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Mund-Entzündungen

Die beste Lösung finden

Ist die Mundschleimhaut entzündet, durch onkologische Therapien stark in Mitleidenschaft gezogen oder anderweitig erkrankt, so greift der Mediziner gerne auf Rezeptur-Arzneimittel zurück. Denn durch Wirkstoff-Kombinationen ist das jeweilige Therapieziel oft erreichbar. Doch welche Komposition ist therapeutisch sinnvoll und auch galenisch stabil?
Ingrid Ewering
27.05.2019  12:30 Uhr

Eine Gingivitis ist eine bakteriell verursachte Entzündung des Zahnfleisches oder der gesamten Mundhöhle. Angezeigt sind dann entsprechend wirksame Antibiotika. Bei einer Stomatitis handelt es sich dagegen um eine schmerzhafte Entzündung der Mundschleimhaut ohne Bakterien- oder Pilzbefall. Gerade Krebspatienten leiden darunter, denn die Chemo- oder Strahlentherapie zerstört nicht nur die Krebszellen, sondern auch das Wechselgewebe der Mundhöhle.

Die Schmerzen lassen sich durch häufige Anwendung von Lokalanästhetika wie Lidocain, Tetracain oder Benzocain lindern. Versuchsweise wird auch lokal Morphin eingesetzt. Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass die systemische Anwendung als transdermales therapeutisches System die Schmerzen besser reduzieren kann.

Entzündungen werden wahlweise mit frisch abgekochtem Kamillen- oder Salbeitee in Schach gehalten. Achtung, es ist unbedingt arzneibuchkonforme Ware einzusetzen! Auch der lokale Einsatz von Glucocorticoiden kann sinnvoll sein. Vorbeugend wirken Schleimhautantiseptika wie Polyvidon-Jod oder Chlorhexidinsalze. Tannin als gerbende Substanz dichtet ab und hemmt die Entzündung. Durch die Eiweißfällung wirkt es auch leicht antimikrobiell. Dexpanthenol regeneriert die Schleimhäute, Nystatin wirkt gegen Soorbefall.

Überraschend ist die mukosale Anwendung des gegen Gicht wirksamen Allopurinol. Tierexperimente zeigten beeindruckende Ergebnisse, so dass eine versuchsweise Anwendung dieser Substanz möglich ist. Zwei Rahmenrezepturen sind im NRF-Rezepturhinweis »Allopurinol zur Anwendung in der Mundhöhle« veröffentlicht. Diese sind nicht wie die im NRF veröffentlichten Rezepturen praktisch auf Stabilität geprüft, sondern lediglich über Literaturdaten. Bereits zu Beginn der Chemotherapie sollten diese Spezialrezepturen verabreicht werden.

Mucositis durch Strahlentherapie

Wird ein an Krebs erkrankter Mensch mit Strahlen behandelt, so sollten Antibiotika und Antimykotika nicht vorbeugend angewendet werden. Auch die Behandlung mit dem Klassiker »Chlorhexidindigluconat-Mundspüllösung 0,1 % / 0,2 %« (NRF 7.2.) ist nicht ratsam. So zu finden im NRF-Rezepturhinweis »Mundspülungen«. Das Anwendungsverbot gilt aufgrund der desquamativen Nebenwirkung. Desquamativ bedeutet, dass Epithelzellen abgestoßen werden.

Das Polihexanid-Mundwasser 0,12 % (NRF 7.2.) stellt leider keine sinnvolle Alternative für Krebspatienten dar. Hier limitiert der Ethanolgehalt der standardisierten Rezeptur deren Einsatz: Der Alkohol brennt auf den ohnehin schon geschundenen Schleimhäuten. Betroffene sollten auch nicht mit Kamillentee spülen, weil es die Schleimhäute austrocknet.

Das Magentherapeutikum Sucralfat (Ulocgant®) soll laut S3-Leitlinie »Supportive Therapie bei onkologischen Patienten« nicht zur Prophylaxe einer oralen Mucositis bei Chemotherapie eingesetzt werden. Das theoretische Funktionsprinzip leitet sich aus der Wirkweise der Substanz ab: Das Magenmittel bildet in saurer Umgebung eine geleeartige Konsistenz, und über diesen Schutzfilm würde die Schleimhaut des Mundes geschützt. Die Dosierung variiert in den Studien zwischen 1 bis 2 g, was 15 bis 30 ml entspricht.

Die Ergebnisse der Studien rechtfertigen eine Empfehlung gegen die Anwendung von Sucralfat. Warum es nicht wirkt, lässt sich mit dem pH-Wert in der Mundhöhle erklären. Er variiert zwischen 6,2 und 7,4. Bei diesen neutralen Werten bildet sich kaum ein Schutzfilm aus. Für Honig, Capsaicin und Benzocain in Mischlösungen spricht die Studienlage weder eindeutig für noch eindeutig gegen den Einsatz. Das reicht nicht, um sie zu empfehlen.

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