Bei Immuntherapie die Schilddrüse im Blick behalten |
Juliane Brüggen |
06.07.2022 15:00 Uhr |
Vor Beginn einer Immuntherapie sollte die Schilddrüse untersucht werden. / Foto: Adobe Stock/Andrey Popov
Zu den oft eingesetzten Immuntherapien gehören Checkpoint-Inhibitoren – Antikörper, die körpereigene Immunzellen dazu bringen, den Krebs zu bekämpfen. Dabei wird nicht nur das Tumorgewebe zum Ziel, auch andere Organe oder Gewebe können durch eine überschießende Immunreaktion Schaden nehmen. »Häufig ist die Schilddrüse betroffen«, erklärt Dr. Barbara Kreppel, Leiterin des Schilddrüsenzentrums an der Klinik und Poliklinik für Nuklearmedizin am Universitätsklinikum Bonn. Warum dieses Organ, ist noch nicht abschließend geklärt.
Bekannt sei aber, dass die Funktionsstörung zu Beginn der Behandlung entsteht, so die BDN-Expertin. »Es tritt zunächst eine Überfunktion auf, die entweder wieder verschwindet oder schnell in eine Unterfunktion übergeht.« Diese ist nicht immer reversibel: In 3 bis 25 Prozent der Fälle bleibt Studien zufolge eine Unterfunktion zurück. »Das gesunde Gewebe zerfällt, zeigt eine aufgelockerte, ungleichförmige Struktur, bis das Organ im weiteren Verlauf schrumpfen kann«, beschreibt Kreppel die im Ultraschall sichtbaren Schädigungen. Die Therapie besteht dann in der Einnahme von Schilddrüsenhormonen.
Zu den Checkpoint-Inhibitoren gehören unter anderem der Anti-CTLA-4-Antikörper Ipilimumab, die Anti-PD-1-Antikörper Nivolumab und Pembrolizumab, die Anti-PD-L1-Antikörper Avelumab, Atezolizumab und Durvalumab.
Die Krux liegt in der Erkennung: Das Phänomen sei vergleichsweise neu und unspezifische Symptome würden oft der Erkrankung oder Therapie zugeordnet, erklärt die Medizinerin. »Anspannung, Herzrasen, Gewichtsabnahme, Schwitzen – diese Anzeichen einer Überfunktion können schnell mit psychischem Stress in Verbindung gebracht werden«, bestätigt Professor Dr. Detlef Moka, Vorsitzender des BDN. Ebenfalls leicht zu verwechseln sind die Beschwerden einer Unterfunktion: Gewichtszunahme, Frieren, Verstopfung, Wassereinlagerungen an Beinen und Augen oder Schlappheit.
Die Experten des BDN setzen sich deshalb dafür ein, schon vor Beginn der Immuntherapie die Schilddrüsenhormone und -antikörper im Blut zu untersuchen sowie das Organ gegebenenfalls im Ultraschall zu betrachten. »Während der Immuntherapie sollten die Schilddrüsenhormone dann regelmäßig kontrolliert werden«, so Moka. »Bei Auffälligkeiten oder Beschwerden lassen sich die Patientinnen und Patienten am besten in die Nuklearmedizin oder Endokrinologie überweisen.«