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Die geheimen Stress-Signale

Manchmal ist es höchste Zeit, den Entspannungsmodus einzuschalten. Wenn der Stresspegel dauerhaft zu hoch ist, macht der Körper mit verschiedenen Signalen darauf aufmerksam, dass es ihm zu viel ist. Diese gilt es, wahrzunehmen und darauf zu reagieren. Hier ein paar Tipps, um gelassener und lockerer durch den Tag zu kommen.
Nariman Nikbakht
19.03.2020  09:00 Uhr

Sobald der Wecker klingelt, geht der Stress schon los: Der Tag wartet mit einer riesigen Ansammlung von Aufgaben. Sie fahren schon erschöpft zur Arbeit, die Kollegin ist krank, der Chef wartet auf frische Ideen – und Sie? Quälen sich durch fünf Meetings und zählen die Tage bis zum nächsten Urlaub – und selbst diese Erholung ist oft nach wenigen Tagen wieder verpufft. Kurz: Die Energiebilanz stimmt nicht mehr.

Wer ständig über seine Kräfte hinausgeht, riskiert, ernsthaft und chronisch krank zu werden. Das Gefühl von Erschöpfung ist ein Signal des Körpers, das jeder ernst nehmen sollte. Die Botschaft: Halt, erst Kraft tanken! Je nach Alter, Kondition und Typ regeneriert sich jeder Mensch unterschiedlich schnell. Doch für alle sind ausreichend Schlaf, Bewegung an der frischen Luft, Ruhe und Lachen förderlich, um Stress abzubauen und Energie zu tanken.

Die meisten möchten sich bei Erschöpfung schonen und sich am liebsten nach der Arbeit auf die Couch vor den Fernseher legen. Doch zu bedenken ist: Erschöpfung ist oft gar nicht Ausdruck einer körperlichen Überarbeitung, sondern einer emotionalen Überbeanspruchung. Die richtige Antwort besteht darin, den Emotionen (von lat. motio = Bewegung, Erregung) Ausdruck zu verleihen, sich also zu bewegen. Das mögliche Gegenargument, dass man bei noch mehr Aktivität gar nicht mehr zur Ruhe komme, greift nicht. Denn bei Stress schüttet der Körper vermehrt Stresshormone aus, die es möglichst abzubauen gilt, um den Organismus nicht unter Dauer-Alarmbereitschaft zu stellen.

Erschöpfung lässt sich gut durch körperliche Aktivität angehen. Joggen, Walken oder Schwimmen, aber auch Yoga eignen sich gut, um Stress abzubauen. Das hört sich paradox an. Wer es ausprobiert, wird aber sehen, dass man sich besser fühlt.

Heißhunger-Attacken

Neben einem Gefühl der Erschöpfung gibt es weitere Körper-Signale, mit denen der Körper um Hilfe bittet. Das trifft etwa zu, wenn er sich mit Heißhunger-Attacken meldet.

Dazu Anja Stollberg (46) medizinische Fachangestellte aus Bayreuth: »Noch vor ein paar Jahren wog ich 86 Kilo und passte nur noch in Kleidergröße 44. Da war ich gerade vom Mittagessen aufgestanden – es gab sogar Rinderbraten mit Kartoffeln – und schon 30 Minuten später geisterten mir wieder Gedanken im Kopf, was noch so schmecken könnte. Süßes aus der Naschkiste? Ein kleines Stückchen vom Bäcker?« Gefühlte 177 Diäten hat sie ausprobiert. Stets nahm sie ein paar Kilo ab, um bald darauf meist noch mehr wieder zuzunehmen. Schuld waren die ständigen Heißhunger-Attacken. Auf diese Weise nahm sie über die Jahre 20 Kilogramm zu. Das hinter diesem Phänomen Stress steckt, wusste Anja nicht.

Stress führt auch dazu, dass die Serotoninspiegel des Organismus im Keller sind. Serotonin wird auch als Glückshormon bezeichnet, weil es für die Stimmung mitverantwortlich ist.  Über die Ernährung besteht die Möglichkeit, den Serotoninspiegel zu beeinflussen. Wichtig ist dabei die Aminosäure Tryptophan, die bevorzugt in Nüssen und Fisch vorkommt. Aber auch Vitamin B6, Vitamin D und Omega-3-Fettsäuren helfen beim Aufbau. Hier gilt es also, sich gesund zu ernähren und nicht jeder Heißhunger-Attacke mit Chips und Naschkram zu begegnen. 

Auch ein anderes Glückshormon, das Dopamin, schüttet der Körper verstärkt aus, sobald wir Zuckerhaltiges essen. Sinkt hingegen der Dopamin-Spiegel, verlangt der Körper automatisch nach mehr Zucker. Der Blutzuckerspiegel steigt, wenn wir diesbezüglich für Nachschub sorgen. Um diesen wieder zu senken, schüttet der Körper reichlich Insulin aus. Schon setzt sich ein Kreislauf in Gang – denn durch die Insulin-Ausschüttung bekommen wir wieder Hunger. Dann greifen wir erneut nach Weingummi, Schicht-Nougat und Co.

Eiweiß sättigt

Ein Baustein aus dem Dilemma könnte eine Eiweiß-bewusste Ernährung sein. Eiweiß ist nachweislich der am besten sättigende Nährstoff und hilft dabei, den Blutzuckerspiegel nur langsam ansteigen zu lassen. Und gerade nach dem Sport, wenn die Muskeln dem Stoffwechsel signalisieren, ausgepowert zu sein und nach Masse und Energie zu lechzen, ist dieser Baustein wichtig für den Muskelaufbau. Der ideale Snack für zwischendurch beschäftigt nicht nur die Kauwerkzeuge im Mund, sondern überbrückt auch Konzentrationstiefs und beruhigt die Nerven. Ideal sind Hülsenfrüchte, Fleisch, Fisch, Eier und Milchprodukte (wie Joghurt mit Walnüssen, grüne Oliven, Hüttenkäse mit Tomaten, Putenbrust-Scheiben mit etwas Magerquark und Salat).

Des Weiteren hilft: trinken, trinken, trinken – also möglichst jede Stunde zum Glas Wasser oder Tee zu greifen. Das füllt den Magen und man läuft nicht Gefahr, Durst mit Hunger zu verwechseln. Gut zu wissen: In der Regel dauern Heißhunger-Attacken gerade mal eine Viertelstunde. Deshalb ist Ablenkung ebenfalls eine gute Strategie, um Naschgelüsten vorzubeugen. Das muss nicht unbedingt Sport sein, ein Spaziergang tut es auch. Oder: ein Kapitel in einem Thriller zu lesen oder mit der Freundin zu telefonieren.

Auch Anja Stollberg setzt auf die Ablenkungs-Strategie. »Ich schalte dann einfach den Fernseher ein und tanze für zehn Minuten zu Musikvideos mit.« Sobald der Wecker klingelt, radelt sie vor dem Aufstehen erstmal ein paar Minuten in der Luft. »Mein Auto lasse ich immer häufiger stehen und erledige Einkäufe mit dem Fahrrad – selbst wenn ich dafür zweimal fahren muss.« Auf diese Weise nahm die 46-Jährige 20 Kilo ab und kommt gut gelaunter und entspannter durch den Tag.

Zuckende Augenlider

Ein weiteres dezentes Zeichen, das der Körper sendet, ist Augenlidzucken. »Für andere mag so etwas kaum sichtbar sein, für mich ist aber dieses unkontrollierte Zucken der Augenlider schon nervig«, weiß Friseurmeisterin Antje Riecken aus Lübeck (60). »Und je mehr ich mich darauf konzentriere, desto stärker nehme ich es wahr.« Auch hinter diesem Symptom verbirgt sich oft Dauerstress.

Tipp: Halten Sie zunächst mit einem Lid-Stretching dagegen. Dazu ziehen Sie mit dem quer gehaltenen Zeigefinger das geschlossene Lid nach außen. Dadurch dehnt sich die Muskulatur und der Krampf kann sich lösen.

Tritt das Zucken mehrmals am Tag auf, könnte das auf einen relativen Magnesiummangel hinweisen. Magnesium gilt als nervenstärkend und entspannt die Muskulatur. Laut den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung braucht jeder Erwachsene täglich zwischen 300 und 400 mg Magnesium.

Auch wiederkehrende Erkältungen und Entzündungen sind mögliche Stress-Signale des Körpers und deuten auf Überlastung hin. Stress wirkt sich negativ auf die Leistungsfähigkeit des körpereigenen Immunsystems aus und öffnet Viren, Bakterien und Co. quasi Tür und Tor. Studien zeigen immer wieder eine signifikant höhere Anfälligkeit stressgeplagter Teilnehmer im Vergleich zu entspannten Zeitgenossen.

Möglicherweise kann die Einnahme von Zink-Tabletten helfen, einen aufkeimenden Infekt noch abzuwenden. Dazu muss Zink innerhalb der ersten 24 Stunden nach Auftreten von Erkältungssymptomen eingenommen werden. Schon das kann die Krankheitsdauer um die Hälfte verkürzen und dafür sorgen, dass sich Schnupfen, Halsschmerz und Husten mindern. Das ergab eine Auswertung mehrerer Studien des renommierten Cochrane-Instituts, einem internationalen Netzwerk aus unabhängigen Forschern und Ärzten.

Ein anderes Ventil, über das sich Körper und Seele mitteilt, ist die Bauchregion. Vielen Menschen schlägt Stress, Zeitdruck oder Aufregung auf den Magen und sie reagieren mit Völlegefühl, Magendrücken, Blähungen, Übelkeit und Magengrummeln. Mit verantwortlich dafür ist hastiges, unregelmäßige Essen, weil der Terminplan zu eng getaktet ist.

Reizmagen und -darm verlangen nach Aufmerksamkeit und mehr Zeit für die Nahrungsaufnahme. Deshalb früher aufstehen und sich Zeit beim Frühstücken lassen. Öfter kleine Mahlzeiten essen, dafür aber bewusst und nicht nebenher. Und alles individuell Reizende und Blähende meiden: scharfe Speisen, Bohnen, Kohl, Linsen, Alkohol oder Kaffee. Sind die Beschwerden schon da, hilft Wärme in Form von Wärmflasche oder einer Auszeit in der Badewanne.

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