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Je nach Ursache

Chronischen Husten behandeln

Nicht nur Infekte der Atemwege können Husten verursachen. Oft zu wenig beachtete Auslöser sind nicht infektiös – wie eine übermäßige Schleimproduktion in der Nase, eine Übererregbarkeit der Atemwege oder Sodbrennen.
Nicole Schuster
07.01.2022  15:30 Uhr

Wer öffentlich hustet, nimmt seit Beginn der Pandemie oft erschrockene Blicke von anderen Menschen wahr, einige nehmen vorsichtshalber sogar einige Schritte Abstand. Doch nicht jeder Mensch, der hustet, ist auch ansteckend und längst nicht alle sind mit SARS-CoV-2 infiziert. »Um einen infektiös bedingten Husten von Husten anderer Ursachen zu unterscheiden, hilft die Frage, wie lange er bereits andauert«, weiß Dr. Norbert Mülleneisen, Facharzt für Lungen- und Bronchialheilkunde im Asthma- und Allergiezentrum in Leverkusen und Vorsitzender des Berufsverbands für Pneumologie, Allergologie, Schlaf- und Beatmungsmedizin Nordrhein, im Gespräch mit PTA-Forum. »Alles, was unter acht Wochen andauert, zählt noch zu den akuten Hustenformen und hat in aller Regel einen Infekt als Auslöser. Bei länger andauerndem Husten liegen meist andere Ursachen vor.«

Unter einem solchen chronischen Husten leiden etwa 10 Prozent der Erwachsenen in Deutschland. Er ist nicht nur körperlich unangenehm, sondern kann auch das soziale und berufliche Leben stören und den Schlaf beeinträchtigen. Einen Dauerhusten sollte daher immer ein Arzt näher untersuchen. »Ein Röntgenbild oder eine CT-Untersuchung geben Hinweise auf die Ursache und helfen, die Behandlung festzulegen«, erklärt der Experte. Möglicherweise liegt der Auslöser auch gar nicht in der Lunge selbst. Verschiedene extrapulmonale Störungen können die Hustenrezeptoren ebenfalls reizen.

Schleim reizt

»Eine der drei wichtigsten Ursachen für chronischen Husten ist das Postnasal Drip Syndrom (PNDS)«, sagt der Mediziner. Bei der Störung, die wörtlich übersetzt »Träufeln der hinteren Nase« bedeutet, werde zu viel Schleim im Bereich der Nase und Nasennebenhöhlen gebildet, der von dort aus die Rachenhinterwand hinunter in die Luftröhre fließe. Dort könne der Schleim die Hustenrezeptoren der Atemwege und oberen Bronchien reizen. »Die Schleimmenge reicht nicht aus, um einen produktiven Husten auszulösen, führt aber zu einem ständigen Räusperzwang und Hustenreiz.«

Häufig liegen der Störung eine chronische Sinusitis oder eine allergische beziehungsweise nicht allergische Rhinitis zugrunde, was auch zu der Bezeichnung sinubronchiales Syndrom (Upper Airway Cough Syndrome, UACS) geführt hat. Therapeutisch greift man im Nasen-Rachen-Raum an, da hier das hustenauslösende, übermäßig gebildete Sekret entsteht. »Als einfache Therapie kann die PTA bei Verdacht auf eine chronische Sinusitis ein Nasenspray empfehlen, das ein Glucocorticid enthält«, sagt Mülleneisen. »Es macht nicht abhängig und bekämpft die Ursache des Hustens, nämlich die übermäßige Sekretbildung in der Nase.«

Abschwellende Nasentropfen oder -sprays mit Xylometazolin oder Oxymetazolin können alternativ zum Einsatz kommen, sollten aber nur Mittel zweiter Wahl sein. Die Nasenschleimhaut kann sich an den Gebrauch der vasokonstriktorischen α-Sympathomimetika gewöhnen, bei Absetzen schwillt die Schleimhaut dann verstärkt an (Rebound-Effekt). Die Tropfen und Sprays dürfen auch wegen der bekannten Gewöhnungsgefahr nicht länger als fünf bis sieben Tage eingesetzt werden. Für einen längeren Gebrauch kann die PTA Meerwasser-Nasensprays oder Zubereitungen mit ätherischen Ölen empfehlen. Auch isotonische Nasenspülungen und Inhalationen mit ätherischen Ölen befreien die Nase und erleichtern das Durchatmen.

Bei einigen Patienten liegen dem PNDS Nasenpolypen als Ursache zugrunde. Die polypöse Schleimhaut kann die Ausgänge der Nebenhöhlen verengen und eine Sinusitis, Geruchsverlust und eitrigen Fließschnupfen mit dem für PNDS typischen, an der Rachenwand hinunterfließenden Sekret verursachen. Bei kleineren Polypen helfen Glucocorticoide, die durch die Behandlung sogar oft gänzlich verschwinden. Größere Polypen lassen sich Patienten oft operativ entfernen, doch können diese wiederkehren. »Eine Therapieoption für Patienten, die unter ständig wiederkehrenden Polypen leiden, sind Biologika«, erzählt der Facharzt für Lungen- und Bronchialheilkunde. »Therapien mit monoklonalen Antikörpern wie Omalizumab, Dupilumab oder Mepolizumab sind zwar teuer, aber durchaus erfolgsversprechend.«

Variante des Asthmas

Eine Sonderform von Asthma, das »cough-variant asthma« (Husten als Asthma-Äquivalent), ist die zweithäufigste Ursache für einen chronischen, nicht infektiösen Husten. Die Patienten weisen eine bronchiale Hyperreagibilität auf, andere Kardinalsymptome wie Giemen und anfallsweise Atemnot fehlen jedoch, die Lungenfunktion sowie das Röntgenbild sind unauffällig. Auch hier seien lokal wirksame, in diesem Fall inhalative Glucocorticoide hilfreich, wie Mülleneisen erklärt: »Die Therapie führt nach wenigen Tagen zu einer Besserung und ist nebenwirkungsarm.«

Bei allergischen Komorbiditäten können Antihistaminika helfen. Eine vorübergehende bronchiale Hyperreagibilität kann sich auch nach einem akuten viralen Infekt der Atemwege einstellen. Man spricht dann von einem subakuten postinfektiösen Husten. Er ist darauf zurückzuführen, dass nach der Infektion die Reizschwelle der Hustenrezeptoren gesenkt ist und diese überempfindlich sind. Die vorübergehende Hyperreagibilität der Rezeptoren in den Bronchien hält meist nicht länger als acht Wochen an und heilt in der Regel spontan aus. Erleichterung können Hustenmittel wie Phytotherapeutika, Dextrometorphan und Ambroxol verschaffen, die auch während eines akuten Infekts helfen.

Krankheit Medikamentengruppe Präparate-Beispiele Angaben zur Dosierung bei Erwachsenen
PNDS / UACS Glucocorticoide Mometason wie in MomeAllerg®, MometaHexal® Heuschnupfenspray oder Mometason-ratiopharm® Heuschnupfenspray 2 Sprühstöße á jeweils 50 µg pro Nasenloch 1 mal täglich
Beclometason wie in RatioAllerg® Heuschnupfenspray 2 Sprühstöße á jeweils 50 µg pro Nasenloch 2 mal täglich
Fluticason wie in Otri-Allergie® Nasenspray 2 Sprühstöße á jeweils 50 µg pro Nasenloch 1 mal täglich
hypertonische und isotonische Meerwasser-Nasensprays Hysan® Salinspray, Bepanthen® Meerwasser Nasenspray, Rhinomer® Nasenspray nach Bedarf mehrmals täglich 1 bis 2 Sprühstöße in jedes Nasenloch
Nasensprays mit ätherischen Ölen Aspecton® Nasenspray, Propolaid® RinoAct Nasen Spray nach Bedarf mehrmals täglich 1 bis 2 Sprühstöße in jedes Nasenloch
Nasenspülungen/Nasenduschen mit physiologischer Kochsalzlösung Pari NaCl Inhalationslösung Ampullen, Isotone Natriumchloridlösung 0,9 % Braun, Isotonische NaCl 0,9% Deltamedica nach Bedarf bis zu 4-mal täglich 2,5 ml bis 5 ml anwenden
Bronchiale Hyperreagibilität (cough-variant asthma) inhalative Kortikosteroide verschreibungspflichtige Präparate etwa mit Beclometason wie in Junik® Autohaler oder Beclomet Easyhaler oder Budesonid in Budiair® 200 Mikrogramm Druckgasinhalation 2-mal täglich 1 bis 2 Sprühstöße
Allergische Komorbiditäten Antihistaminika Cetirizin wie in Cetirizin ADGC®, Cetirizin AL, Cetirizin Hexal®, Levocetirizin wie in Xusal®, Levocetirizin Hexal® bei Allergien, Dimetinden wie in Fenistil Dragees, Loratadin wie in Desloratadin TAD®, Desloratadin AbZ, Lorano®Pro 1 Tablette täglich, bei Dimetinden 3-mal täglich 1 bis 2 Tabletten
Gastro-ösophagealer Reflux (GERD) Protonenpumpeninhibitoren Omeprazol wie in Omep® Hexal, Omeprazol Heumann 20 mg bei Sodbrennen, Omeprazol AL 20 mg bei Sodbrennen, Pantoprazol wie in Panto Aristo® bei Sodbrennen, Pantoprazol-1A Pharma® 20 mg bei Sodbrennen, Pantoprazol Heumann 20 mg bei Sodbrennen, Esomeprazol wie in Nexium Control®, Esomeprazol TAD® 20 mg 1-mal täglich 20 mg über 14 Tage bzw. bei Pantoprazol max. 4 Wochen, für längere Anwendung oder höhere Dosierungen ist ein Arztbesuch erforderlich
H2-Antihistaminika verschreibungspflichtige Präparate etwa mit Famotidin wie in Famotidin Stada® oder Ranitidin wie in Ranitidin AbZ Filmtabletten 1- bis 2-mal täglich 1 Tablette je nach Wirkstärke
Alginate Gaviscon dual, Gaviscon advance, Gaviscon liquid bei Sodbrennen in der Schwangerschaft bei Bedarf anzuwenden
Antazida Talcid® Kautabletten, Riopan® Magengel, Rennie®, Maaloxan® bei Bedarf anzuwenden
Tabelle 1: Pharmakotherapie bei chronischem Husten, Arzneistoffe nach Ursache

