Blutverdünner – die wichtigsten Fragen und Antworten |
Wie war das nochmal? Zu Blutverdünnern gibt es viel Hintergrundwissen. Es von Zeit zu Zeit aufzufrischen, lohnt sich. / Foto: Adobe Stock/shefkate
Umgangssprachlich landen Wirkstoffe, die die Gerinnungsfähigkeit des Blutes herabsetzen, oft alle in einem Topf. Dabei greifen verschiedene Prozesse bei der Blutstillung komplex ineinander – und entsprechend viele Angriffspunkte gibt es für Medikamente. Kunden am HV-Tisch meinen mit einem »Blutverdünner« meist Thrombozytenaggregationshemmer (TAH) wie Acetylsalicylsäure oder aber Antikoagulantien. Das sind allerdings zwei Paar Schuhe! Unter Letzterem werden im engeren Sinne Pharmaka verstanden, die die plasmatische Blutgerinnung hemmen. Dazu zählen beispielsweise Marcumar® oder Heparin. Sie unterscheiden sich von TAH sowohl in ihrem Wirkprinzip als auch im Einsatzgebiet. Wirklich »dünnflüssiger« machen sie das Blut aber alle nicht. Der Begriff »Blutverdünner« trifft es deshalb nicht genau.
Diese Feinheiten sind für den Apothekenalltag kaum relevant. Die Abläufe beeinflussen sich wechselseitig und laufen gleichzeitig ab, sodass eine klare Trennung ohnehin schwerfällt. Vereinfacht gesagt verschließen bei der primären (=zellulären) Hämostase Thrombozyten innerhalb weniger Minuten eine Wunde mit einem dünnen Pflaster aus vernetzten Thrombozyten. Hierfür ziehen sich die Gefäße zusammen und Thrombozy-ten binden am geschädigten Endothel, werden aktiviert und verklumpen. Hier greifen Thrombozytenaggregationshemmer (TAH) ein. Durch Vernetzung von Fibrin mit Thrombozyten und Erythrozyten gelingt dann eine stabile Reparatur (roter Thrombus). Diese Fibrinvernetzung ist Ziel der sekundären (=plasmatischen) Hämostase. Das ist die eigentliche Blutgerinnung und Bereich der Antikoagulantien.
Pharmakologisch gibt es verschiedene Angriffspunkte, um die Thrombozytenaggregation zu hemmen. Der bekannteste TAH ist Acetylsalicylsäure (ASS). Sie hemmt irreversibel die Cyclooxygenase-1 (COX-1), sodass Thrombozyten kein Thromboxan A2 mehr herstellen können. Thromboxan A2 stimuliert nicht nur die Thrombozytenaggregation, sondern auch die Gefäßkonstriktion. Theoretisch genügen für eine klinisch relevante Hemmung bereits 50 mg täglich. Geplante Eingriffe sollen frühestens fünf Tage nach dem Absetzen stattfinden.
Der Signalweg, der zur Thrombozytenadhäsion und -aggregation führt, lässt sich auch über ADP-Rezeptor-Antagonisten inhibieren. Die Wirkstoffe Clopidogrel (Plavix®) und Prasugrel (Effient®) hemmen diesen irreversibel, sodass ihre Wirkung nach dem Absetzen ebenfalls noch einige Tage anhält. Sie sind Prodrugs und werden erst in ihre aktive Wirkform metabolisiert. Ticagrelor (Brilique®) muss hingegen zweimal täglich eingenommen werden. Es wirkt als reversibler ADP-Rezeptor-Hemmer, wodurch die Wirkung nach einer Pause oder vergessenen Dosis rasch schwindet. Patienten brauchen also eine gute Compliance.
Außerdem gibt es mit Dipyridamol einen Phosphodiesterase-Hemmer. Dieser Thrombozytenaggregationshemmer ist unter dem Namen Aggrenox® als Fixkombination mit ASS erhältlich. ADP-Rezeptor-Antagonisten werden ebenfalls häufig mit ASS kombiniert.
Im Gegensatz dazu greifen Antikoagulantien in die Gerinnungskaskade ein und hemmen die plasmatische Blutgerinnung: