Depression, die unterschätzte Krankheit |
Frauen erkranken deutlich häufiger an Depressionen als Männer. Erst im Alter gleichen sich die Zahlen an. / Foto: Fotolia/Rynio Productions
Frauen erkranken häufiger an einer Depression als Männer: In jüngeren Jahren sind sie etwa doppelt- bis dreifach so oft betroffen wie das andere Geschlecht. Im Alter über 70 Jahren pendelt sich dann wieder ein Erkrankungsgleichgewicht zwischen den Geschlechtern ein. Bei Frauen spielen hormonelle Faktoren eine wichtige Rolle, zum Beispiel nach einer Schwangerschaft oder in den Wechseljahren.
Sexualhormone beeinflussen das Geschehen im Zentralen Nervensystem stark und damit auch Psyche und Verhalten. Steigt die Konzentration ovarieller Hormone an oder fällt sie ab, können sich Leistungsfähigkeit und Lebensqualität deutlich verändern. Frauen nehmen leichter Hilfe an als Männer, die die Anzeichen einer Depression eher als somatische Beschwerden interpretieren. Sie suchen den Arzt dann wegen Schlaflosigkeit, Rücken- oder Brustschmerzen auf – und erst während einer genauen Anamnese kommen die psychischen Probleme zur Sprache.
Der Zeitpunkt der Ersterkrankung liegt bei mehr als der Hälfte der depressiven Patienten vor dem 32. Lebensjahr. Mit der Erkrankung werden sogenannte Life events in Zusammenhang gebracht, die Mit-Auslöser sein können. Dazu gehören zum Beispiel der Eintritt ins Berufsleben, erste Beziehungen und Trennungen, Familiengründung und Verlust des Arbeitsplatzes.
Bei Menschen, die im Alter erkranken, gibt es andere Trigger, zum Beispiel Tod des Partners, Umzug in ein Altenheim, Krankheit, finanzielle Not und Einsamkeit. Nicht zu vergessen sind chronische Erkrankungen und Medikamente als Auslöser einer depressiven Verstimmung. Bei der Anamnese fragt der Arzt deshalb Komorbiditäten und Arzneimittel ab.
Die unipolare Depression tritt häufig auch als Sekundärerkrankung chronischer Krankheiten auf, so zum Beispiel bei Patienten mit COPD, Alzheimer Demenz, Morbus Parkinson, Krebserkrankungen, Diabetes und im Kontext einer koronaren Herzkrankheit oder nach Schlaganfall.
Eine amerikanische Studie wertete das Nutzungsmuster von Arzneimitteln bei mehr als 26.000 US-Bürgern zwischen 2005 und 2014 aus. Dabei wurde der Schluss gezogen, dass mehr als 200 der häufig verordneten Arzneimittel, zum Beispiel hormonelle Verhütungsmittel, Blutdruckmittel, Protonenpumpenhemmer, Antazida und Schmerzmittel in Verdacht stehen, Depressionen zu begünstigen. Außerdem kommen häufig mehrere dieser Arzneimittel kombiniert zum Einsatz.