Der Reflux-Reflex

Bei der Refluxkrankheit oder GERD (Gastroesophageal Reflux Disease) versagt der Verschlussmechanismus zwischen Speiseröhre und Magen. Dadurch können vermehrt Magensaft und Magensäure, aber auch Dünndarmsaft und Gallensäuren in die Speiseröhre fließen. Reflux-Patienten, bei denen die Sensitivität des Hustenreflexes pathologisch gesteigert ist, können einen chronischen Husten entwickeln. Es werden zwei Mechanismen diskutiert, über die die Magensäure den Husten triggern kann. Gemäß der Reflextheorie reizt aufsteigender Magensaft den Vagusnerv in der Speiseröhre, was reflexartig Husten auslöst. Auch eine Mikroaspiration von Magensaft kann Husten auslösen (Aspirationstheorie). Dabei atmen Patienten kleine Mengen davon ein, so dass Säure in die Atemwege gelangt und dort Rezeptoren im oberen Atemwegstrakt und Kehlkopf stimuliert.

Die Zusammenhänge von Reflux und Husten sind noch nicht vollständig erforscht und in der Praxis nicht leicht zu erkennen. »Bei Reflux als Triggerfaktor für den chronischen Husten bemerkt nur etwa die Hälfte der Patienten überhaupt ein Sodbrennen«, erklärt Mülleneisen. Der Arzt kann die Störung mit einer Gastroskopie oder einer 24-Stunden-pH-Metrie diagnostizieren.

»Bei Husten und diagnostiziertem Reflux mit Symptomen wie Sodbrennen sind Protonenpumpenhemmer Mittel der Wahl«, sagt der Facharzt aus Leverkusen. Für eine kurzzeitige Therapie sind Omeprazol und Pantoprazol in der Wirkstärke von 20 mg auch ohne Rezept erhältlich. Bei Reflux-bedingtem Husten kann es aber erforderlich sein, dass der Arzt eine Therapie in doppelter Standarddosierung für zwei bis drei Monate verschreibt. Bei leichteren Beschwerden können H2-Antihistaminika, Alginate und Antazida helfen.

Zusätzlich kann die PTA beraten, wie sich Risikofaktoren für einen Reflux reduzieren lassen. Dazu gehören Maßnahmen wie Übergewicht abzubauen und weniger Nikotin, Kaffee und Alkohol zu konsumieren. Der Genuss von sehr süßen und fettreichen Speisen vor dem Schlafengehen erhöht die Gefahr, dass in der Nacht Magensäure zurückfließt. Nächtlichem Sodbrennen können Patienten auch vorbeugen, indem sie das Kopfende ihres Bettes höherstellen.

COPD und Rauchen

Bei der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) sind die Atemwege dauerhaft entzündet, die Bronchokonstriktion ist hier allerdings anders als beim Asthma irreversibel. Der Husten ist meistens morgens am stärksten ausgeprägt und bringt einen zähen, mitunter bräunlich gefärbten Auswurf hervor. Der Konsum von Tabakprodukten gilt als wichtigster Auslöser einer COPD. Eine Vorstufe ist die durch das Rauchen induzierte chronische Bronchitis ohne Bronchialobstruktion.

