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Tipps für Jogger

»Den einen richtigen Laufstil gibt es nicht«

Mit dem Frühling startet die Laufsaison. Viele schnüren sich zum ersten Mal oder seit langer Zeit wieder die Joggingtreter. Mit der Frage, was das Leben von Läuferinnen und Läufern verbessert, hat sich nun Uwe Kersting, Professor an der Deutschen Sporthochschule in Köln, in seiner Forschungsarbeit intensiv beschäftigt.
dpa
03.03.2022  15:00 Uhr

Zunächst die ernüchternde Erkenntnis: Wenn es Probleme gibt, lässt sich das – zumindest rein wissenschaftlich betrachtet – oft nicht auf eine einzige Ursache reduzieren. »Natürlich kann es sein, dass ein neuer Schuh die nötige Änderung zur Besserung bringt«, sagt Kersting. Aber auch wenn manche Hersteller ihre Schuhe ganz klar auf bestimmte Läufertypen anpassen: Eine Garantie für Besserung ist das nicht.

Kein Richtig oder Falsch beim Laufstil

Gleiches gilt für den Laufstil. Es gibt die Fachleute, die den Laufstil analysieren und Vorschläge geben können, wie es besser laufen könnte. »Aber ob das zum Beispiel eine Überlastung verhindert, das ist eine andere Frage«, sagt Kersting. Den einen »richtigen« Laufstil gebe es jedenfalls nicht.

Das bestätigt auch Urs Weber von der Fachzeitschrift »Runners World«. Es gebe kein Ideal, das man anstreben sollte, kein Richtig oder Falsch. Der Laufstil kann aber Einfluss auf die Schuhauswahl haben, so Weber. So bräuchten etwa Fersenläufer – das seien die meisten Menschen – »aus der Erfahrung heraus« gut gedämpfte Schuhe. Fersenläufer setzen mit der Ferse zuerst auf und rollen mit dem ganzen Fuß ab. Es gibt noch zwei weitere Lauftypen: Jene, die mit dem Mittelfuß zuerst aufsetzen, und die Vorfußläufer. Sie setzen nur den Ballen auf und stoßen den Fuß gleich wieder ab – wie man es beim Sprint macht.

»Jeder läuft halt so, wie es ihm angeboren wurde.«
Urs Weber von der Fachzeitschrift »Runners World

Webers Rat für Laufanfänger auf Schuhsuche ist der Besuch eines Fachgeschäftes. Die Beratung dort macht es wahrscheinlicher, den passenden Schuh zu finden.

Patentlösungen gibt es nicht, Tipps schon

Doch so schön die Vorstellung auch ist: Die eine Patentlösung für das perfekte Laufen gibt es nicht. Zugleich ist das auch tröstlich. Wenn man mit seinem Stil zurechtkommt, passt das – man muss nicht auf Krampf etwas daran ändern. Dennoch gibt es ein paar allgemeingültige Tipps, damit es rund läuft. Laut Wissenschaftler Uwe Kersting sind vor allem zwei Dinge wichtig:

1) Das Pensum langsam steigern. »Wir wissen aus unseren Studien, dass starke Änderungen des Trainingsumfangs oft von Belastungserscheinungen begleitet werden«, sagt er. Gerade Laufanfänger sollten es nicht übertreiben. Besonders die Bänder und Sehnen benötigen einige Zeit, um sich anzupassen, während sich die Muskeln in Beinen und Füßen vergleichsweise schnell kräftigen.

2) Probieren und immer in sich hineinhorchen. Wenn sich das Laufen nicht gut anfühlt oder ständig etwas wehtut, sollte man lieber etwas ändern. Es muss nicht gleich ein Schuhwechsel sein, auch wenn das ein möglicher (wenn auch kostspieliger) Ansatz ist. Vielleicht lohnt in solch einem Fall tatsächlich ein genauer Blick auf den Laufstil.

Hilft es beispielsweise, größere Schritte zu machen - oder kleinere? Oder man reduziert die Dauer seiner Läufe vorerst wieder, um die Belastung zu senken. Eine weitere Möglichkeit: Man lässt das Laufen für eine gewisse Zeit ganz sein und macht stattdessen andere Ausdauersportarten wie Radfahren oder Inlineskaten.

Den restlichen Körper nicht vergessen

Sinnvoll ist es darüber hinaus, nicht nur die Beine im Blick zu haben. Kräftige Rumpfmuskeln sorgen dafür, dass der Oberkörper die permanenten kleinen Stoßbelastungen während einer Joggingrunde besser kompensiert. Ist der Rumpf schwach, kann der Rücken nach dem Laufen sonst womöglich schmerzen.

Ein weiterer Einflussfaktor ist die Laufstrecke. Während Asphalt kaum federt und deshalb die Kniegelenke belasten kann, verknackst man sich auf Waldpfaden bei einem unglücklichen Tritt auf eine Wurzel schnell mal den Fuß. »Perfekt wäre ein Feldweg, der eine gute Federung bietet, aber nicht zu viele Hindernisse bereithält«, sagt der Orthopäde und Sportmediziner Prof. Sven Ostermeier von der Gelenk-Klinik Gundelfingen in Baden-Württemberg.

Knieschmerzen nach dem Joggen seien zunächst kein Grund zur Sorge, führt Ostermeier aus. Vor allem nach längerer Sportpause kämen sie häufig vor und seien völlig normal, so der Mediziner. Die Beschwerden sollten aber nach dem Lauf über Nacht nachlassen. Dauern sie länger als drei Tage an, sei das ein Warnzeichen – möglicherweise für eine Entzündung. Das sollte man abklären lassen.

Auch geringes Pensum hat Effekte

Auch Ostermeier rät Laufanfängern mit Blick auf die notwendige Anpassung in Gelenken, Bändern und Sehnen, die Belastung zunächst gering zu halten. Mehr als drei Mal die Woche sollten sie aus seiner Sicht nicht joggen, und den Umfang ihrer Laufrunden sollten sie nur langsam steigern. Dabei kann man sich vor Augen führen: Auch ein kleines Pensum bringt etwas. Schon mehrmals die Woche 10 bis 15 Minuten zu laufen, habe positive gesundheitliche Effekte.

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