Bei Augenverletzungen sofort zum Arzt |
Das kann böse ins Auge gehen … Bei Sportarten mit kleinen Bällen sollte besser eine Schutzbrille getragen werden. / Foto: Getty Images/simonkr
»In Deutschland sind derzeit etwa 300.000 Augenverletzungen pro Jahr zu registrieren. 95 Prozent lassen sie sich ambulant therapieren, 5 Prozent führen zumeist zu lebenslangen Behinderungen. Das Ausmaß der langfristigen Konsequenzen hängt stark davon ab, wie schnell die Behandlung erfolgt. Deshalb sollten Unfallopfer umgehend einen Ophthalmologen aufsuchen«, betonte Professor Wolfgang Schrader, Würzburg. Nur der Augenarzt könne entsprechende Diagnose- und Therapiemaßnahmen zur Minderung von Folgekomplikationen wie Erblindung, Grünem und Grauem Star oder Netzhautablösung einleiten.
Sehr häufig, so Schrader, sind Verätzungen der Augen durch Kalk, Natronlauge, Industriereiniger, hochkonzentrierte Waschmittel oder hochgiftige Flusssäure zu beobachten. Die Erstmaßnahmen am Unfallort seien hier besonders entscheidend. »Das bedeutet: Krankenwagen rufen, ätzende Partikel mechanisch aus dem Augen entfernen und dann das Auge sofort und ausgiebig mit Wasser spülen – notfalls auch mit Limonade oder Bier«, sagte der Ophthalmologe.
»Wird das Auge sodann in der Notfallaufnahme intensiv weiter mit speziellen hypertonischen Erste-Hilfe-Lösungen behandelt, so kann es gelingen, das Ausmaß des Schadens um 75 Prozent zu reduzieren«, so der Sprecher der DOG-Arbeitsgemeinschaft »Traumatologie«.
Diese Lösungen haben einen höheren osmotischen Druck als Haut oder Augen. Das bremst das Eindringen des Gefahrstoffes in das Innere des Gewebes. Zudem enthalten sie amphotere und chelatbildende Moleküle, die mit ätzenden oder reizenden Gefahrstoffen reagieren und somit die Gefahr für das Gewebe mindern. Bei nicht ausreichend gespülten Augen, so Schrader, gestaltet sich die anschließende stationäre Behandlung oft mühsam und langwierig. Folgeoperationen können noch Jahre später notwendig werden, bemerkte er.
»Während sich vor 100 Jahren die meisten Augenverletzungen am Arbeitsplatz ereigneten, passieren Unfälle heute zum überwiegenden Teil bei Freizeitaktivitäten, im Sport oder bei Heimwerkertätigkeiten«, warnte der Mediziner mit Verweis auf die Bedeutung entsprechender Sicherheitsmaßnahmen. So sollten motorbetriebene Geräte zum Beispiel in Werkstätten und Gärten nur mit geeignetem Augenschutz und Sicherheitshandschuhen betätigt werden.
Dringend angezeigt seien Schutzbrillen auch beim Spiel und Sport mit kleinen Bällen, sprich: Squash und Golf. »Gehen diese Bälle ins Auge, so können sie ungehindert zum Augapfel vordringen«, unterstrich Dr. Ameli Gabel-Pfisterer, Potsdam. Nicht zufällig seien Schutzbrillen bei entsprechenden Turnieren unter anderem in England und in den USA zwingend Pflicht.
Beim Fußball kämen als Ursachen von Augenverletzungen insbesondere Ellenbogen oder Finger der Gegen- und Mitspieler zum Tragen. Berichten 75 Prozent der Amateurboxer über Augenprellungen, so seien sie in 30 Prozent der Fälle von peripheren Netzhautrissen mit oftmals gravierenden Konsequenzen betroffen. »Sport ist zwar generell gesund und somit unumgänglich. Immer jedoch ist mit Blick auf die jeweilige Sportart eine individuelle Risikoabschätzung vorzunehmen«, machte die Ophthalmologin deutlich.
Während von Verletzungen der Augen beim Sport zu 75 Prozent Männer betroffen sind, sind es bei Augenverletzungen durch Feuerwerkskörper mit 40 Prozent insbesondere Kinder und Jugendliche – oft auch beidseitigen (15 Prozent), Tendenz ist steigend. »Besonders alarmierend: Etwa die Hälfte aller Unfälle durch Böller & Co. trifft Zuschauer und Passanten – also Unbeteiligte«, bemerkte Gabel-Pfisterer.
»Es ist die Kombination mechanischer, chemischer und thermischer Einwirkungen, die Feuerwerkskörper so gefährlich macht. Es kann zu schweren Oberflächenverletzungen, stumpfen Augenprellungen oder Zerreißungen des Augapfels kommen, die trotz intensiver Therapie nur mit bleibenden Schäden abheilen«, erläuterte sie.
Studiengemäß bleibt nach Abschluss der Behandlung schwerer Augenverletzungen durch Knallkörper zumeist nur eine Sehschärfe von 20 Prozent zurück. Die DOG setzt sich daher nicht nur für die Abgabe von Schutzbrillen beim Kauf von Feuerwerkskörpern, sondern auch für ein Verbot privat genutzter Pyrotechnik ein.
Umsicht beugt vor und kann Schlimmes verhindern: Die Referenten hoben hervor, dass der Anteil beruflich bedingter Verletzungen in Deutschland in den letzten hundert Jahren stark zurückgegangen ist, da die Berufsgenossenschaften die Einhaltung des Arbeitsschutzes kontrollieren und die Maßnahmen zur Arbeitssicherheit stetig verbessern.
Die hohe Zahl schwerer Augenverletzungen bei Verkehrsunfällen habe erst durch die Einführung des Bußgeldes für Gurtmuffel Mitte der 1980er Jahre gesenkt werden können – und das zu 90 Prozent. Allein die Maßnahmen zur Verbesserung der Fahrzeugsicherheit durch den Einbau von Sicherheitsgurten und die bei Verstoß zunächst gebührenfreie gesetzliche Gurtpflicht hätten nicht viel gebracht.