Dem Ende den Schrecken nehmen |
Denn zwischen Stammkunden und pharmazeutischem Personal entwickelt sich über die Zeit ein Vertrauensverhältnis, sodass – nicht zuletzt durch den niedrigschwelligen Zugang – Themen zur Sprache kommen können, die beim Arzt vor Aufregung vergessen werden oder als nicht der Rede wert erscheinen.
Verständlicherweise sind Krankheit, Tod und Sterben Themen, bei denen passende Worte mitunter schwerfallen. Niemand möchte etwas Falsches sagen. PTA Büsel erinnert: »Doch eigentlich gehen wir in der Apotheke mit Angehörigen und Patienten gleich um, egal ob nun Palliativpatient oder normaler Kranker.« Sie ermuntert, keine falsche Scham vor solchen Gesprächen zu haben. »Man ist ja bei jedem Patienten einfühlend und versucht das Medikament sowie die Einnahme zu erklären und auf mögliche Symptome hinzuweisen.«
Dennoch gibt es einige grundlegende Aspekte für die Kommunikation mit dieser Personengruppe. Der wichtigste vorab: Die Beratung und Unterstützung von Patient und Angehörigem gelingt nur mit patientenzentrierter Kommunikation. Im Fokus stehen dabei die aktuellen Beschwerden, Bedürfnisse sowie etwaige Probleme. Je nach verordnetem Medikament bietet sich eine Frage nach Symptomen oder der Verträglichkeit an. »Wir fragen zum Beispiel: Wie ist es mit den Schmerzen?«, erzählt sie von ihrem Alltag. Wenn der Patient sage, es sei gut, dann passe es.
Betreten Angehörige erstmals nach dem Tod ihre Stammapotheke, dürfen Mitarbeiter sie ihrer Meinung nach ruhig ansprechen und ihr Beileid aussprechen. / Foto: Getty Images/Yuri Arcurs
Vielleicht hat der Patient auch Fragen zur Anwendung oder fürchtet Nebenwirkungen? Je klarer körperliche und emotionale Probleme wahrgenommen und geäußert werden, desto besser lassen sie sich behandeln oder eine Lösung finden. Der Patient empfindet im besten Fall Selbstwirksamkeit, fühlt sich ernst genommen und gesehen. Aktives Zuhören, also Nachfragen, ob man alles richtig verstanden hat, unterstützt das Gespräch.
Dabei bilden Aufrichtigkeit, Empathie und Ehrlichkeit die Basis. Letzteres bedeutet jedoch nicht, dass mehr Details genannt werden müssen, als der Patient hören möchte. Auch falsche Hoffnung nutzt dem Patienten nichts, sondern wirkt unangemessen und verspielt Vertrauen. Bricht ein Patient in der Apotheke in Tränen aus, dürfe man also keinesfalls reflexartig Floskeln wie »alles wird wieder gut« anbringen. »Stattdessen darf man durchaus einmal nichts sagen und einfach da sein«, so Rémi. Und wenn dabei die Offizin voller Kunden ist? »Für mich würde dann passen zu sagen: Wollen Sie sich kurz nebenan in den Beratungsraum setzen und ich komme gleich zu Ihnen, wenn es etwas leerer ist? Oder wir tauschen uns in den nächsten Tagen aus, wenn wir ein bisschen Zeit haben?«
Betreten Angehörige erstmals nach dem Tod ihre Stammapotheke, dürfen Mitarbeiter sie ihrer Meinung nach ruhig ansprechen und ihr Beileid aussprechen. Schließlich sei der Verlust ohnehin präsent. »Auch wenn unser Fokus klar auf dem Körper liegt, gehört zu unserem Berufsalltag viel mehr als nur das Körperliche«, erinnert die Apothekerin.