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Wichtiger Cofaktor

Biotin: Hilft Enzymen auf die Sprünge

Das wasserlösliche Biotin gehört zur Gruppe der B-Vitamine und gibt Enzymen den richtigen Kick. Es kommt sowohl in Pflanzen als auch tierischen Lebensmitteln vor – kann jedoch je nach Herkunft besser oder schlechter verstoffwechselt werden.
Kerstin Pohl
26.02.2020  10:00 Uhr

Aufgaben und Funktionen

Einige Enzyme im menschlichen Organismus benötigen Biotin als Cofaktor, damit sie vollständig funktionsfähig sind. Auf diese Weise beeinflusst das Vitamin den Abbau von Aminosäuren, die Bildung von Fettsäuren und die Bereitstellung von Energiereserven (Gluconeogenese).

Wie viel braucht der Mensch?

Für Biotin gibt es keine genauen Bedarfszahlen. Das liegt zum einen an der variablen biologischen Verfügbarkeit, zum anderen daran, dass die entsprechenden Analysen zum Biotingehalt in Lebensmitteln je nach Verfahren unterschiedlich sind. Es ist zudem nicht bekannt, ob und inwieweit der Organismus durch eine enterale Eigensynthese den Biotinstatus beeinflusst. Auch gibt es keine aussagekräftigen Mangelexperimente, um den genauen Bedarf zu ermitteln.

Aus diesen Gründen gibt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) für Biotin lediglich Schätzwerte statt Bedarfszahlen an. Sie werden aus der durchschnittlichen Zufuhr an Biotin in der Bevölkerung abgeleitet und liegt bei Männern und Frauen bei 40 µg am Tag.

Alter Biotin, µg/Tag
SÄUGLINGE
0 bis 4 Monate 4
4 bis 12 Monate 6
KINDER
1 bis unter 4 Jahre 20
4 bis unter 7 Jahre 25
7 bis unter 10 Jahre 25
10 bis unter 13 Jahre 35
13 bis unter 15 Jahre 35
JUGENDLICHE/ERWACHSENE
15 bis unter 19 Jahre 40
19 bis unter 25 Jahre 40
25 bis unter 51 Jahre 40
51 bis unter 65 Jahre 40
65 Jahre und älter 40
SCHWANGERE 40
STILLENDE 45
Schätzwerte für eine angemessene Zufuhr

Woran erkennt man einen Mangel?

Ein Defizit wurde bei Personen, die sich ausgewogen ernähren, noch nicht beobachtet. Selbst bei extremen Ernährungsgewohnheiten zeigen sich kaum Mangelsymptome, sodass man davon ausgeht, dass köpereigenes Biotin wiederverwertet und genutzt werden kann.

Wer gehört zu einer Risikogruppe?

Gefährdet sind Menschen, die größere Mengen rohes Ei (fünf bis zehn Stück pro Tag) verzehren. Im Eiklar ist Avidin enthalten, ein Protein das Biotin bindet und damit unbrauchbar macht (Biotin-Avidin-Komplex). Der Körper kann es in dieser Form nicht mehr resorbieren.

Ein Sonderfall ist ein genetisch bedingter, angeborener Biotinidase-Mangel. Dieses Enzym wandelt Biotin im Stoffwechsel in seine aktive Form um. Fällt es weg, zeigen Kinder im ersten Lebensjahr zunächst leichte Symptome wie einen Hautausschlag im Bereich von Mund, Nase, Rektum oder eine Bindehautentzündung und Haarverlust. Im späteren Verlauf treten dann Krampfanfälle und Entwicklungsstörungen bis hin zum Koma auf.

Die Therapie dieses Enzymdefektes erfolgt in Form einer lebenslangen Biotingabe als Tablette (5 bis 40 mg Biotin pro Tag). Dabei lassen sich die meisten Mangelsymptome beheben, wenn sie noch nicht zu weit fortgeschritten sind. Solche fortgeschrittenen irreversiblem Symptome können Seh- und Hörverluste sein. Die Untersuchung der Biotinidase-Aktivität erfolgt in Deutschland beim Neugeborenen-Screening. Liegt die Enzymaktivität dabei unter 10 Prozent, erfolgt eine entsprechende Behandlung

Wie kommt es in den Körper?

Die Versorgung mit Biotin ist generell gut und gesichert, wenn eine ausgewogene, normale Mischkost verzehrt wird. Dabei hängt die Aufnahme des Vitamins davon ab, ob es an ein Protein (Biotin-Lysin) gebunden ist. Dann ist die Bioverfügbarkeit deutlich besser. Jedoch gibt es keine pauschale Regel, die besagt, dass Biotin aus pflanzlichen oder tierischen Lebensmitteln besser vom Organismus aufgenommen werden kann.

Empfehlenswerte Lebensmittel sind Milch und -produkte, Eier (Eigelb), Leber, Vollkornprodukte sowie Nüsse und Sojabohnen, Champignons.

  • Weizenvollkornbrot; 3,5 µg Biotin /100 g
  • Milch (1,5 % Fett; 3,5 %Fett): 3,5 µg Biotin /100 g
  • Joghurt (3,5 % Fett): 3,5 µg Biotin /100 g
  • Speisequark (20 % Fett): 6,4 µg Biotin /100 g
  • Limburger-Käse: 8,6 µg Biotin /100 g
  • Schweinekotelett: 5,5 µg Biotin /100 g
  • Kalbsleber: 75 µg Biotin /100 g
  • Champignons: 16 µg Biotin /100 g
  • Hühnereigelb: 53 µg Biotin / 100 g
  • Cashewkerne: 12,7 µg Biotin / 100 g
  • Erdnusskerne: 34 µg Biotin / 100 g

Quelle: GU Nährwert Kalorien Tabelle 2018/19

Achtung, Wechselwirkung!

Bei der längerfristigen Einnahme von Antikonvulsiva (Primidon und Carbamazepin) kann ein Biotinmangel auftreten, da die Wirkstoffe die Resorption von Biotin verringern und gleichzeitig den Abbau steigern. Bei Kindern kann Valproinsäure zu einer Hemmung der Biotinidase führen.

Falsch dosiert, was nun?

Eine Hypervitaminose ist allein durch die Ernährung nicht möglich. Selbst eine Supplementierung in sehr hoher Dosierung bleibt ohne Folgen, da das Vitamin wasserlöslich ist, und der Körper überschüssiges Biotin somit einfach ausscheidet.

Gut zu wissen …

Rohes Eiklar enthält ein Protein, das Biotin bindet (Biotin-Avidin-Komplex) und damit unbrauchbar macht. Das ist vor allem für Personen von Bedeutung, die langfristig größere Mengen rohe Eier (fünf bis zehn Stück pro Tag) verzehren wie beispielsweise manche Kraftsportler zum Muskelaufbau. Deshalb gut zu wissen: Bei Erhitzung über 100 Grad wird das Avidin zerstört. Gebratene oder gekochte Eier können also ohne weiteres verzehrt werden. Außerdem bindet Avidin nur das Biotin im Ei selbst. Andere Mahlzeiten, die später gegessen werden, sind nicht betroffen.

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