Cefiderocol und der Troja-Trick |
Sven Siebenand |
28.01.2021 12:15 Uhr |
Im Kampf und in der Arzneimitteltherapie erfolgreich: Mit Hilfe eines Trojanischen Pferdes kommt man an den Ort des Geschehens. / Foto: Adobe Stock/Hubert
Die antimikrobielle Resistenz ist ein wachsendes, weltweites Problem. Infektionen durch multiresistente und vor allem Carbapenem-resistente gramnegative Erreger verlaufen häufig kompliziert und können schnell lebensbedrohlich werden. Neue Antibiotika werden dringend benötigt, und die Markteinführung von Cefiderocol ist daher sehr willkommen.
Es handelt sich um das erste sogenannte Siderophor-Cephalosporin-Antibiotikum. Der Wirkstoff umgeht typische Resistenzmechanismen, indem es das bakterieneigene Eisenaufnahmesystem nutzt, um quasi wie ein Trojanisches Pferd in den periplasmatischen Raum von gramnegativen Bakterien einzudringen. Dazu bindet Cefiderocol mit einem Teil seiner Molekülstruktur an Eisenionen und wird mithilfe von Eisentransportern, die diesen für Bakterien essenziellen Nährstoff aufnehmen, aktiv befördert. Nach Überwinden der äußeren Membran löst sich das Eisen wieder vom Antibiotikum und der Wirkstoff hemmt – wie andere Cephalosporine – die Zellwandsynthese, was zur Lyse und zum Tod der Zelle führt. Das In-vitro-Wirkspektrum von Cefiderocol umfasst wichtige aerobe gramnegative Erreger, einschließlich der WHO-Problemkeime Carbapenem-resistente Acinetobacter baumannii, Pseudomonas aeruginosa und Enterobacterales wie Escherichia coli und Klebsiella pneumoniae.
Cefiderocol wird intravenös über einen Zeitraum von drei Stunden als Infusion verabreicht. Die übliche Dosis beträgt 2 g alle acht Stunden. Die Behandlungsdauer hängt von der Art der Infektion ab. Bei Patienten mit Nierenfunktionsstörungen muss der Arzt die Dosierung unter Umständen anpassen. Kontraindiziert ist das neue Medikament bei Patienten mit Überempfindlichkeit gegen Cephalosporin-Antibiotika und bei schwerer Überempfindlichkeit gegen andere Arten von β-Lactam-Antibiotika, zum Beispiele Penicilline oder Carbapeneme. Die häufigsten beobachteten Nebenwirkungen des Antibiotikums sind Durchfall, Erbrechen, Übelkeit und Husten.
Cefiderocol hat nur eine schwache oder gar keine Wirkung gegen die meisten grampositiven und anaeroben Erreger. Wenn bekannt ist oder vermutet wird, dass an der Infektion auch solche Erreger beteiligt sind, müssen die Mediziner zusätzliche Antibiotika einsetzen.
Hinsichtlich möglicher Wechselwirkungen ist zu bedenken, dass Cefiderocol CYP3A4 induziert. Daher kann die Metabolisierung von gleichzeitig angewendeten Arzneimitteln, die Substrate dieses Enzyms sind, zunehmen, wodurch die systemischen Konzentrationen dieser Arzneimittel abnehmen können. Auch die Induktion anderer Proteine ist möglich. Daher sind Patienten bei Anwendung von Cefiderocol zusammen mit Substraten der CYP2C-Familie oder P-Glykoprotein-Substraten auf eine verminderte Wirkung des begleitend angewendeten Arzneimittels zu überwachen.
Aus Vorsichtsgründen sollte eine Anwendung des neuen Antibiotikums während der Schwangerschaft vermieden werden. Bei Stillenden ist eine Entscheidung zu treffen, ob das Stillen zu unterbrechen ist oder ob auf die Behandlung mit Cefiderocol verzichtet werden soll. Fetcroja wird im Kühlschrank bei 2 bis 8 Grad Celsius gelagert.