Capsaicinoid-Creme |
Capsaicinoide reizen Augen, Haut und Atemwege, weshalb Handschuhe und Schutzbrille angelegt werden müssen. / Foto: iStock/wilpunt
Gabi wirft als erstes einen Blick in den Rezepturhinweis »Capsaicinoide« auf der Webseite des DAC/NRF. Sie findet bestätigt, dass der Wirkstoff unter anderem als Antipruriginosum eingesetzt wird. Andere Indikationen sind beispielsweise verschiedene Neuralgien, diabetische Neuropathie, Phantomschmerzen, rheumatische Erkrankungen und Muskel-, oder Nervenschmerzen. Es gibt standardisierte hydrophile und lipophile Capsaicinoid-Cremes in Konzentrationen von 0,025 Prozent aufwärts, die dort ebenfalls genannt werden. Die obere Richtkonzentration des Wirkstoffs beträgt laut entsprechender Tabelle im DAC/NRF bei Therapiebeginn 0,05 Prozent (dermatologische Anwendung). Die Konzentration kann während der Therapie erhöht werden und 0,05 Prozent überschreiten. Das erklärt, warum beispielsweise die Hydrophile Capsaicinoid-Creme mit 0,025 sowie mit 0,05 und 0,1 Prozent Wirkstoffgehalt standardisiert wurde (NRF 11.125.).
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Ein Blick auf die standardisierten Rezepturvorschriften gibt weitere Aufschlüsse zu Anwendung und Herstellung der Cremes. Wird die Creme gegen Juckreiz eingesetzt, erfolgt die typische Anwendung zunächst zwei- bis viermal pro Tag über einen Zeitraum von mindestens sechs Wochen. Die Wirkung erfolgt in zwei Stufen. Die ersten Tage hat die Creme einen hyperämisierenden Effekt, was mit Wärmegefühl, Hautrötung und Brennen unterschiedlicher Ausprägung einhergehen kann. Darauf folgt Unempfindlichkeit. Gabi notiert sich das für das Beratungsgespräch am nächsten Tag. Für die Anwendung müssen außerdem Hilfsmittel zum Schutz des Patienten mitgegeben werden, entweder Einmalhandschuhe oder Einmalspatel und Fingerschutz. Auf das Etikett gehören Warnhinweise für die Anwendung. Die Abfüllung erfolgt in eine Aluminiumtube oder in eine Spenderdose.
Aus Gründen des Arbeitsschutzes soll die Verarbeitung von Capsaicinoiden in Form des Propylenglycolischen Capsaicinoid-Konzentrats 2,5 % (NRF S.49.) erfolgen. Der Wirkstoff reizt Augen, Haut und Atemwege, weshalb Handschuhe und Schutzbrille angelegt werden müssen. Wird das Pulver zur Herstellung des Konzentrats verarbeitet, bietet sich außerdem an, einen Mundschutz zu tragen. Da Propylenglycol nicht flüchtig ist, kann das Konzentrat gut abgewogen werden.
Gabi will den Wirkstoff gleich bestellen, kann ihn jedoch nicht finden. In der Warenwirtschaft findet sie nur »Capsaicin 65% natürlich Pulver«. Sie ruft die Webseite des Herstellers auf und findet das Pulver dort unter dem Namen »Capsaicin« und einen Verweis auf die Monographie der USP (gleiche PZN). Gabi ruft die DAC-Monographie auf, um sich die Spezifikationen genauer anzuschauen. Capsaicinoide DAC wird aus Cayennepfeffer gewonnen. Die Monographie legt fest, dass mindestens 55 Prozent Capsaicin enthalten sein müssen. Außerdem muss die Gesamtmenge an Capsaicin und Dihydrocapsacin mindestens 75 Prozent betragen. Andere Capsaicinoide dürfen maximal mit 15 Prozent enthalten sein. In der USP werden Capsaicinoide als »Capsaicin« geführt. Bis 2020 unterschied sich die DAC-Monographie von der USP-Monographie in einigen Details. Der Unterschied hatte aber vermutlich kaum Einfluss auf die Wirkung. Die DAC-Monographie wurde letztes Jahr schließlich an die USP-Monographie angepasst, sodass Gabi die gelistete USP-Ware verarbeiten kann. Einzig der Einwaage-Korrekturfaktor muss berücksichtigt werden. Während sich die beim Produkt angegebenen 65 Prozent auf den Capsaicin-Gehalt beziehen, wird der Einwaage-Korrekturfaktor anhand des Gehalts an Gesamtcapsaicinoiden bestimmt. Diese Angabe kann dem Prüfzertifikat entnommen werden.
Unguentum Cordes® ist eine Kosmetikgrundlage, für die aber ein valides Prüfzertifikat angeboten wird und GMP-konforme Herstellung bestätigt werden. Aus diesem Grund darf man die wasseraufnehmende Grundlage in der Apotheke verarbeiten. Gabi findet keine Informationen im DAC/NRF. Über eine Internetsuche findet Gabi heraus, dass der Hersteller einen Fachbereich auf seiner Webseite mit weiterführenden Informationen anbietet. Laut Webseite entsteht aus der emulgierenden Salbengrundlage abhängig vom Wassergehalt eine W/O- oder eine O/W-Creme. Bis zu einem Wassergehalt von 30 Prozent wird daraus eine lipophile Creme, bei einem Wassergehalt von 50 bis 60 Prozent eine hydrophile Creme. Der laut Rezept gewünschte Wassergehalt von 40 Prozent liegt genau dazwischen, also im Bereich der Phasenumkehr. Die Phasenumkehr ist der Bereich, in dem bei weiterer Wasserzugabe aus der W/O-Creme eine O/W-Creme wird. In diesem Bereich lässt sich keine stabile Emulsion herstellen, der Wassergehalt muss also entweder höher oder niedriger sein, was entweder zu einer hydrophilen oder einer lipophilen Creme führt.
Gabi sucht weiter und findet im gleichen Fachbereich ein PDF mit weiteren Informationen. Darin steht explizit, dass eine Wasser-Konzentration von 40 Prozent wegen der Phasenumkehr gemieden werden soll. Unguentum Cordes® ist frei von Konservierungsmitteln. Ohne einen entsprechenden Zusatz beträgt die Aufbrauchfrist bei einem Wassergehalt von 20 bis 30 Prozent vier Wochen. Die Anwendungsdauer liegt für den vorliegenden Anwendungsbereich vermutlich weit höher, weshalb ein Konservierungsmittel angebracht sein könnte, um die Aufbrauchfrist zu verlängern. Gabi beschließt, die verschreibende Ärztin zu kontaktieren, um zu klären, ob eine hydrophile oder eine lipophile Creme bevorzugt wird. Da für beide Varianten, standardisierte Rezepturen existieren, will Gabi ihr diese vorschlagen.
Nach Rücksprache mit dem diensthabenden Apotheker telefoniert Gabi mit der Hautarztpraxis und wird glücklicherweise mit der Ärztin verbunden. Die Ärztin würde eine hydrophile Creme bevorzugen. Sie ist dankbar für den Vorschlag, eine standardisierte Rezepturvorschrift zu verwenden, und bittet Gabi, die Hydrophile Capsaicinoid-Creme 0,025 % (NRF 11.125.) herzustellen.
• Propylenglycolisches Capsaicinoid-Konzentrat 2,5 % (Vorschrift S.49.) 1,0 g
• Basiscreme DAC 50,0 g
• Propylenglykol 21,0 g
• gereinigtes Wasser zu 100,0 g
• 2x täglich auftragen (Fingerschutz). Nicht in Kontakt mit den Augen bringen. Nach der Anwendung Hände sorgfältig mit Wasser und Seife reinigen.