Beim Blutdruckmessen keine Eile |
Juliane Brüggen |
24.02.2022 12:00 Uhr |
Die Stethoskop-Methode zur Blutdruckmessung ist – richtig durchgeführt – sehr genau. / Foto: Getty Images/Siri Stafford
Blutdruckmessen ist meist schnell erledigt: Manschette anlegen, Startknopf drücken, Ergebnis notieren. Damit das Resultat aber aussagekräftig ist, muss das »Drumherum« stimmen. Was die optimale Messung in der Apotheke ausmacht, erklärt eine Standardarbeitsanweisung (SOP) der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände.
Erste Voraussetzung ist demnach ein abgeschirmter Ort mit Sitzgelegenheit wie der Beratungsraum. Auch das Blutdruckmessgerät selbst spielt eine Rolle: Es sollte validiert sein – mit einem Gütesiegel der Deutschen Hochdruck-Liga (DHL) oder einem anderen international anerkannten Validierungsprotokoll (zum Beispiel AAMI, BIHS, ESH). Alle zwei Jahre ist eine messtechnische Kontrolle der Geräte vorgeschrieben.
Vor der Messung sind mit dem Patienten einige Fragen zu klären. So ist es wichtig, dass dieser möglichst in der Stunde vorher auf koffeinhaltige Getränke, Alkohol und Nikotin verzichtet hat. Auch Krankheiten oder andere Faktoren, die die Blutdruckmessung beeinflussen, müssen vorab besprochen werden. Dazu zählen der SOP zufolge Herzrhythmusstörungen, ein Herzschrittmacher, eine bestehende Artherosklerose oder eine fortgeschrittene Schwangerschaft. Oszillometrische Messgeräte – wie die meisten automatischen – sind dann nicht geeignet.
Ist das Vorgespräch beendet, folgt die Ruhephase: Es gilt, mindestens fünf Minuten durchzuhalten – ohne Gespräche, Smartphone oder konzentrierte Aktivitäten. Hatte der Patient vorher Stress oder hat er sich körperlich verausgabt, ist eine längere Ruhepause erforderlich.
Die meisten automatischen Messgeräte ermitteln den Blutdruck oszillometrisch. Dabei registriert das Gerät die Schwingungen der Blutgefäßwand. Oftmals wird die maximale Schwingung der Gefäßwände (»arterieller Mitteldruck«) herangezogen. Eine einheitliche Berechnungsformel existiert aber nicht.
Anhand der Korotkow-Geräusche erfolgt die Messung bei der Stethoskop-Methode. Dazu braucht es eine druckentfaltende Oberarm-Manschette mit Druckanzeige und ein Stethoskop. Beim allmählichen Druckablassen aus der Manschette mit einer Geschwindigkeit von etwa 2 bis 3 mmHg pro Sekunde ist nach einer Weile über das auf der Arterie liegende Stethoskop ein dumpfes Strömungsgeräusch zu hören. Das Auftreten des Tons zeigt die obere Grenze des systolischen Blutdrucks, bei Erreichen des diastolischen Blutdrucks wird er deutlich leiser. Unterhalb des diastolischen Drucks sind keine deutlichen Geräusche mehr wahrnehmbar. Es gibt auch automatische Geräte, die sich an den Korotkow-Geräuschen orientieren. Die Methode ist vorteilhaft, wenn zum Beispiel Herzrhythmusstörungen vorliegen.
Danach kann es losgehen: Die Sitzposition ist entspannt, mit angelehntem Rücken und abgelegten Armen. Als Erstes wird die Manschette – in passender Größe – angelegt. Der Arm darf nicht durch einen zurückgeschobenen Ärmel, eine Uhr oder anderen Schmuckstücke abgeschnürt sein. Auch während der Messung ist der Arm ruhig zu halten und auf Gespräche zu verzichten.
