausnahme sind KadeFungin® Flora Protect Vaginaltabletten. Sie enthalten den Bakterienstamm Lactobacillus plantarum I1001, der laut Herstellerangaben gegenüber Antibiotika recht unempfindlich ist und deshalb parallel zu einer Antibiose eingesetzt werden kann.
Neben diesem probiotischen Ansatz können Patientinnen zur Stärkung der Döderleinflora auch Milchsäure-haltige Zubereitungen nutzen, entweder mit präbiotischen Zusätzen (wie Multi-Gyn® FloraPlus Vaginalgel) oder auch ohne (wie KadeFungin® Milchsäurekur Vaginalgel). /