Wenn die Spucke wegbleibt |
14.11.2017 10:52 Uhr |
Von Elke Wolf / Alles spannt, die Zunge ist pelzig, jeder Bissen macht Mühe beim Schlucken. Bei Mundtrockenheit fehlt die feuchtmachende Wirkung des Speichels an allen Ecken und Enden. Was die Speicheldrüsen lahm legt und welche Maßnahmen Abhilfe schaffen, fasst der Artikel zusammen.
Menschen empfinden zu wenig Speichel im Mund meist erst als unangenehm, wenn die natürliche Speichelproduktion unter 50 Prozent sinkt. Erste Anzeichen sind trockene, aufgesprungene Lippen und ein ständiges Durstgefühl. Auch der Geschmack ist beeinträchtigt, denn je mehr Speichel fehlt, desto weniger Nahrung kann enzymatisch aufgeschlossen und zu den Geschmacksknospen transportiert werden. Außerdem fällt es den Patienten schwer, zu essen, zu schlucken und zu sprechen. Selbst die Einnahme von Tabletten kann wegen des Schmerzes zur Qual werden. Fehlender Speichel macht sich dazu deutlich bei der Zahngesundheit bemerkbar. So leiden Menschen mit trockenem Mund häufiger unter Zahnbelag, Karies, Mundgeruch und schlecht sitzenden Prothesen.
Sehnsucht nach Feuchte: Alles, was den Speichel im Mund zusammenlaufen lässt, ist bei Xerostomie willkommen.
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Die Drüsen in der Lippen-, Gaumen- und Wangenschleimhaut produzieren bei gesunden Menschen täglich bis zu 1,5 Liter Speichel. Das leicht schleimige Sekret hat zahlreiche Aufgaben. Beim Kauen, Schlucken und Sprechen dient es als Gleitmittel und durch seine Spülfunktion befreit es den Mund grob von Speiseresten und schädlichen Keimen. Gleichzeitig hält der Speichel die Mundschleimhaut feucht und benetzt die Zähne. Bicarbonat, Phosphat und Proteine können zahnschädigende Säuren neutralisieren, und die Mineralstoffe Fluorid, Calcium und Phosphat dienen der Remineralisierung der Zähne. Immunglobulin A und die Enzyme Lysozym, Lactoferrin und Lactoperoxidase sorgen für die Infektabwehr. Enthaltene Amylasen und Proteasen helfen bei der Zerkleinerung von Kohlenhydraten.
Es gibt unterschiedliche Gründe, die die Speicheldrüsen versiegen lassen. So legen Bestrahlungen bei Krebserkrankungen in Kopf und Hals die Speicheldrüsen trocken, ebenso Diabetes, Aids oder Mumps. Und eine spezielle Rheumaart, das Sjögren-Syndrom, beeinflusst sowohl die Speichel- als auch die Tränendrüsen.
Die häufigste Ursache der Xerostomie, wie Fachleute die Mundtrockenheit nennen, sind jedoch Medikamente. In der Tat kann ein trockener Mund bei mehr als 400 Arzneistoffen als Nebenwirkung auftreten, vor allem, wenn die Arzneimittel dauerhaft eingenommen werden müssen. Kommt dann noch eine altersbedingte Reduktion der Speichelmenge hinzu, wird das Trockenheitsgefühl oft unerträglich. An erster Stelle stehen Arzneistoffe, die über das zentrale oder periphere Nervensystem die Regulation der Speicheldrüsen beeinflussen. Dazu gehören vor allem Psychopharmaka wie Amitriptylin, Doxepin, Sertralin oder Imipramin, Antihistaminika wie Loratadin, Diphenhydramin oder Dimetinden, Antihypertonika wie Clonidin (übrigens auch in Glaukom-Augentropfen) und Moxonidin, Nifedipin, manche ACE-Hemmer und Betablocker.
Speichel stimulieren
Wenn der trockene Mund auf das Konto von Arzneimitteln geht, können PTA und Apotheker zusammen mit dem Arzt prüfen, ob es eine medikamentöse Alternative gibt, die keine Auswirkungen auf die Speicheldrüsen zeigt. Manchmal ist es für die Patienten auch ein Trost, dass die Mundtrockenheit nur in der Anfangsphase einer Medikamenteneinstellung auftritt, etwa bei Clonidin oder Moxonidin.
Ist das nicht möglich, können Speichelersatzmittel in Form von Mundspülungen, -gels oder -sprays oder Kaugummis die Beschwerden mildern. Präparate, die Cellulosederivate wie Carboxymethyl- (wie Glandosane®) oder Hydroxyethylcellulose (GUM® bioXtra® Feuchtigkeitsgel) enthalten, bringen für ein bis zwei Stunden Feuchtigkeit in den Mund. Verwendet werden auch Mucin-haltige Pflanzenextrakte des Santakrauts (Saliva® natura Pumpspray) und Carageenan aus Meeresalgen (Saseem®), die Feuchtigkeit binden und einen Gleitfilm im Mund bilden. Auch zusätzlich enthaltene Kalium-, Natrium-, Magnesium oder Calciumsalze sollen die Speichelsekretion stimulieren. Eine weitere Möglichkeit, den Beschwerden beizukommen: Dexpanthenol- haltige Lutschtabletten (Bepanthen®) regen den Speichelfluss an.
Antimikrobielle Enyzme wie Lysozym, Lactoferrin und Lactoperoxidase (Aldiamed®, GUM® bioXtra® Trockener Mund) sollen die wichtige antimikrobielle Funktion des Speichels übernehmen. Ein zusätzlicher Effekt kann bei Mitteln erwartet werden, die Fluoride und/oder Xylit enthalten. So können Fluoride Zahnhartsubstanz remineralisieren und bakterielle Erreger an ihrem Wachstum hindern. Xylit bremst den Stoffwechsel von Plaquebakterien ebenfalls aus.
Empfehlenswert sind Produktserien mit unterschiedlichen Darreichungsformen. So sind Kaugummis prinzipiell nach den Mahlzeiten eine gute Lösung. Ansonsten ist die Anwendung einer Mundspülung sinnvoll, um Feuchtigkeit in den Mund zu bringen. Für nachts empfehlen sich die Gele, da sie länger auf der Mundschleimhaut haften können. Prothesenträger können die Gele auch auf die Prothesenbasis auftragen. Das sorgt für bessere Haftung und ein angenehmeres Tragegefühl.
Versiegende Speicheldrüsen durch das Sjögren-Syndrom oder nach Bestrahlungen bei Krebserkrankungen lassen sich mit dem verschreibungspflichtigen Arzneistoff Pilocarpin-Hydrochlorid (Salagen®) behandeln. Sie wirken jedoch nur bei einer gewissen Restaktivität der Speicheldrüsen. Zudem sind bei der Abgabe zahlreiche Kontraindikationen, Wechsel- und Nebenwirkungen (grippeähnliche Symptome, übermäßiges Schwitzen, Herzklopfen oder Schwindel) zu berücksichtigen, sodass Pilocarpin nur für einen kleinen Patientenkreis geeignet ist. /