Die Messung selbst erfolgt auf Herzhöhe. Die Oberarm-Manschette wird dazu laut ABDA-Leitfaden etwa 3 cm (»zwei Querfinger«) über dem Ellbogen platziert, der Luftschlauch verläuft auf der Innenseite des Arms in Richtung Mittelfinger. Bei der Stethoskop-Methode sollte sich der untere Manschettenrand etwa 2,5 cm über der Ellenbeuge befinden, das Mikrofon über der Arterie (Arteria brachialis). Auch ein Handgelenkmessgerät ist auf Herzhöhe auszurichten. Dazu wird das Gerät am Handgelenk angelegt und der Arm ohne Hochhalten so gelagert, dass das Messgerät auf Höhe des Herzens ruht.
Die ABDA empfiehlt, die Messung dreimal zu wiederholen, dazwischen jeweils etwa 1–2 Minuten Pause. Einige Geräte führen die Dreifachmessung vollautomatisch durch. Erfolgt die Messung nicht vollautomatisch, ist darauf zu achten, dass die Manschette vor Beginn der nächsten Messung vollständig entlüftet ist.
Fehlerquelle | Blutdruckwerte |
---|---|
Manschette zu schmal oder zu locker angelegt | Zu hoch |
Manschette zu breit | Zu niedrig |
Manschette über der Kleidung oder Oberarm durch enge Kleidung abgeschnürt | Unzuverlässig |
Messpunkt unter Herzhöhe | Zu hoch |
Messpunkt über Herzhöhe | Zu niedrig |
Ruhepause nicht eingehalten, volle Blase, Koffein | Verfälscht |
Nach jeder Messung werden die ermittelten Werte notiert. Die ABDA stellt dafür spezielle Informationsbögen zur Verfügung – einmal für Patienten ohne Bluthochdruck und einmal für Patienten mit Bluthochdruck, jeweils in Deutsch und in Englisch. Den ausgefüllten Bogen kann der Patient dann mitnehmen und bei Bedarf mit einem Arzt besprechen. Laut SOP sind folgende Angaben relevant:
Lässt der Patient den Blutdruck regelmäßig in der Apotheke bestimmen, ist es sinnvoll, einige Eckdaten in der Patientenkartei zu hinterlegen, zum Beispiel den Messarm, das Messgerät (mit Manschettengröße) und die durchschnittlichen Blutdruckwerte.
Der italienische Kinderarzt Scipione Riva-Rocci beschrieb im Jahr 1896 als Erster die Messung des Blutdrucks mittels pneumatischer Armmanschette. Diese war mit einem Quecksilber-Manometer verbunden, der Arzt fühlte den Puls am Handgelenk. So ließ sich der systolische Blutdruck ermitteln.
Der russische Arzt Nikolai Sergejewitsch Korotkow ergänzte die Methode um das Abhören der Arterie mit dem Stethoskop und ermöglichte es damit, den systolischen und den diastolischen Blutdruck zu messen. Obwohl heutzutage quecksilberfreie Membran-Manometer verwendet werden, ist die Einheit für den Blutdruckwert – mmHg – geblieben. Die Angabe in Pascal konnte sich nicht durchsetzen.
In der Arztpraxis werden Blutdruckmesswerte laut Hochdruckliga wie folgt interpretiert: Bei Werten, die unter 130/85 mmHg liegen, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass der Blutdruck optimal beziehungsweise normal ist. Von hochnormalem Blutdruck spricht man bei Werten von 130/85 bis 139/89 mmHg. Hier könnte gegebenenfalls eine maskierte Hypertonie vorliegen. Werte von 140/90 bis 159/99 mmHg sind als arterielle Hypertonie Grad 1 klassifiziert. Bei Werten ab 160/100 mmHg ist eine anhaltende arterielle Hypertonie sehr wahrscheinlich, die Klassifikation entspricht arterieller Hypertonie Grad 2–3. Die Diagnose bestätigen Ärzte mittels 24-Stunden Langzeitblutdruckmessung und/oder häuslicher Blutdruckmessungen sowie wiederholten Messungen in der Arztpraxis. Welche Blutdruckzielwerte ein Patient erreichen sollte, muss individuell entschieden werden.