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Wenn das Ohr pfeift

Bei Hörsturz und Tinnitus ist keine kausale Behandlung möglich

Akzeptanz schulen

Die S3-Leitlinie Tinnitus von 2015 und die europäische Tinnitus Leitlinie von 2019 geben ausschließlich für die kognitive Verhaltenstherapie eine starke Therapieempfehlung. Sie gilt derzeit als am besten belegt. Ihr Ziel ist es, den Patienten anzuleiten, die Ohrgeräusche sowie Stress besser zu verarbeiten, die Aufmerksamkeitsfokussierung auf die Ohrgeräusche zu verringern und den Tinnitus sowie seine Konsequenzen anders zu bewerten. Betroffene erlernen dafür gezielte Bewältigungsstrategien, die ihnen Schritt für Schritt das Vertrauen in die eigene Einflussnahme zurückgeben. Gleichzeitig werden vermeidende Verhaltensweisen nach und nach abgebaut. Im Rahmen der Therapie können zudem begleitende Symptome wie Ängste, Depressionen oder Schlafstörungen behandelt werden.

Für Therapieverfahren wie die Tinnitus-Retraining-Therapie oder Sound-Therapien finden sich keine Empfehlungen in der Leitlinie. Sound-Therapien nutzen unterschiedliche Prinzipien. Bei der sogenannten passiven Musiktherapie hört der Betroffene Musik, die in seiner Tinnitus-Frequenz verändert wurde. Obwohl es dafür inzwischen entsprechende Apps gibt und die Kosten von einigen Krankenkassen übernommen werden, konnten Studien keine Verbesserung der Symptome im Vergleich zu Placebo nachweisen.

Die Retraining-Therapie besteht aus einer Kombination aus Aufklärung und Beratung, verhaltenstherapeutischen Behandlungsansätzen sowie einer Sound-Therapie mit sogenannten Maskern. Diese erzeugen ein kontinuierliches Hintergrundrauschen, das parallel zum Tinnitus gehört wird und eine Gewöhnung an das Ohrgeräusch ermöglichen soll. Inzwischen weiß man jedoch, dass der Sound-Therapie mit Maskern nur eine zweitrangige Wirkung zukommt und der therapeutische Nutzen der Retraining-Therapie hauptsächlich in der kognitiven Verhaltenstherapie liegt.

Die Tinnitus-Retraining-Therapie wurde ursprünglich von Pawel Jastreboff und Jonathan Hazell in den 90er Jahren entwickelt. Eine Anpassung an deutsche Verhältnisse und Qualitätsstandards wurde durch die Arbeitsgemeinschaft Deutschsprachiger Audiologen, Neurootologen und Otologen (ADANO) vorgenommen, weshalb heute auch der Begriff Retraining-Therapie nach ADANO geläufig ist.

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