Die Grenzen kennen |
Ob ein Fiebersenker zum Einsatz kommt, kann vom Befinden des Erkrankten abhängig gemacht werden, sofern die Temperatur unter 40 °C liegt. / Foto: Shutterstock/sebra
Medikamente gegen Schmerzen und Fieber gehören zu den umsatzstärksten Arzneimitteln im OTC-Bereich. Auch bei den verordneten Medikamenten für Kinder stehen sie weit vorne. Zur Fiebersenkung werden vor allem Ibuprofen, Acetylsalicylsäure (ASS), Paracetamol sowie das verschreibungspflichtige Metamizol eingesetzt. Die Wirkungsweise der Arzneistoffe beruht auf der Hemmung der Prostaglandin-Synthese. Prostaglandine sind wesentlich an der Entstehung von Schmerz und Fieber beteiligt und bewirken unter anderem im Hypothalamus eine Erhöhung der Körpertemperatur.
Nichtsteroidale Antirheumatika wie ASS und Ibuprofen blockieren nicht selektiv die für die Prostaglandin-Synthese notwendigen Cyclooxigenasen (COX). Die Mechanismen, über die Paracetamol seine Wirkung entfaltet, sind noch nicht abschließend geklärt. Ein Großteil der Wirkung kommt durch Effekte im Gehirn und Rückenmark zustande. Paracetamol blockiert hier vor allem das Isoenzym COX-2. Damit erklären Wissenschaftler die fiebersenkende Wirkung. Ferner scheint der Arzneistoff den Effekt körpereigener Fieber-erzeugender Substanzen, sogenannter Pyrogene, zu hemmen. Auf die peripheren COX hat Paracetamol dagegen kaum einen Einfluss. Auch der Wirkungsmechanismus von Metamizol ist noch nicht vollständig aufgeklärt. Offenbar haben Metamizol sowie sein Hauptmetabolit 4-N-Methylaminoantipyrin sowohl einen zentralen als auch einen peripheren Wirkungsmechanismus. Die antipyretische Wirkung soll auf einer Beeinflussung des hypothalamischen Wärmezentrums beruhen.
Führt Fieber zur Verweigerung der Flüssigkeitsaufnahme, können Eltern ihren Kindern statt Saft Zäpfchen verabreichen. / Foto: Fotolia/S.Kobold
Bei Kindern und Jugendlichen werden vor allem Paracetamol und Ibuprofen zur Fiebersenkung eingesetzt. Acetylsalicylsäure sollte nicht angewendet werden, denn es kann in dieser Altersgruppe bei Vorliegen eines viralen Infektes das Reye-Syndrom auslösen. Dies ist eine gefährliche Hirnerkrankung.
Paracetamol ist für die Selbstmedikation bei Fieber und Schmerzen ohne Altersbeschränkung zugelassen. Es ist sehr gut verträglich und gilt in der empfohlenen therapeutischen Dosierung als sicheres Medikament.
In sehr hohen Dosen beziehungsweise bei vorgeschädigter Leber kann Paracetamol allerdings zu schweren Leberschädigungen führen. Die Dosierung richtet sich bei Kindern nach Alter und Körpergewicht. Bei Erwachsenen beträgt sie drei- bis viermal täglich 500 bis 1000 Milligramm Paracetamol (maximal 4000 mg pro 24 Stunden). Das Dosierungsintervall sollte sechs Stunden nicht unterschreiten.
Ebenso effektiv und verträglich wie Paracetamol ist Ibuprofen. Die Einzeldosis Ibuprofen liegt für Erwachsene in der Selbstmedikation bei 200 bis 400 Milligramm, die Tageshöchstdosis bei 1200 Milligramm. Die antipyretische Wirkung von Ibuprofen setzt innerhalb einer Stunde ein und erreicht nach drei bis vier Stunden ein Maximum. Ibuprofen ist erst ab einem Alter von sechs Monaten zugelassen. Einer Studie zufolge senkt Ibuprofen Fieber bei Kindern schneller als Paracetamol. Als unerwünschte Wirkung kann Ibuprofen in sehr seltenen Fällen die Nieren schädigen. Das Risiko ist bei vorbestehender Nierenerkrankung und bei gleichzeitig bestehender Dehydratation erhöht. Deswegen ist es umso wichtiger, bei fieberhaften Infekten auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr zu achten.
