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Mit neuer Strategie

Darmkrebsrisiko ließe sich weiter senken

Das aktuelle Vorsorge-Angebot in Deutschland reduziert das Risiko, an Darmkrebs zu erkranken und zu sterben, bereits deutlich. Aus Sicht des Deutschen Krebsforschungszentrums wäre hier jedoch noch mehr möglich – und zwar mit einer neuen Strategie.
Katja Egermeier
23.02.2022  14:00 Uhr

Zurzeit besteht das Vorsorge-Angebot entweder aus immunologischen Testverfahren zum Nachweis von okkulten Blut im Stuhl (iFOBT = Fecal Occult Blood Test), einer Darmspiegelung (Koloskopie) oder einer Kombination der beiden Möglichkeiten. Wer wann welches Angebot als Kassenleistung in Anspruch nehmen kann, ist allerdings recht komplex geregelt:

  • Im Alter von 50 bis 54 Jahren können Männer und Frauen jährlich einen iFOBT auf occulte (nicht sichtbare) Blutspuren im Stuhl durchführen lassen.
  • Ab einem Alter von 55 Jahren besteht der Anspruch auf einen iFOBT nur noch alle zwei Jahre und das auch nur, solange noch keine Früherkennungskoloskopie durchgeführt wurde.
  • Männer haben ab einem Alter von 50 Jahren Anspruch auf zwei Früherkennungskoloskopien im Mindestabstand von zehn Jahren. Wird das Angebot erst ab dem Alter von 65 Jahren wahrgenommen, besteht Anspruch auf eine Früherkennungskoloskopie.
  • Anders ist die Lage bei Frauen: Diese haben erst ab einem Alter von 55 Jahren Anspruch auf zwei Früherkennungskoloskopien im Mindestabstand von zehn Jahren. Wird das Angebot erst ab dem Alter von 65 Jahren wahrgenommen, besteht auch hier nur noch der Anspruch auf eine Früherkennungskoloskopie.
  • Bei auffälligen Stuhltests besteht Anspruch auf eine Abklärungskoloskopie.
    (Quelle: G-BA)

Nun haben die Epidemiologen des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) jedoch herausgefunden, dass eine Änderung dieser Strategie das Darmkrebsrisiko noch deutlich stärker reduzieren könnte, so beispielsweise durch eine dritte Vorsorgekoloskopie ab dem Alter von 70 Jahren bei Männern. Diese könne deren Risiko, an Darmkrebs zu sterben, um weitere 9 Prozent verringern. Ähnlich stark seien die Effekte bei einer Erweiterung des Angebots um zusätzliche Stuhltests in höherem Alter. Für Frauen würde ein alternatives Vorsorgeangebot mit drei Koloskopien alle zehn Jahre bereits ab dem Alter von 50 Jahren deutlich wirksamer vorbeugen als alle aktuell verfügbaren Angebote, so die Forschenden.

Welche Strategie ist am effektivsten?

Bisher sei nicht klar gewesen, welche der aktuell möglichen Vorsorgestrategien das Risiko für Darmkrebs am stärksten senken, so die DKFZ. »Sowohl für Frauen und Männer, die an der Vorsorge interessiert sind, als auch für involvierte Ärzte ist es von großem Interesse zu wissen, welche der Strategien zur Darmkrebsvorsorge über einen längeren Zeitraum die effektivste ist«, erklärt der Epidemiologe Hermann Brenner vom DKFZ.

»Das aktuelle Angebot leistet bereits einen enormen Beitrag zur Krebsprävention und Senkung der Darmkrebsmortalität«, erklärt Thomas Heisser, Forscher am DKFZ und Erstautor der aktuellen Studie. Dennoch zeigten die Ergebnisse, dass noch viel Optimierungspotenzial bestehe – wie das Angebot einer Vorsorgekoloskopie für Frauen schon ab 50 Jahren. »Vor dem Hintergrund des demographischen Wandels wäre es außerdem besonders wichtig, zusätzliche Angebote für ältere Menschen zu schaffen, zum Beispiel auf Grundlage immunologischer Stuhltests.«

Viele der in Deutschland etwa 25.000 jährlichen Darmkrebs-Todesfälle wären aus Sicht Brenners durch die Darmkrebsvorsorge vermeidbar. »Deshalb arbeiten wir daran, die Möglichkeiten der potenziell lebensrettenden Früherkennungsuntersuchungen weiter zu optimieren.«

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