Das Bauchgefühl in der Wissenschaft |
Sympathie oder mulmiges Bauchgefühl? Löst ein neuer Mensch im (Arbeits-)Leben ein warnendes Bauchgefühl aus, so stellt sich dieser erste Eindruck im Nachhinein häufig als richtig heraus. Doch 100 Prozent Verlass in dieser Hinsicht ist auf das Bauchhirn nicht. / Foto: Adobe Stock/WavebreakmediaMicro
Jeden Tag stehen unzählige Entscheidungen an: T-Shirt oder Pullover, Pizza oder Salat, Einkaufen am Morgen oder besser am Abend etcetera. Dazu kommen größere Entscheidungen, bei denen über Grundsätzliches wie einen Umzug oder Jobwechsel entschieden werden muss. Wie Menschen dabei vorgehen, kann ganz unterschiedlich sein. Während die einen eher rational veranlagt sind, Informationen sammeln, Alternativen berücksichtigen, Wahlmöglichkeiten bewerten und unter Berücksichtigung des zu erwartenden Nutzens eine Entscheidung treffen, handeln andere Menschen eher intuitiv »aus dem Bauch« heraus. Welcher Weg dominiert, scheint sehr stabil zu sein und sich im Laufe des Lebens nur wenig zu verändern. Neurowissenschaftler vermuten, dass dies vor allem an der genetisch bestimmten Kapazität des Arbeitsgedächtnisses liegt. Ist es leistungsfähiger, fällt es leichter, rationale Entscheidungen zu treffen.
Vielen rational veranlagten Menschen fällt es schwer, ein Bauchgefühl anzunehmen. Dennoch meldet es sich von Zeit zu Zeit bei jedem zu Wort. Ungefragt präsentiert es Antworten, trifft Entscheidungen, gibt Ahnungen vor oder leitet Reaktionen ein, ohne dass der Betroffene weiß, woher sie kommen. Das Bauchgefühl kann mit Emotionen einhergehen, wie zum Beispiel einem Gefühl der Richtigkeit oder einem unguten Gefühl. Aus psychologischer Sicht entsteht das Bauchgefühl durch das implizite Gedächtnis. Hierbei handelt es sich um einen Teil des Gedächtnisses, der Erlebnisse, Erkenntnisse und Informationen abspeichert. Das implizite Gedächtnis wird in Entscheidungs- und Gefahrensituationen aktiv, indem es Wissen aus ähnlichen Situationen abruft und nach bekannten Mustern sucht. Auf dieser Grundlage trifft es eine Entscheidung, beeinflusst unser Erleben oder Verhalten, ohne dass auch nur einer dieser Prozesse aktiv in unser Bewusstsein tritt. So basiert zum Beispiel das intuitive Wegducken vor einem zum Schlag ausholenden Menschen ebenfalls auf der Entscheidung des impliziten Gedächtnisses. Würde man bewusst darüber nachdenken, würde die Reaktion viel zu lange dauern.