Das sind die neuen Booster-Impfstoffe |
Verena Schmidt |
08.09.2022 09:00 Uhr |
Für die Auffrischung des Covid-19-Schutzes stehen jetzt neue bivalente Impfstoffe zur Verfügung. / Foto: Getty Images/Ratana21
Die Präparate »Comirnaty® Original/Omicron BA.1« von Biontech/Pfizer und »Spikevax® bivalent Original/Omicron BA.1« von Moderna sind zur Impfung von Personen ab zwölf Jahren zugelassen. Die beiden Impfstoffe sind bivalent: Sie enthalten jeweils mRNA, die für das Spike-Protein des Wildtyps von SARS-CoV-2 und für das Spike-Protein der Omikron-Subvariante BA.1 kodiert. Beide Vakzinen werden ausschließlich zur Boosterung, also zur Auffrischung bereits grundimmunisierter Personen, verwendet. Sie können frühestens drei Monate nach der letzten Impfdosis verabreicht werden. Zur Grundimmunisierung werden weiterhin die nicht angepassten, monovalenten Impfstoffe verwendet.
Mit den angepassten Vakzinen soll laut der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA eine verbreiterte Immunantwort erreicht werden. Trotz der Evolution des Erregers wolle man einen optimalen Schutz vor Covid-19 aufrechterhalten. Die EMA betont allerdings auch, dass die originalen monovalenten Impfstoffe Comirnaty und Spikevax effektiv vor schwerer Erkrankung, Hospitalisierung und Tod aufgrund von Covid-19 schützten.
Im Prüfverfahren der EMA befinden sich weitere neue Corona-Impfstoffe. Diese enthalten neben der mRNA für das Wildtypvirus eine weitere mRNA, die für das Spike-Protein sowohl der BA.4- als auch der BA.5-Variante kodiert. Hierin unterscheiden sich die beiden Virusvarianten nicht voneinander – die Impfstoffe gelten damit auch als bivalent, sie sind nicht trivalent.
In den USA haben zwei entsprechende Weiterentwicklungen von Comirnaty und Spikevax, die sich gegen den Wildtyp und gegen die Omikron-Sublinien BA.4 und BA.5 richten, Ende August eine Notzulassung bekommen. Die neue Spikevax-Vakzine ist dort zugelassen als einmalige Auffrischdosis ab dem Alter von 18 Jahren, der entsprechende Impfstoff von Biontech/Pfizer kann ab zwölf Jahren gegeben werden, beide frühestens zwei Monate nach der letzten Impfung gegen Covid-19. Die Original-Impfstoffe werden in den USA jetzt nicht mehr zur Boosterung verwendet. Die EMA hat mit der Prüfung der Daten zu der BA.4/BA.5-Vakzine vor Kurzem begonnen. Für Europa wird die (reguläre) Zulassung Ende September/Anfang Oktober erwartet.
Wer sollte sich denn überhaupt ein viertes Mal impfen lassen und mit welchem Impfstoff? Das lässt sich gar nicht so einfach beantworten, auch weil viele wichtige Fragen mangels Daten noch nicht geklärt sind. Experten sind sich uneinig, eine offizielle Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO), welche die neuen Impfstoffe einbezieht, liegt aktuell noch nicht vor. Bisher empfiehlt die STIKO den zweiten Booster allen Personen über 60 Jahren und Risikopatienten mit Vorerkrankungen oder besonders hoher Exposition, also beispielsweise Betreuern in Pflegeeinrichtungen.
Auch die Frage, ob man sich schnellstmöglich boostern lassen sollte oder ob es sinnvoll ist, auf die Zulassung des an BA.4/BA.5 angepassten Impfstoffs zu warten, ist nicht ohne Weiteres zu beantworten. Klinische Daten liegen bisher nur für die BA.1-Impfstoffe vor. Die Subvariante BA.1 wurde allerdings inzwischen nahezu komplett von BA.4/BA.5 verdrängt. Klinische Studien deuten darauf hin, dass die Einbeziehung von BA.1-Sequenzen die Neutralisierung von Omikron um etwa das Zweifache verstärkt. Es ist allerdings unklar, wie viel zusätzlichen Schutz vor Erkrankungen dies bringen kann und wie lange dieser Schutz anhält.
In einer gemeinsamen Erklärung von EMA und der europäischen Seuchenschutzbehörde ECDC heißt es, dass mit dem Boostern insbesondere der vulnerablen Bevölkerungsgruppen jetzt nicht mehr gewartet werden sollte. Die zügige Impfung sei wichtiger als die Frage, welcher Impfstoff dafür verwendet wird. Auch die nach wie vor verfügbaren monovalenten Original-Impfstoffe böten weiterhin Schutz vor schwerer Erkrankung und sollten in Erwägung gezogen werden, wenn angepasste Impfstoffe nicht verfügbar seien. Bevorzugt sollen laut EMA und ECDC aber die beiden angepassten bivalenten Vakzinen verimpft werden.
Obwohl die Zulassung eine Booster-Impfung von Personen ab zwölf Jahren erlaubt, sollten laut EMA und ECDC jetzt zunächst vor allem die Risikogruppen mit den neuen Impfstoffen versorgt werden, nämlich Ältere ab 60 Jahren, Immungeschwächte und Schwangere, sowie medizinisches beziehungsweise pflegerisches Personal, das diese Menschen betreut. Das Statement der beiden EU-Behörden hat für die Mitgliedstaaten lediglich beratenden Charakter.
Zeitgleich kam im September nun auch der Covid-19-Impfstoff von Valneva in Deutschland auf den Markt – der erste inaktivierte Ganzvirus-Impfstoff gegen Covid-19. Er läuft unter der Bezeichnung »Covid-19 Vaccine (inactivated, adjuvanted) Valneva«. In den Apotheken sind damit nun neun verschiedene Covid-19-Impfstoffpräparate verfügbar (siehe Kasten). Beim Umgang mit den teilweise gleichnamigen Präparaten ist eine große Sorgfalt nötig, um Verwechslungen vorzubeugen. Nach Informationen der ABDA soll auch der Omikron-BA.1-Impfstoff von Biontech/Pfizer genau wie die herkömmliche fertige Injektionsdispersion eine graue Kappe tragen.
Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) wandte sich im September in einem Rundschreiben an alle Leistungserbringer: »Das Gelingen der Impfkampagne ist maßgeblich von den beteiligten Akteuren abhängig – von der Logistik bis hin zur Impfung der Patientinnen und Patienten.« Das Schließen von Impflücken und die Erhöhung von Impfquoten bei den Auffrischimpfungen sei einer der entscheidenden Faktoren für einen Herbst und Winter mit bestmöglichem Schutz für die Bevölkerung und möglichst wenigen Einschränkungen. Auch Apotheker mit entsprechender Fortbildung können in diesem Jahr Covid-19-Impfungen für alle ab zwölf Jahren anbieten.
(Stand: September 2022)
Coronaviren lösten bereits 2002 eine Pandemie aus: SARS. Ende 2019 ist in der ostchinesischen Millionenstadt Wuhan eine weitere Variante aufgetreten: SARS-CoV-2, der Auslöser der neuen Lungenerkrankung Covid-19. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronaviren.