Bei Fieber erst mal abwarten |
13.11.2018 10:30 Uhr |
Von Ulrike Viegener / Alle Jahre wieder: Die Erkältungssaison hat begonnen. Sie ist für Kinder und Eltern oft eine echte Geduldsprobe. Mit kindgerechten Medikamenten lassen sich die lästigen Beschwerden aber in der Regel effektiv lindern.
Immer noch gibt es besorgte Eltern, die jedem grippalen Infekt ihres Kindes am liebsten sofort mit einem Antibiotikum zu Leibe rücken möchten. Doch bei einem Atemwegsinfekt sind Antibiotika in aller Regel nicht die richtigen Medikamente. Denn mehr als 90 Prozent aller banalen Erkältungskrankheiten werden durch Viren verursacht, gegen die Antibiotika nichts ausrichten können.
Leichtes Fieber zeigt, dass das Immunsystem funktioniert. Es muss nicht sofort medikamentös gesenkt werden.
Foto: Shutterstock/sirtravelalot
Eine gelbe bis grüne Färbung des Schleims ist kein sicheres Zeichen dafür, dass Bakterien im Spiel sind. Dieser Mythos hält sich hartnäckig, obwohl er durch systematische Sputumanalysen widerlegt ist. Nur in einem Bruchteil der untersuchten grüngelben Sputumproben von Menschen mit akuter Bronchitis waren Bakterien nachweisbar. Für die Verfärbung sind meist zugrunde gegangene Immunzellen wie neutrophile Granulozyten verantwortlich.
Bei Kindern folgt in der kalten Jahreszeit oft eine Erkältung auf die nächste. Die hohe Infekthäufigkeit im Kindesalter ist notwendig, um das Immunsystem auf immer neue Erreger »einzuschwören«. Das sollten PTA und Apotheker Eltern im Beratungsgespräch erklären. Mit rund zehn Erkältungen pro Jahr ist bei Kindern im Vorschulalter zu rechnen, wobei es sich in aller Regel um harmlose Erkrankungen handelt.
Spezifischer Schutz
Über 200 verschiedene Erkältungsviren sind bekannt, und diese Vielzahl macht es plausibel, warum es Kinder so oft erwischt: Das kindliche Immunsystem muss sich mit jedem Virus, mit dem es bisher noch keinen Kontakt hatte, intensiv auseinandersetzen. Auf diese Weise entwickelt es gegen Krankheitserreger einen spezifischen Schutz.
Fieber gehört zu diesem Abwehrtraining dazu. Da die Körpertemperatur bei Kindern im Zuge der intensiven Auseinandersetzung mit neuen Erregern sehr viel schneller nach oben schnellt als bei Erwachsenen, ist eine erhöhte Temperatur erst einmal nicht bedrohlich. Das zeigt vielmehr, dass die Immunabwehr gut funktioniert. Deshalb sollte erst einmal auf eine Fiebersenkung verzichtet werden. Wenn die Körpertemperatur aber über 39 °C steigt, ist eine Fiebersenkung angezeigt und ein Arztbesuch empfehlenswert. Bei Kindern, die jünger als drei Monate sind, sollten die Eltern bereits ab einer Körpertemperatur von 38 °C den Kinderarzt aufsuchen.
Als Antipyretika kommen bei Kindern Paracetamol und Ibuprofen zum Einsatz, etwa als Zäpfchen oder als Saft. Ohne ärztliche Empfehlung sollten die Fiebersenker aber nur kurzfristig angewendet werden. Acetylsalicylsäure (ASS) darf bei Kindern und Jugendlichen mit Blick auf das Reye-Syndrom als einer zwar sehr seltenen, aber lebensbedrohlichen Komplikation nicht gegeben werden. Neigen Kinder erfahrungsgemäß zu Fieberkrämpfen, sollten sich Eltern mit dem Kinderarzt über die prophylaktische Gabe eines Antipyretikums beraten.
Wadenwickel kommen als nicht-medikamentöse Maßnahme infrage, wenn sowohl der Rumpf als auch Arme und Beine eine hohe Temperatur aufweisen. Bei heißem Rumpf und kalten Extremitäten – als Zeichen einer Kreislauf-Zentralisierung – sind Wadenwickel gefährlich und dürfen nicht angelegt werden. Auch bei Schüttelfrost ist diese Methode zur Fiebersenkung kontraindiziert.
Pelargonium bei Bronchitis
Banale Atemwegsinfekte werden in erster Linie symptomatisch behandelt. Als pflanzliches Mittel, das für Kinder ab einem Jahr zugelassen ist, kann ein standardisierter Extrakt aus der Wurzel der Kapland-Pelargonie empfohlen werden (Umckaloabo® Saft für Kinder). Das Phytopharmakon hat ein umfangreiches klinisches Studienprogramm durchlaufen und wurde dabei auch an 4000 pädiatrischen Patienten geprüft. Der Pelargonienextrakt erleichtert bei einer akuten Bronchitis das Abhusten, da sich die Schlagfrequenz des Flimmerepithels erhöht. Klinische und experimentelle Daten sprechen dafür, dass das Phytopharmakon nicht rein symptomatisch wirkt, sondern auch antivirale Eigenschaften besitzt. Die Dauer viraler Atemwegsinfekte lässt sich laut den Studienergebissen bei frühzeitigem Beginn der Therapie im Mittel um zwei Tage verkürzen. Der Pelargoniumextrakt ist gut verträglich, der Verdacht auf lebertoxische Effekte hat sich nicht erhärtet.
Efeu löst Schleim
Bei Husten kommen Schleimlöser, Expektoranzien, zum Einsatz, die das Abhusten erleichtern. Hustensäfte mit standardisiertem Efeublätter-Trockenextrakt sind ab einem Jahr beziehungsweise ab dem Säuglingsalter zugelassen. Für die pharmakologische Wirkung ist α-Hederin verantwortlich. Das in den Efeublättern enthaltene Hederacosid C ist ein Prodrug, das im Körper in α-Hederin umgewandelt wird. Dessen Wirkmechanismus konnte vor einigen Jahren entschlüsselt werden: Die sekretolytische Wirkung beruht auf einem indirekt sympathomimetischen Effekt. In der Folge wird im Lungenepithel vermehrt Surfactant gebildet, was die Schleimviskosität erniedrigt. Gleichzeitig relaxiert die Bronchialmuskulatur. In kontrollierten Studien wurde gezeigt, dass α-Hederin synthetischen Sekretolytika ebenbürtig ist.
Ein bewährtes synthetisches Sekretolytikum, dessen Wirkweise allerdings noch nicht abschließend geklärt werden konnte, ist Ambroxol. Abgesehen von der Verflüssigung des Schleims wird auch dessen Abtransport verbessert, da sich die Schlagfrequenz der Flimmerhärchen erhöht. Ambroxol (wie Mucosolvan® Kindersaft 30 mg/5 ml) ist in der Selbstmedikation für Kinder ab zwei Jahren zugelassen. Bei kleineren Kindern ist die Anwendung nur nach Rücksprache mit einem Arzt erlaubt.
Antitussiva sollten im Kindesalter zurückhaltend verwendet werden, um den Husten als natürlichen Selbstreinigungsmechanismus möglichst wenig zu beeinträchtigen. Eventuell ist der Einsatz von Hustenblockern bei quälendem, schlafraubendem Reizhusten zu erwägen. Hustensaft mit dem Wirkstoff Pentoxyverin (wie Silomat® Pentoxyverin Saft) ist ab einem Alter von zwei Jahren zugelassen.
Bei der Anwendung eines Nasensprays brauchen kleine Kinder noch Hilfe.