Der sogenannte Raucherhusten ist ein Indiz dafür, dass die Selbstreinigungsmechanismen des Respirationstrakts überlastet sind und die Giftstoffe aus dem Zigarettenrauch durch die mukoziliäre Clearance nur noch eingeschränkt aus den Atemwegen entfernt werden können. Beim Husten tritt brauner, zähflüssiger Schleim zutage. Das Sekret wird vor allem nachts gebildet, weshalb morgendliche Hustensalven für viele Betroffene zum Aufstehen dazu gehören. Neben der übermäßigen Schleimproduktion sind Entzündungsreaktionen an der Bronchialschleimhaut Ursache für den Husten. Für viele Raucher ist ihr chronischer Husten allerdings schon so normal geworden, dass sie ihn kaum noch als krankhaft wahrnehmen und nur selten ärztliche Hilfe aufsuchen.

Damit sich das Bronchialsystem erholen kann und der Husten verschwindet, ist ein Rauchstopp unabdingbar. Die PTA kann zu Nikotinersatzpräparaten beraten, die es als Kaugummis, Pflaster, Lutschtabletten und Sprays gibt. Wichtig ist der Hinweis, dass sich der Raucherhusten unmittelbar nach Tabakabstinenz verschlechtern kann, da Zigarettenrauch und E-Zigarettendampf die Hustenrezeptoren weniger empfindlich machen.

Husten der 100 Tage

Langanhaltender Husten kann in Ausnahmefällen auch infektiös bedingt sein. »In China nennen sie den Keuchhusten den Husten der 100 Tage«, erzählt Mülleneisen. Anders als viele denken, sei Keuchhusten (Pertussis) auch keine reine Kinderkrankheit. Da bei vielen Jugendlichen und Erwachsenen der Impfschutz nachlässt, erkranken sie häufiger daran. Bei Erwachsenen kann die Pertussis atypisch verlaufen und sich mit einem hartnäckigen, trockenen und schmerzhaften Husten äußern, der wochenlang anhalten kann und dann langsam von selbst wieder abklingt. Antitussiva können Linderung verschaffen.

»Bei Patienten, die unter einem trockenen Reizhusten leiden, macht auch eine Medikamentenanalyse Sinn«, sagt der Experte. So sei bei verschiedenen Arzneimitteln bekannt, dass sie auch bei Gesunden die Sensitivität des Hustenreflexes steigern können. Am geläufigsten ist dieser Effekt wohl bei den ACE-Hemmern. Sie inhibieren die Kininase II, die auch für die Inaktivierung des Entzündungsmediators Bradykinin verantwortlich ist. Zudem behindern ACE-Hemmer den Abbau von Substanz P und Prostaglandinen in der Bronchialschleimhaut. Unterschiede im Bradykininrezeptor könnten erklären, warum nur manche Menschen unter der Medikation eine erniedrigte Hustenschwelle und einen ACE-Hemmer-Husten entwickeln.

Gruppe Wirkstoffe (Beispiele) Kommentar
ACE-Hemmer Benazapril, Captopril, Enalapril, Lisinopril, Quinapril, Ramipril Hustenreiz infolge eines verminderten Abbaus von Bradykinin und einer erhöhten Verfügbarkeit von Substanz P und Prostaglandinen
Sartane Valsartan, Losartan, Candesartan, Olmesartan, Telmisartan Husten als gelegentliche Nebenwirkung beschrieben
Betablocker Bisoprolol, Carvedilol, Metoprolol, Propranolol, Atenolol, Nebivolol bei Husten als Asthma-Äquivalent, Bronchospasmen
Antiarrhythmika Amiodaron kann eine Alveolitis verursachen, also eine Entzündung in und um die winzigen Lungenbläschen (Alveolen) und kleinsten Atemwege (Bronchiolen)
Chemo- und Immuntherapien Methotrexat, Bleomycin, Mitomycin C, Busulfan, Checkpoint Inhibitoren pulmonale Toxizität unter anderem mit Symptomen wie Husten und Atemnot
Opioide Fentanyl Induktion von Husten nach intravenöser Applikation
Antibiotika Nitrofurantoin kann Lungenreaktionen auslösen, die sich durch Kurzatmigkeit, Atembeschwerden bis hin zur Atemnot, trockenen Husten, Schmerzen im Brustkorb, und Fieber bemerkbar machen können
Inhalationsanästhetika Desfluran, Isofluran, Sevofluran respiratorische Effekte wie Husten möglich
Tabelle 2: Häufige Husten auslösende Medikamente; Quelle: modifiziert nach der S2k-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin

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