Bei Kompression den Überblick behalten |
Viele Menschen, die Kompressionsstrümpfe brauchen, haben Furcht davor, diese nicht selbst anziehen zu können. / Foto: Shutterstock/Tibanna79
In den meisten Fällen werden Kompressionsstrümpfe eingesetzt, um Venenleiden in den Beinen zu behandeln. Bei einer chronischen Veneninsuffizienz (CVI) schließen Venenklappen nicht mehr richtig, die normalerweise dafür sorgen, dass das Blut nicht wieder in die Beine zurückfließt. In der Folge kann Blut in den Beinen versacken und die Wände der Venen werden überlastet. Krampfadern oder Ödeme sind mögliche Folgen. Kompressionsstrümpfe verkleinern durch Druck von außen den Durchmesser der betroffenen Venen, sodass die Venenklappen wieder besser schließen. Zeitlich begrenzt kann eine Kompressionsbehandlung auch bei hypertrophen Narben und Keloiden angezeigt sein.
Zur Verfügung stehen Produkte unterschiedlicher Längen wie Kniestrumpf, Schenkelstrumpf oder Strumpfhose, auch Kombinationen aus Bermudahosen mit Oberschenkelstrümpfen oder Caprihosen mit Kniestrümpfen sind möglich, des Weiteren gibt es Kompressionsartikel für die Arme. Bei der Auswahl muss stets zwischen Tragekomfort und erforderlichem Kompressionseffekt abgewogen werden. Allgemein gilt: So kurz wie möglich, so lang wie nötig.
Medizinische Kompressions(arm)strümpfe und -strumpfhosen, die im Hilfsmittelverzeichnis der Kassen gelistet sind, erfüllen die Herstellungs- und Prüfrichtlinien der Gütezeichengemeinschaft Medizinischer Kompressionsstrümpfe e. V. (RAL-GZ 387). Zu erkennen ist das am Qualitätszeichen der Gütezeichengemeinschaft. Entsprechende Strümpfe müssen Zweizugeigenschaften haben und sich einer der in den Gütebestimmungen definierten Kompressionsklassen (KKL) zuordnen lassen. Für Beinstrümpfe gibt es vier KKL, für Armstrümpfe drei. Welche Klasse der Patient benötigt, legt der Arzt fest. Eine starre Zuordnung einer KKL zu einem bestimmten Krankheitsbild gibt es nicht. Ein weiteres Qualitätsmerkmal ist, dass Kompressionsartikel für die Beine einen kontinuierlichen Druckabfall von der Fessel zur Körpermitte hin aufweisen, der Armstrumpf vom Handgelenk zur Körpermitte. Das entspricht den natürlichen Druckverhältnissen im Körper.
Kompressionsklasse | Druck in kPa | Druck in mmHg |
---|---|---|
Klasse I/leicht | 2,4 – 2,8 | 18–21 |
Klasse II/mittel | 3,1 – 4,3 | 23–32 |
Klasse III/kräftig | 4,5 – 6,1 | 34–46 |
Klasse IV/sehr kräftig | > 6,5 | > 49 |
Damit die Strümpfe wie eine zweite Haut sitzen, ermittelt das Apothekenteam die Umfänge und Länge der Gliedmaßen. Ideal ist es, die Messung früh morgens möglichst bald nach dem Aufstehen vorzunehmen, da die Ödeme dann weniger ausgeprägt sind als am Abend. Entsprechen die individuellen Maße einem Serienprodukt, wählt man dieses, andernfalls ist eine Maßanfertigung notwendig. Strümpfe aus Serienfertigung sind immer im Rundstrickverfahren gefertigt, sie haben also keine Naht.
Maßanfertigungen sind erforderlich, wenn die individuellen Körpermaße, beziehungsweise die Körperform nicht zu einem Serienprodukt passen. Es werden rundgestrickte und flachgestrickte Produkte unterschieden.
Rundgestrickte Kompressionsstrümpfe in Maßanfertigung weisen keine störende Naht auf. Allerdings setzt das Rundstrickverfahren der Formgebung Grenzen, da die Anzahl der Maschen nicht veränderbar ist. Diese Kompressionsstrümpfe sind meist feiner und dünner als flachgestrickte Kompressionsstrümpfe und kommen typischerweise bei Venenbeschwerden zum Einsatz.
Maßgefertigte, flachgestrickte Kompressionsstrümpfe werden nach dem Strickvorgang noch vernäht, sodass eine sichtbare Längsnaht verbleibt. Die Form ist dadurch deutlich besser der Körperform angepasst als bei rundgestrickten Kompressionsstrümpfen, sie sind aber meist auch dicker und rauer als rundgestrickte Strümpfe. Sie kommen bevorzugt dann zum Einsatz, wenn krankheitsbedingt eine höhere Steifigkeit des Gestrickes und mehr Druck auf das Gewebe notwendig sind, etwa bei Lymph- und Lipödemen.
Jeder Patient hat Anrecht auf mindestens zwei Kompressionsstrümpfe pro Jahr. Möglich ist auch, dass gleich zwei Paar auf einmal aufgeschrieben werden. Das ist häufig bei Erstverordnungen der Fall, damit ein Wechselpaar zur Verfügung steht.