Foto: Shutterstock/Standret
Von der Nase zum Ohr
Auch abschwellende Nasentropfen und Nasensprays mit α-Sympathomimetika gibt es in kindgerechter Zusammensetzung und Dosierung. Ihre rasch einsetzende Wirkung beruht auf einer Engstellung der nasalen Blutgefäße. Die Schleimhaut schwillt ab, und die Nasennebenhöhlen werden besser durchlüftet. Abschwellende Nasentropfen werden auch angewendet, um Druck vom Ohr zu nehmen, wenn sich der Infekt ausgedehnt hat. Dies geschieht im Kindesalter häufiger, weil die Erreger es über die noch nicht ausgereifte Ohrtrompete vom Nasenrachenraum bis zur Paukenhöhle nicht weit haben.
Nicht länger als sieben Tage
Für Säuglinge und Kleinkinder unter zwei Jahren stehen Oxymetazolin als 0,01-prozentige Lösung und Xylometazolin als 0,025-prozentige Lösung zur Verfügung. Für Kinder zwischen dem zweiten und sechsten Lebensjahr betragen die Konzentrationen 0,025 beziehungsweise 0,05 Prozent, und ab dem sechsten Lebensjahr sind Tropfen sowie Sprays mit 0,05 beziehungsweise 0,1 Prozent vorgesehen. Bei Verwendung eines Nasensprays sollten die Eltern immer überprüfen, ob das Kind in der Lage ist, das Spray richtig anzuwenden. Um Gewöhnungseffekte zu vermeiden, sollten α-Sympathomimetika nicht länger als sieben Tage an einem Stück angewendet werden. Das gilt auch, wenn die abschwellenden Medikamente nur zur Nacht eingesetzt werden.
Das allergische Potenzial ätherischer Öle ist bekannt, weshalb PTA und Apotheker in der Apotheke häufig mit verunsicherten Eltern konfrontiert werden. Diese sind dahingehend aufzuklären, dass Kampfer, Menthol und Eukalyptus tatsächlich gefährliche Kehlkopfschwellungen und Verkrampfungen der Bronchialmuskulatur auslösen können. Für Säuglinge und Kinder unter drei Jahren sind diese ätherischen Öle deshalb laut dem Bundesinstitut für Risikobewertung tabu. Kinder sollten ausschließlich mit Präparaten behandelt werden, die für die jeweilige Altersgruppe zugelassen sind. Die Herstelleranweisungen, wie die Produkte mit ätherischen Ölen altersabhängig zu verdünnen sind, müssen unbedingt eingehalten werden. Auch kindgerechte Präparate sollten nicht im Gesicht aufgetragen werden und nicht in Kontakt mit den Schleimhäuten von Mund und Nase kommen. Bei Kindern mit allergischer Disposition ist von der Anwendung ätherischer Öle ganz abzuraten. /
Bitte jeweils entsprechende Alterszulassung und Dosierung beachten. | |
Indikation/Wirkstoff | Präparate-Beispiele |
Antipyretika | |
Paracetamol | Ben-u-ron® Saft, Zäpfchen |
Ibuprofen | Nurofen® Junior Fiebersaft, Zäpfchen |
Akute Bronchitis | |
Kapland-Pelargonie | Umckaloabo® Saft, Tropfen |
Expektoranzien | |
Efeublätter | Prospan®, Hedelix®, Mucohelix® Saft |
Efeu + Thymian | Bronchipret® Saft TE |
Thymian | Aspecton® Hustensaft |
Thymian + Primel | Bronchicum® Elixir |
Ambroxol | Mucosolvan® Kindersaft 30mg/5ml |
Antitussiva | |
Isländisch Moos | Aspecton ® Junior Hustenstiller |
Eibisch + Honig | MucoDual® 2in1 Sirup, Silomat® Eibisch/Honig Sirup |
Pentoxyverin | Silomat® Pentoxyverin Saft, Tropfen |
α-Sympathomimetika | |
Oxymetazolin | Nasivin® |
Xylometazolin | Olynth®, Otriven® |
Xylometazolin + Dexpanthenol | Nasic® |
Erkältungssalben/ -bäder | Babix®, Eucabal Balsam S, Transpulmin® Kinder, Pinimenthol® für Kinder |