Die genannten Antipyretika wirken rein symptomatisch. Das heißt, sie senken zwar die Körpertemperatur, bekämpfen jedoch nicht die Ursache des Fiebers. Meist handelt es sich um einen akuten harmlosen Infekt, den das Immunsystem allein nach einigen Tagen besiegt hat. Gelegentlich aber steckt eine ernst zu nehmende oder sogar bedrohliche Erkrankung hinter dem Warnsymptom Fieber, etwa eine Infektion der Lunge, der Gehirnhaut oder der Niere. Wenn Symptome wie Blässe, Trinkschwäche, Hautausschlag, wiederholtes Erbrechen, Durchfall, Nackensteifigkeit, Bewusstseinsstörungen, Verwirrtheit oder Atemnot auftreten, sollte unverzüglich ein Arzt gerufen werden. Es ist dringend erforderlich, die Krankheitsursache zu suchen und gezielt zum Beispiel mit einem Antibiotikum, Virustatikum oder anderen Wirkstoffen zu behandeln.
Auch in weniger dramatischen Fällen hat die Selbstmedikation Grenzen. Wenn sich Erwachsene beispielsweise nach drei Tagen immer noch krank fühlen, sollten sie einen Arzt aufsuchen. Das gilt vor allem, wenn sich das Fieber nicht senken lässt oder weiter ansteigt. Bei Kindern, insbesondere bei den allerkleinsten, ist die Grenze der Selbstmedikation schon früher erreicht. Eltern sollten mit ihrem Kind unbedingt einen Kinderarzt aufsuchen, wenn das Fieber trotz Fiebermedikament nicht sinkt oder das Kind trotz wirksamer fiebersenkender Maßnahmen deutlich beeinträchtigt ist. Neugeborene und Säuglinge haben ein höheres Risiko für schwere Infektionen. Daher sollten Eltern nicht zögern, sondern immer direkt einen Kinderarzt konsultieren, wenn ihnen der Gesundheitszustand des Kindes ungewöhnlich vorkommt.
Wenn das Fieber trotz Behandlung nicht sinkt, verordnen manche Ärzte die abwechselnde Gabe von Ibuprofen und Paracetamol oder geben beide Arzneistoffe zusammen, um eine höhere Wirkung zu erzielen. Andere Fachleute sehen dies kritisch, weil sie das Risiko für Therapiefehler und mögliche Neben- und Wechselwirkungen für zu groß erachten. Die Studienlage dazu ist bislang nicht überzeugend; eine Evidenz für einen Vorteil der alternierenden Therapie beziehungsweise einer Kombinationstherapie ist nicht belegt.
Sinkt hohes Fieber bei Kindern trotz Fiebersenker nicht oder hält es länger als einen Tag an, sollten Eltern mit ihrem Kind den Arzt aufsuchen. / Foto: Shutterstock/Olesia Bilkei
Neben Babys und Kindern gibt es weitere Patienten, bei denen die Grenze der Selbstmedikation schnell erreicht ist beziehungsweise, die gar nicht erst damit anfangen sollten. Krebspatienten zum Beispiel sollten immer direkt Rücksprache mit dem behandelnden Onkologen halten, wenn plötzlich Fieber auftritt. Ihre Immunabwehr ist meist stark eingeschränkt, so dass Fieber auf eine beginnende ernsthafte Infektion hinweisen könnte.
Auch bei gebrechlichen älteren Menschen ist Vorsicht geboten. Allerdings steigt die Körpertemperatur im höheren Lebensalter meist nur geringfügig. Hier sind es Veränderungen des mentalen Status oder Einschränkungen in alltäglichen Dingen, die zusammen mit der erhöhten Temperatur auf eine beginnende Erkrankung hinweisen. Des Weiteren sollten PTA und Apotheker Rückkehrer von Auslandsaufenthalten an den Arzt verweisen, wenn bei ihnen plötzlich Fieber auftritt.