Das lange Leiden nach Covid-19 |
In »ein Volk von Zombies« werden sich die Deutschen eher nicht verwandeln. Dennoch leiden nicht wenige Covid-19-Genesene auch nach einem leichten Verlauf an Langzeifolgen wie Erschöpfung und Atemnot. / Foto: Adobe Stock/contrastwerkstatt
Zu den häufigsten Langzeitfolgen bei den Patientinnen und Patienten in Reha-Einrichtungen der Rentenversicherung zählen demnach Belastungsatemnot, Fatigue, eingeschränkte Belastbarkeit, muskuläre Schwäche, Angststörungen, Depression, chronische Nierenerkrankungen und Brustschmerz. Die zahlenmäßige Bedeutung von Long-Covid sei derzeit aber noch schwer einzuschätzen.
Die Deutsche Rentenversicherung erwartet eine steigende Zahl an Reha-Fällen wegen Post- oder Long-Covid. »Ich gehe davon aus, dass wir in den nächsten Monaten eine deutliche Steigerung sehen werden«, sagte Susanne Weinbrenner vom Geschäftsbereich Prävention der Rentenversicherung vor Journalisten in Berlin.
Beim 15. Kongress für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin legte Dr. Margarethe Konik zwei Hypothesen als mögliche Ursachen für die Langzeitfolgen einer Covid-19-Infektion dar. Demnach könnte es möglich sein, dass das SARS-Coronavirus-2 zum einen im Körper, etwa im Darm, überdauert. Denn Proteine und das Erbgut des Erregers konnten auch Monate nach einer überstandenen Infektion bei einigen Patienten noch im Darm nachgewiesen werden.
Eine weitere Hypothese zur Long-Covid-Entstehung ist, dass immunologische Faktoren wie eine Autoimmunreaktion eine Rolle spielen könnten. SARS-CoV-2 bringt das Immunsystem insgesamt durcheinander, was auch an der hyperinflammatorischen Reaktion bei schweren Verläufen und an dem pädiatrischen inflammatorischen Multiorgan-Syndrom (PIMS), das bei Kindern Wochen nach einer Corona-Infektion auftreten kann, zu sehen ist. Die immunologischen Störungen könnten anhalten, auch wenn der Erreger bereits eliminiert wurde, so die Hypothese. Bewiesen sind beide Hypothesen noch nicht, eventuell gibt es auch verschiedene Erkrankungsbilder mit unterschiedlichen zugrundeliegenden Pathomechanismen.
Auch psychosoziale Aspekte sollten laut Konik berücksichtigt werden. Die Ausnahmesituation des Lockdowns belaste die Patienten ebenso wie Trauer um Bekannte oder Familienangehörige, finanzielle Sorgen, Ängste und mögliche Stigmatisierung aufgrund der Coronavirus-Infektion. Sie zitierte eine Umfrage, nach der die Häufigkeiten von generalisierter Angst, Depression und psychischem Stress im ersten Lockdown ab März 2020 deutlich angestiegen waren und erst danach wieder absanken, wobei sie bei Weitem nicht das Ausgangsniveau der Vorpandemiezeit erreichten. Auch Patienten von Dr. Konik berichteten von Ängsten, Schlaflosigkeit und Stress. »Dies können Folgen von Covid-19 sein, aber auch Nachwirkungen des Lockdowns.«
Coronaviren lösten bereits 2002 eine Pandemie aus: SARS. Ende 2019 ist in der ostchinesischen Millionenstadt Wuhan eine weitere Variante aufgetreten: SARS-CoV-2, der Auslöser der neuen Lungenerkrankung Covid-19. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronaviren.